Wo Umweltschutz Schule macht

Nachhaltigkeit ist zwar noch kein offizielles Schulfach, an der Backnanger Plaisirschule spielt das Thema trotzdem eine zentrale Rolle. Dafür sorgt ein Team aus engagierten Lehrerinnen. Drei von ihnen haben nun einen landesweiten Preis gewonnen.

Wo Umweltschutz Schule macht

Eine Wurmkiste zum Kompostieren, Nützliches aus Abfall und ein mobiles Waldlabor: Judith Hültner, Mirjam Ulmer und Christine Nagel (von rechts) erfüllen das Thema Nachhaltigkeit an der Plaisirschule mit Leben. Zur Freude von Rektorin Annedore Bauer-Lachenmaier (links). Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Wenn ein Kind die Grundschule verlässt, sollte es lesen und schreiben können und die Grundrechenarten beherrschen. Die Backnanger Plaisirschule will ihren Schülerinnen und Schülern aber noch ein bisschen mehr mit auf den Weg geben, nämlich ein Bewusstsein für die Natur, für Nachhaltigkeit, Ökologie und Tierschutz. Schon seit 2016 ist die Grundschule im Norden der Stadt als Naturparkschule zertifiziert, vor Kurzem hat sie sich auch dem landesweiten Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) angeschlossen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit gehören zum Leitbild der Schule.

Doch Papier ist bekanntlich geduldig, und das beste Konzept nur so gut, wie die Lehrerinnen und Lehrer, die es umsetzen. „Es braucht immer jemanden, der das Feuer anzündet“, weiß Schulleiterin Annedore Bauer-Lachenmaier. Deshalb ist sie froh, dass es an ihrer Schule viele engagierte Lehrerinnen gibt, die das Profil der Plaisirschule mit Leben erfüllen. Drei von ihnen sind dafür nun sogar mit dem landesweiten Lehrerpreis der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (siehe Infobox) ausgezeichnet worden.

Schüler päppeln ausgemusterte Legehennen wieder auf.

Die Bewerbung hat die Rektorin selbst eingereicht und sie räumt ein, dass es ihr nicht leicht gefallen ist, drei Lehrerinnen herauszuheben. Schließlich werde das Schulprofil vom gesamten Kollegium getragen. Am Ende hat sie aber drei Kolleginnen ausgewählt, die sich in verschiedenen Projekten besonders engagieren.

Da ist Konrektorin Christine Nagel, die vor ein paar Jahren die Idee hatte, Hühner anzuschaffen, die nun von den Schülern liebevoll gehegt und gepflegt werden. Da ist Judith Hültner, die in ihrer Klasse eine „Wurmkiste“ aufgestellt hat, in der die Kinder nun jeden Tag beobachten können, wie 500 Kompostwürmer Bioabfall in wertvollen Humus verwandeln. Und da ist Mirjam Ulmer, die sich extra wegen des Nachhaltigkeitsschwerpunkts an der Plaisirschule beworben hat und dort unter anderem Projekte zur Müllvermeidung gestartet hat. Aus alten Konservendosen bastelt sie mit den Kindern Insektenhotels, und in der Vesperpause ersetzen nun selbst gemachte Bienenwachstücher die Frischhaltefolie. „Unser Ziel ist es, dass die Kinder ihr Verhalten reflektieren und danach ausrichten“, erklärt Mirjam Ulmer.

Denn im Sachkundeunterricht den Unterschied zwischen Boden- und Freilandhaltung zu erklären, ist eine Sache, in der Hühner-AG eine ausgemusterte Legehenne mit gerupftem Federkleid wieder aufzupäppeln eine ganz andere. „Wir geben den Kindern die Möglichkeit, Dinge selbst zu entdecken“, erklärt Christine Nagel und ist davon überzeugt, dass der Lerneffekt so wesentlich größer ist.

Allen drei Lehrerinnen merkt man an, dass die Projekte für sie nicht nur Teil des Jobs, sondern ein persönliches Anliegen sind. Und das sei letztlich auch Voraussetzung, um Kinder für eine Sache zu begeistern, sagt Schulleiterin Bauer-Lachenmaier: „Schule ist nur dann gut, wenn die Lehrerinnen ihr Herzblut einbringen.“ Umso mehr freut es sie, dass das Engagement ihrer Kolleginnen nun von der Stiftung Kinderland mit einem von insgesamt drei Preisen honoriert wurde. Mehr als 80 Schulen aus ganz Baden-Württemberg hatten sich beworben. Die feierliche Preisverleihung im Neuen Schloss in Stuttgart fiel zwar dem Coronavirus zum Opfer, doch das Preisgeld von 25000 Euro wird trotzdem ausgezahlt. Das Geld kassieren die drei Lehrerinnen aber nicht selbst, sondern es fließt wieder in Nachhaltigkeitsprojekte an der Plaisirschule. Finanziert werden damit etwa Futter und Tierarztkosten für die Hühner, die Lehrerinnen haben aber auch noch ein paar neue Ideen. Sie würden gerne einen Schulgarten anlegen mit Gemüsebeeten und vielleicht sogar einem kleinen Gewächshaus. Auch über die Anschaffung eines Wasserspenders denken sie nach, damit die Kinder künftig weniger Plastikflaschen benutzen.

Zum Geldsegen kommt der Imagegewinn: „Ich finde es schön, dass unsere Schule jetzt ein bisschen berühmt wird“, sagt Judith Hültner. Denn so gerate das Thema Nachhaltigkeit noch stärker in den Fokus. Und natürlich ist der Preis auch Werbung für die Plaisirschule: „Ich bin stolz, dass ich eine Schule leiten darf, an der es drei so tolle Lehrerinnen gibt“, freut sich Rektorin Bauer-Lachenmaier.

Kinderland Baden-Württemberg

Die Stiftung Kinderland Baden-Württemberg wurde im Jahr 2005 von der Baden-Württemberg-Stiftung und der ehemaligen Kultusministerin Marianne Schultz-Hector (CDU) gegründet.

Die Stiftung fördert Initiativen für Kinder, Jugendliche und Familien. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung Kinderland 34 eigene Programme umgesetzt und rund 900 Projekte im ganzen Land finanziell gefördert. Insgesamt wurden bisher rund 30 Millionen Euro ausgeschüttet.

Der Lehrerpreis der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg wurde 2019 zum ersten Mal vergeben. Er wird an Lehrkräfte in den Jahrgangsstufen 3 bis 6 verliehen, die sich in besonderem Maße im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung engagieren. Neben den Lehrerinnen von der Plaisirschule wurden in diesem Jahr Lehrer der Rudolf-Graber-Schule in Bad Säckingen und des Friedrich- von-Alberti-Gymnasiums in Bad Friedrichshall ausgezeichnet.