Gestoppte Rüstungslieferungen

Wo deutsche Waffen für Israel wichtig sind

Ein Stopp deutscher Rüstungsimporte ist für Israels Armee insgesamt zu verkraften. In einzelnen Bereichen wirkt er sich jedoch desaströs aus.

Wo deutsche Waffen für Israel wichtig sind

Ein Panzergrenadier der Bundeswehr mit einer Panzerfaust 3, einer der wichtigsten Waffen für Israels Kampftruppen.

Von Franz Feyder

Deutschland werde, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) überraschend in der vergangenen Woche, „bis auf Weiteres keine Rüstungsgüter mehr genehmigen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten“. Welche Güter sind das? Wie hoch ist ihr Anteil an den deutschen Rüstungsexporten nach Israel? Die Recherche unserer Zeitung zeigt, dass Israel empfindlich getroffen wird.

Welchen Wert hatten die Rüstungsexporte in den vergangenen Jahren?

Nach dem offen einsehbaren Rüstungsexportbericht der Bundesregierung genehmigte die Bundesregierung 2023 den Export von Rüstungsgütern im Gesamtwert von 553 484 727 Euro nach Israel. Von diesen wäre es möglich gewesen, Güter im Wert von 374,5 Millionen Euro im Gazastreifen einzusetzen. Israel war mit einem Anteil von zwölf Prozent am Gesamtvolumen deutscher Rüstungsexporte der drittgrößte Empfänger – nach Ägypten und der Ukraine. Tatsächlich ausgeführt jedoch wurden 2023 Güter im Wert von 323 772 000 Euro. Die genauen Zahlen für 2024 und das erste Halbjahr 2025 liegen aktuell noch nicht vor. Nach Recherchen in öffentlich zugänglichen Datenbanken ist davon auszugehen, dass das Volumen 2024 stark auf 140 Millionen sank. Im ersten Halbjahr 2025 dürften die Exporte einen Wert von etwa 70,3 Millionen Euro gehabt haben.

Was liefert Deutschland nach Israel, was eher unwahrscheinlich im Gazastreifen zum Einsatz kommt?

Außer dieselgetriebenen U-Booten der Dolphin- und Dakar-Klasse wurden 2023 auch zwei Korvetten der Sa’ar-6-Klasse (hebräisch für Sturm) nach Israel geliefert. Zudem wurden Ersatzteile für Schiffe und Marineausrüstung sowie Bauteile für strategische Luftraumüberwachungsradare versendet.

Was hat eine hohe Relevanz für den Einsatz im Gazastreifen?

Deutschland lieferte große Menge an Munition und sogenannte direkte Kampfmittel, also Schusswaffen, Panzerabwehrwaffen, Bomben, Raketen, Sprengmittel sowie bewaffnete gepanzerte Fahrzeuge. An sogenannten indirekten Kampfmitteln wurde aus Deutschland geliefert: Nachtsichtgeräte und Wärmebildoptiken, Zielfernrohre, Funkgeräte, Führungssysteme für Gefechtsstände sowie Systeme, mit denen das Feuer von Mörsern und Artillerie sowie Luft- und Hubschrauberangriffe geleitet werden können. Ferner wurden unbewaffnete Aufklärungsdrohnen, Kommunikations- und Verschlüsselungssysteme sowie lasergestütze, optische Geräte zur Zielaufklärung und -erfassung nach Israel verbracht. Zudem elektronische Störausrüstung, unbewaffnete aber gepanzerte Transport – und gepanzerte Sanitätsfahrzeuge. Für den Einsatz im Gazastreifen haben diese Güter eine sehr hohe Relevanz. Die direkten Kampfmittel hatten einen Anteil von etwa 65 Prozent des Gesamtvolumens, 15 Prozent die indirekten Kampfmittel. 20 Prozent am Gesamtvolumen machen die Ausrüstung für die israelische Marine sowie Radartechnik aus.

Wie wichtig ist Deutschland für die militärischen Fähigkeiten Israels?

Deutschland deckt insgesamt etwa 4 bis 7 Prozent des israelischen Gesamtbedarfs an militärischen Gütern ab. Es rangiert im Mittelfeld der Rüstungslieferanten, deutlich abgeschlagen hinter den USA. In einigen Nischen jedoch hat Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal und ist deshalb strategisch für Israel unverzichtbar. So gelten die dieselgetriebenen deutschen U-Boote weltweit als führend. Deutschland beliefert Israel als einziges Land mit diesen Schiffen. Sie sind für Israels Nuklearstrategie besonders im Hinblick auf die Fähigkeit, einen zweiten Schlag auszuführen, unverzichtbar. Auch Korvetten werden ausnahmslos aus Deutschland geliefert. Bei bestimmte Munitionssorten, vor allem Panzerabwehrmunition, decken die israelischen Landstreitkräfte ihren Bedarf fast zur Hälfte aus Deutschland. Mit manchen Zielaufklärungs- und Zielerfassungssystemen sowie Feuerleitsystemen decken die israelischen Streitkräfte bis zu einem Drittel ihrer Systeme ab.

Wie ist vor diesem Hintergrund ein von der Bundesregierung verhängter Lieferstopp nach Israel zu bewerten?

Vor allem ein Lieferstopp für Panzerabwehrmunition – und natürlich auch Ersatzlieferungen für zuvor gelieferte Panzerabwehrhandwaffen – dürfte Israel empfindlich treffen. Mit diesen Waffen können auch Breschen in Häuser und Ruinen geschossen werden, damit Infanterie überraschend in gesperrt geglaubte Räume vordringen kann. Eben diese Taktik ist das Standardverfahren des israelischen Heeres.