Witwe von IS-Terrorist Cuspert in Hamburg festgenommen

dpa Karlsruhe/Berlin. Die Töchter tief verschleiert, der kleine Sohn im Kampfanzug mit Pistole. So fotografierte Omaima A. ihre Kinder im „Kalifat“ des IS. Warum sich die einstige Weggefährtin von Deso Dogg 2016 zur Rückkehr nach Deutschland entschloss, klärt jetzt der Generalbundesanwalt.

Witwe von IS-Terrorist Cuspert in Hamburg festgenommen

Vermummte Polizisten führen die Witwe des IS-Terroristen Denis Cuspert zu einem Hubschrauber der Bundespolizei. Foto: Telenewsnetwork

Drei Jahre nach ihrer Rückkehr aus dem Herrschaftsgebiet des IS hat die Polizei in Hamburg die Witwe des Berliner Gangsterrappers und späteren IS-Terroristen Denis Cuspert (alias Deso Dogg) festgenommen.

Omaima A. (35), deren Wohnhaus am Montag durchsucht wurde, soll am Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt werden. Sie hat den Ermittlungen zufolge zwei der bekanntesten deutschen IS-Terroristen als Hausfrau den Rücken freigehalten, ihre Kinder nach der Ideologie der Extremistengruppe Islamischer Staat erzogen und Waffen besessen.

Laut einem arabischen TV-Bericht lebte Omaima A. zuletzt unverschleiert in einem Reihenhaus in Hamburg. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, besteht der dringende Verdacht, dass sie 2015 mit ihren drei Kindern nach Syrien ausgereist war, wo sie Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wurde.

Weshalb und auf welchem Weg Omaima A. später zurück nach Deutschland kam, liegt noch im Dunkeln. Laut Haftbefehl verließ sie nach Streitigkeiten mit Denis Cuspert - und um ihr viertes Kind in Deutschland zur Welt zu bringen - das Territorium des IS. Omaima A. besitzt die deutsche und die tunesische Staatsbürgerschaft.

Für Wirbel hatte ihr Fall bereits im vergangenen April gesorgt. Da war der arabische Fernsehsender Al-An in den Besitz eines Handys von Omaima A. gekommen. In einem TV-Beitrag zeigt der Sender zahlreiche Bilder, die sie mit dem Frankfurter Salafisten Nader H. zeigen, mit dem sie Anfang 2015 von der Türkei in die syrische IS-Hochburg Al-Rakka gereist war. Er soll nur wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Syrien bei einem Luftangriff in Kobane ums Leben gekommen sein. Laut Generalbundesanwalt erhielt Omaima A. als Witwe Geld vom IS.

Später heiratete sie nach islamischem Recht Denis Cuspert, der ein Freund des Getöteten war. Mit ihm soll sie in Homs gelebt haben. Cuspert wurde Medienberichten zufolge im Januar 2018 in Syrien bei einem Luftangriff getötet.

Cuspert hatte seine Karriere als Rapper Deso Dogg aufgegeben und sich 2014 dem IS angeschlossen. In den USA stand er auf der Terrorliste. Der Sohn einer Deutschen und eines Ghanaers hatte sich als ausländischer Kämpfer der IS-Miliz angeschlossen, außerdem war der Berliner in mehreren Propaganda-Videos der Terrormiliz aufgetreten.

Dass Omaima A. in Syrien war, ist den deutschen Behörden schon länger bekannt. Ein Foto von ihrem Handy zeigt einen Brief vom Jobcenter in Frankfurt am Main vom April 2015. Darin wird Omaima A. mitgeteilt, dass sie ab sofort keine staatlichen Leistungen mehr erhalten wird. Die Begründung: „Ausreise nach Syrien“.

Die Bundesanwaltschaft wirft der Deutsch-Tunesierin nicht nur die IS-Mitgliedschaft vor, sondern auch der Verletzung ihrer Fürsorge- und Erziehungspflicht. Außerdem habe sie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen und für den IS geworben.

Omaima A. lebte dpa-Informationen zufolge zuletzt im Süden ihrer Geburtsstadt Hamburg. Schon vor ihrer Abreise nach Syrien soll sie dort als Spendensammlerin für fanatische Islamisten aufgetreten sein. Die Fotos auf ihrem Handy legen nahe, dass sie bereits 2011 der salafistischen Ideologie anhing. Medienberichten zufolge präsentierte sie sich nach ihrer Rückkehr auf später gelöschten Accounts in sozialen Netzwerken als Eventmanagerin und Übersetzerin.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser kritisierte die Dauer der Ermittlungen: „Wie kann es sein, dass Vorwürfe, die schon länger im Raum stehen, so lange geprüft werden, bis es zu einer Anklageerhebung kommt? Oder sind die Sicherheitsbehörden erst durch die mediale Berichterstattung auf Omaima A. aufmerksam geworden?“ Sollte dies der Fall sein, „dann lässt das für den Radarschirm bei IS-Rückkehrern nicht Gutes befürchten“, erklärte er. Auf eine Frage der Abgeordneten Cansu Özdemir (Linke) hatte der Hamburger Senat im April mitgeteilt, Omaima A. sei nicht als islamistische Gefährderin eingestuft.

Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft erklärte dazu: „Es hatte sich erst in jüngster Zeit ein dringender Tatverdacht ergeben.“ Es gebe eben Fälle, in denen die Ermittlung von Beweismitteln schlichtweg mehr Zeit in Anspruch nehme.

Dass die Justiz zunächst nicht handelte, könnte theoretisch aber auch einen anderen Grund haben. Vielleicht wollten die Hamburger Sicherheitsbehörden erst herausfinden, ob polizeilich gesuchte Islamisten im In- und Ausland Kontakt zu Omaima A. aufnehmen.