Wieder mehr Freiheiten im Kreis Gütersloh

dpa Gütersloh. Der Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik Tönnies ist eingedämmt, die massiven Beschränkungen im Kreis Gütersloh sind aufgehoben. Doch wann und wie Deutschlands größter Schlachthof wieder an den Start gehen kann, ist weiter offen.

Wieder mehr Freiheiten im Kreis Gütersloh

„Ich freue mich für die Bürgerinnen und Bürger im Kreis, wir haben jetzt wieder ein Stück mehr Freiheit“, sagt Sven-Georg Adenauer. Foto: Federico Gambarini/dpa

Nach der Aufhebung der Corona-Einschränkungen im Kreis Gütersloh ringen die Behörden mit dem Unternehmen Tönnies weiter um das Hygienekonzept für die Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs in Deutschlands größtem Schlachthof.

Das vom Unternehmen vorgelegte Konzept gehe „in Teilen in die richtige Richtung, erfüllt aber noch längst nicht alles, was erforderlich ist“, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU).

Noch bis Mittwoch begutachten Fachleute und Behördenvertreter auf dem Werksgelände, was nötig ist, um einen erneuten Coronavirus-Ausbruch bei einer schrittweisen Wiederaufnahme des Betriebs zu vermeiden. Am Donnerstag sollen die ersten Ergebnisse dieser Begehungen vorliegen.

Die Schließungsverfügung des Schlachthofs läuft bis zum 17. Juli - mindestens, wie der Landrat klarstellte: „Wenn man dieses Datum einhalten will, dann muss sich die Firma in die Hände spucken“, sagte Adenauer. Im Fokus steht demnach die Belüftung, aber auch die Frage, wie man sicherstellen kann, dass Abstandsregeln und Mundschutzpflicht eingehalten werden.

Er wage keine Prognose, wann und wie das Werk wieder arbeiten werde, sagte Adenauer. Es sei grundsätzlich auch denkbar, dass einzelne Teilbereiche der Fleischverarbeitung schon vor dem 17. Juli hochgefahren würden, sofern sichergestellt werden könne, dass weder für die Mitarbeiter noch für übrige Bevölkerung im Kreis eine Gefahr ausgehe. Doch sehe er noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Knackpunkt ist demnach unter anderem die Belüftungsanlage: Nach einer Analyse zum Corona-Ausbruch in dem Fleischwerk hatte der Hygiene-Experte Martin Exner von der Universität Bonn die Luftumwälzung als möglichen Faktor für die Ausbreitung des Virus genannt.

In dem auf 6 bis 10 Grad kalten Raum wird den Schilderungen zufolge die durch die hart körperlich arbeitenden Mitarbeiter entstehende warme Luft abgesaugt und dann gekühlt zurück gebracht. Bislang fehle dabei aber eine Aufbereitung. Exner empfahl daher zum Schutz gegen Viren Hochleistungsfilter und UV-Bestrahlung.

Die Kosten, die im Kreis durch den massiven Corona-Ausbruch in dem Schlachthof entstanden sind, will Landrat Adenauer dem Unternehmen Tönnies in Rechnung stellen: „Herr Tönnies hat sich ja bereit erklärt, die Kosten für die Testungen zu übernehmen. Der Deckel wird mit Sicherheit größer werden“, sagte Adenauer, ohne eine Summe zu beziffern. Auch eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Kostenübernahme schloss der Landrat nicht aus.

Das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen hatte am Montag die geltende regionale Corona-Schutzverordnung des Gesundheitsministeriums für den Kreis Gütersloh gekippt. Die Richter bewerteten die Regeln für den gesamten Kreis angesichts deutlich gesunkener Werte als nicht mehr verhältnismäßig.

Tatsächlich sank die die wichtige Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner im Kreisgebiet nach am Dienstag veröffentlichten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) auf 35,4. Als Grenzwert gilt der Wert 50. Am Vortag lag diese Infektions-Kennziffer noch bei 50,5 und damit knapp über der Grenze. Zum Höhepunkt des Corona-Ausbruchs bei Tönnies lag der Wert bei 270,2.

Nach Aufhebung der Einschränkungen dürfen auch die Menschen im Kreis Gütersloh nun wieder Fitnessstudios oder Kinos besuchen, im öffentlichen Raum dürfen wieder mehr als zwei Menschen unterschiedlicher Haushalte zusammentreffen. Die Kitas sollen an diesem Mittwoch wieder öffnen können.

Auch das Reisen wird für die Menschen aus dem Kreis Gütersloh in die meisten Regionen wieder einfacher: So ist für Urlauber mit den Reisezielen Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern kein frisches, negatives Corona-Testergebnis mehr nötig. Das Land Niedersachsen allerdings kündigte nach Informationen der „Rheinischen Post“ an, diese Nachweis-Pflicht erst ab Montag aufzuheben.

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