Fahrzeugtechnik

Wie Veigel Fahrschülern helfen will

Durch Kameras und eine App zum Lernen sollen weniger Schülerinnen und Schüler bei der Prüfung durchfallen.

Wie Veigel Fahrschülern helfen will

Unter anderem mit dem Simulator könnte der Führerschein billiger werden.

Von Ulrich Schreyer

Die Fahrt von Öhringen nach Heilbronn geht nicht über die Autobahn, sondern über die Dörfer. Und das Auto ist für die Verwendung in Fahrschulen ausgerüstet. Die Route wird gewählt, weil in und zwischen den Dörfern so manches beachtet werden muss – etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen. Eine App auf dem Handy zeigt mit Hilfe von acht Kameras die Route an. Macht eine Schülerin oder ein Schüler einen Fehler, meldet der Fahrlehrer dies seinem Handy. Wird etwa am Ortsschild eines Dorfes noch zu schnell gefahren, drückt der Lehrer den Button „Geschwindigkeit“. Auf der App erscheint ein roter Punkt auf der Karte für die Fahrstrecke. Wird dieser angeklickt, sehen Lehrer und Schüler, was falsch war. Ähnlich ist es, wenn beim Abbiegen das Blinken vergessen wurde. Der Schüler bekommt die Strecke auch aufs eigenes Handy und kann Fahrt und Fehler nochmals anschauen.

„Die Resonanz war sehr gut“

Was die Arbeit von Fahrschulen ziemlich verändern könnte, kommt von Veigel Automotive aus Öhringen. Für Fahrschulen produziert das 1920 als Autowerkstatt gegründete Unternehmen etwa die Pedale auf der rechten Seite des Autos, so dass der Fahrlehrer im Notfall bremsen kann. Das Unternehmen liefert auch Komponenten für Autos für Menschen mit Behinderung an Paravan in Aichelau auf der Schwäbischen Alb.

Fehler beim Fahren zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren – das hilft auch besser durch die Prüfung zu kommen und kann zunächst auch auf einem Simulator geübt werden. Doch auch theoretisch kann es besser vorangehen.

„Die Fahrschülerin und der Fahrschüler müssen für die theoretische Prüfung nichts auswendig lernen“, sagt Markus Koffler, der für das Management der Geschäftsentwicklung verantwortlich ist, „auf der App können sie Fragen beantworten, dann sehen sie, was richtig und was falsch war“. Möglich macht diese das Lernsystem Synpli, an dessen Gründung Koffler beteiligt war. Dieses war für die Schulung der Beschäftigten, etwa im Umgang mit Kunden, gedacht. „Vor anderthalb Jahren kamen wir dann auf die Idee, ein solches System auch für Fahrschulen zu entwickeln“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Hinrich Swyter. Man habe schon 60 bis 70 Fahrschulen als Kunden, bei einem Fahrschulkongress Anfang November in Berlin „war die Resonanz sehr gut“, sagt Swyter.

Die Rechte für Vertrieb und Weiterentwicklung der Kameras hat Veigel von einem dänischen Start-up gekauft. Will eine Fahrschule ein Auto mit dem System ausrüsten, kostet dies etwa 6000 Euro oder es wird ein mehrjähriger Leasingvertrag abgeschlossen.

Möglicherweise wird dann auch der Führerschein billiger. Dieser kostet im Schnitt 3800 Euro. „Fahrschülerinnen und Fahrschüler brauchen durchschnittlich 30 bis 45 Fahrstunden. Mit unserem Synpli-System aus Kameras, Simulator und Lernapp kann sich dies um 15 bis 25 Prozent reduzieren“, meint Koffler. Doch das ist für ihn nicht einmal das Entscheidende: „Für die Fahrschülerin oder den Fahrschüler ist es ganz wichtig, dass sie möglichst schon beim ersten Versuch durch die Prüfung kommen. Das spart eine Menge Geld“. Heute fallen nach den Worten von Swyter 45 Prozent durch die Prüfung. Dies könne durch das Lernen mit der App „auf unter zehn Prozent reduziert werden“.

Was für Prüfungskandidatinnen und Kandidaten gut sein soll, kann auch den Fahrschulen helfen: „Durch Synpli werden die Fahrschulen effizienter und können besser planen“, sagt Koffler. „Ein Fahrlehrer, der bisher rund 60 Schülerinnen und Schüler im Jahr ausbildet, kann 70 bis 80 Kandidaten erfolgreich durch die Prüfung führen“, sagt Swyter.

Natürlich ist auch Künstliche Intelligenz mit im Spiel. Die KI im Kamerasystem erkennt Fahrsituationen, in der Lernplattform der App werden der Fortschritt untersucht und individuelle Empfehlungen für das Lernen gegeben. „Aktuell trainieren wir eine Hilfe für Fahrlehrer mittels KI, die typische Fehler erkennt und auf der App markiert“, sagt Koffler. Der Lehrer muss also nicht ständig das Handy in der Hand halten und die Fehler persönlich eingeben.

Der Umsatz soll kräftig wachsen

Etwa zwei Millionen Euro hat das Unternehmen mit seinen 120 Beschäftigten bisher in die Entwicklung investiert. Die Nachfrage nach seinem Angebot, davon ist der Firmenchef überzeugt, wird wachsen – auch weil ein großer Teil der Fahrlehrer schon älter als 60 Jahre ist und auf den Ruhestand zufährt. Natürlich wird auch mit dem traditionellen Ausrüsten der Fahrschulfahrzeuge mit Pedalen für Fahrlehrer zusätzliches Geld verdient, doch das Auto mit Kamera, App und Lernsystem dürfte einen kräftigen Schub geben. „Wir haben aktuell einen Jahresumsatz von 18 Millionen Euro“, sagt Swyter, „bis in zwei Jahren soll dieser auf 30 bis 35 Millionen Euro wachsen“.