Weiße Flecken

Wieder kein Netz? Wie es um den Mobilfunk in Deutschland steht

Es gibt neue Zahlen zur Mobilfunkversorgung in Deutschland. Sie zeigen, dass vieles sich verbessert hat – aber auch, dass es noch viele Orte gibt, wo es hakt.

Wieder kein Netz? Wie es um den Mobilfunk in Deutschland steht

Beim Bahnfahren hakt das Internet oft noch sehr.

Von Rebekka Wiese

Auf den ersten Blick sieht sie gar nicht schlecht aus. Überwiegend rot ist die Deutschlandkarte der Bundesnetzagentur, die zeigt, wie es um das mobile Internet hierzulande steht. Rot, das heißt: 5G, der derzeit modernste Mobilfunkstandard. Ein paar blaue Tupfer erkennt man dazwischen auch. Sie stehen für Gebiete, in denen es nur die veralteten 4G-, teils sogar noch 2G-Netze gibt. Aber dass es auch weiße Flecken gibt, also Gegenden, die ganz ohne Mobilfunkversorgung sind, sieht man erst, wenn man die Karte vergrößert.

Noch etwa zwei Prozent der Fläche Deutschlands sind ohne Mobilfunkversorgung. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung vor Kurzem veröffentlicht hat. Das ist nicht viel. Zumal viele weiße Flecken in Naturschutzgebieten und Wäldern liegen. Doch wer in Deutschland regelmäßig mobiles Internet nutzt, weiß auch: Die weißen Flecken zeigen nur einen Teil der Realität. Auch jenseits von Wäldern steht man noch oft ohne oder mit nur schwacher Verbindung da.

Digitalminister hat das Problem erkannt

Dass es noch Probleme gibt, hat auch der neue Minister Karsten Wildberger (CDU) erkannt. „Unser Ziel eines flächendeckend leistungsfähigen und zukunftsfähigen Netzes für alle Bürgerinnen und Bürger ist noch nicht erreicht“, sagte er anlässlich der neuen Studie. Auch Andreas Schröder sagt: „Wir haben eine gute Versorgung – aber noch nicht flächendeckend.“ Er arbeitet für die Beratungsagentur Aconium, die zum Beispiel Kommunen beim Mobilfunkausbau unterstützt. Schröder weiß, wo es besonders häufig hakt – und warum.

Die neue Studie des Digitalministeriums zeigt, dass es vor allem in südlichen Bundesländern viele weiße Flecken gibt: in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Thüringen. „Das liegt daran, dass diese Länder eine sehr herausfordernde Topografie haben: dichte Wälder, Täler, Berge, teils sogar Hochgebirge“, sagt Schröder. „Dort einen Mobilfunkmast aufzubauen, ist für die Netzbetreiber sehr aufwändig.“

Nicht nur weiße Flecken

Schröder weist auch auf darauf hin, dass es unter den weißen Flecken noch richtige Funklöcher gibt – also Gebiete, in denen man weder ins Internet kommt noch telefonieren kann. „Das sind immerhin 0,2 Prozent der Fläche“, sagt Schröder. „Dass man dort nicht mal einen Notruf absetzen kann, ist ein Problem.“

Hinzu kommen die grauen Flecken. „Das sind Gebiete, die zwar versorgt sind, aber nicht von allen Netzbetreibern“, erklärt Schröder. „Wer als Kunde einen Anbieter hat, der das Gebiet nicht versorgt, für den ist dort auch ein weißer Fleck.“ Ein weiteres Problem seien unterversorgte Gebiete. Wenn sich viele Internetnutzer in einer Mobilfunkzelle aufhalten, müssen sie sich die zur Verfügung stehende Bandbreite teilen. „Bei vielen Leuten stößt das Netz auch schon mal an seine Grenzen“, erklärt Schröder. Das merkt man zum Beispiel bei einer vollen Veranstaltung wie einem Konzert.

Wieso das Internet im Zug hakt

Das Problem kennen viele Menschen auch vom Bahnfahren. Bisher seien die Bahnreisenden größtenteils über die Mobilfunkmasten in der Fläche versorgt worden, erklärt Schröder. „Für eine leistungsfähige Versorgung in der Bahn reichen diese oft nicht aus, wenn der Zug mit Hunderten Fahrgästen durchrattert.“ Hinzu kommt die Geschwindigkeit. „Beim Fahren wechselt man in kurzen Intervallen zwischen Mobilfunkzellen“, sagt Schröder. Zum anderen sei es für das Signal schwierig, in die Züge durchzudringen. Das Verkehrsministerium hat angekündigt, dass es sich um stabiles und modernes Internet in den Zügen kümmern will. Bis das flächendeckend passiert, könnte es aber dauern. Erstmal gibt es nur ein Pilotprojekt auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin.

Die Opposition sieht insgesamt nicht genug Fortschritte bei der Mobilfunkversorgung „Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, ein durchdachtes Konzept für weiße und graue Flecken vorzulegen, um auch jenseits wirtschaftlich lukrativer Ballungsräume eine flächendeckend stabile Versorgung sicherzustellen“, sagte Rebecca Lenhard, digitalpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dieser Redaktion.

Ein großes Ziel für den Mobilfunk 2030

Experte Schröder ist aber optimistisch, dass sich die Mobilfunkversorgung bald verbessern wird. Er verweist auf die neuen Versorgungsauflagen für Netzbetreiber. Eine ist, dass es bis 2030 eine Mobilfunkversorgung von mindestens 50 Megabit pro Sekunde geben soll – auf 99,5 Prozent der gesamten deutschen Fläche. Das wäre eine solide Grundversorgung.

Im Sommer hat die Regierung den Ausbau von Mobilfunknetzen als „überragendes öffentliches Interesse“ einstufen lassen, wodurch zum Beispiel die Genehmigung einfacher wird. „Auch das dürfte helfen“, sagt Schröder.

Aber braucht es wirklich in jedem Winkel Deutschlands mobiles Internet? Mobilfunk-Experte Schöder schüttelt über die Frage nur den Kopf. „Auf die Diskussion, ob es überhaupt Internet im Schwarzwald braucht, dürfen wir uns im Jahr 2025 nicht mehr einlassen“, sagt er. „Das halte ich für rückwärtsgewandt.“