„Wir sehen das Ganze sehr positiv“

Meisterpflicht für zwölf handwerkliche Berufe soll wieder eingeführt werden – Handwerker im Landkreis zeigen sich zufrieden

In einigen Handwerksberufen wie Fliesenleger, Orgelbauer oder Raumausstatter soll ab 2020 die Meisterpflicht wieder eingeführt werden. Die Handwerker im Rems-Murr-Kreis begrüßen diese Entscheidung. Vor allem das Thema Ausbildung ist ihnen in diesem Zusammenhang wichtig.

„Wir sehen das Ganze sehr positiv“

Friedemann Vogel ist Raumausstattermeister in Backnang und befürwortet die Einführung der Meisterpflicht in seiner Branche. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG. 2004 fiel die Meisterpflicht für viele handwerkliche Berufe – gut 50 an der Zahl – weg. Mit der Reform der Handwerksordnung wollte die Bundesregierung damals einfachere Tätigkeiten für Selbstständige öffnen und somit auch zur Integration ausländischer Handwerker am deutschen Arbeitsmarkt beitragen. Der Wunsch des Handwerkerverbands war es seit Langem, diese Regelung wieder abzuschaffen. Anfang 2020 soll die Meisterpflicht nun wieder eingeführt werden – nicht in allen der 50 Berufe, sondern zunächst in zwölf (siehe Infokasten). Bestehende Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen demnach auch weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und erhalten Bestandsschutz.

Im Rems-Murr-Kreis zeigen die Handwerker sich zufrieden und begrüßen die Entscheidung. „Das war schon seit Jahren ein Wunsch vieler“, sagt Petra Ehm, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr. Vor allem was das Thema Ausbildung angeht, sei dieser Punkt besonders wichtig: „Nur Meisterbetriebe dürfen ausbilden. Und weil viele Betriebe keinen Meister mehr hatten, hat auch einfach keine Ausbildung mehr stattgefunden. Und wenn man nicht mehr ausbildet, dann gibt es auch keinen qualifizierten Nachwuchs mehr. Das schlägt sich natürlich in der Qualität nieder.“

„Es gibt einfach Dinge, die lernt man nur auf der Meisterschule“

Ausdrücklich will Ehm nicht alle Betriebe ohne Meister über einen Kamm scheren, auch hier gäbe es Ausnahmen, die gute Arbeit leisten würden. Dennoch ist Ehm der Meinung, dass gerade der Meisterbrief vor allem für die Verbraucher ein Zeichen dafür ist, dass die Handwerksarbeiten von qualifiziertem Personal ausgeführt werden. „Besonders im Gewerk Boden ist das der richtige Schritt“, sagt sie. „Wenn da etwas nicht richtig ausgeführt, zum Beispiel der Estrich nicht richtig aufgetragen wird, dann hat der Verbraucher ein Problem. Denn über den Estrich kommt dann eventuell die Fußbodenheizung und danach das Parkett. Und wenn man dann Fehler feststellt, kann es richtig teuer werden.“

Seit 2004 hat die Abschaffung der Meisterpflicht den Migrantenanteil unter selbstständigen und abhängig Beschäftigten im Handwerk erhöht und damit zur Integration in den Arbeitsmarkt beigetragen. Die Befürchtungen, die mancherorts laut werden, die Situation für ausländische Handwerker und Menschen mit praktischen Fertigkeiten, aber ohne Meistertitel würde durch die neue Meisterpflicht nun wieder erschwert werden – oder letztlich gar zu einem Mangel an Handwerkern führen –, teilt Ehm nicht. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die jetzt wiederkommende Meisterpflicht auf die Zahl der Betriebe auswirken wird.“ Zudem bestünde auch aktuell schon die Möglichkeit, die Zulassung von ausländischen Berufsabschlüssen und erworbenen Qualifikationen überprüfen und anerkennen zu lassen, gegebenenfalls durch praktische und theoretische Nachprüfungen. „Ob das dann auch nach 2020 so sein wird, wenn beispielsweise jemand schon seit zehn Jahren ohne Meistertitel einen Betrieb führt, das wird man dann sehen. Natürlich wird es eine Frist oder vielleicht sogar Ausnahmeregelung geben. Alles kann sein, das weiß man jetzt noch nicht.“ Ihr Fazit zur Wiedereinführung der Meisterpflicht: „Wir sehen das Ganze sehr positiv.“

Ähnlich sieht es auch Petra Schramm vom Backnanger Meisterbetrieb Schramm Fliesen- und Natursteinverlegung. „Es ist eine gute Sache und wirkt dem hausgemachten Problem des Handwerkermangels entgegen“, sagt sie. „Wir müssen einfach wieder mehr qualifizierte Menschen ausbilden. Und das geht nur in einem Meisterbetrieb.“ Schramms selbst haben laut ihrer Aussage in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Anrufe von Verbrauchern bekommen, die Handwerker ohne Meister für Arbeiten im Haus hatten, und bei denen etwas schiefgegangen ist. „Es gibt einfach Dinge, die man nur auf der Meisterschule lernt, zum Beispiel, welche Normen es gibt.“

Auch Friedemann Vogel, Raumausstattermeister von Raumausstattung Widmer in Backnang, findet die Wiedereinführung der Meisterpflicht gut. „Es geht auch vor allem darum, dass in unserer Branche ungelernte Anbieter dem Verbraucher günstigere Preise machen, als es für Meisterbetriebe möglich ist. Da können wir einfach nicht mehr mithalten. Die Ausbildung und die damit verbundene Qualifizierung will ja auch bezahlt werden.“ Und besonders das Thema Ausbildung sei eben wichtig: „Je mehr Meister es gibt, desto mehr wird ausgebildet. Und desto mehr Handwerker gibt es dann auch wieder.“

Info
Um diese Berufe geht es

Die Meisterpflicht ab 2020 soll für folgende Berufe wieder eingeführt werden: Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer sowie Parkettleger. Außerdem für Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer.