Wollin bleibt Wollin – trotz neuer Besitzerin

Besitzerwechsel der Wollstube im Biegel: Renate Grunert-Paul hat ihren Laden an Marion Zens übergeben

Eine Institution in Backnang – anders lässt sich die Wollstube Wollin im Biegel gar nicht beschreiben. Seit 1998 führt Renate Grunert-Paul den Laden mit viel Herzblut. Jetzt ist sie in den wohlverdienten Ruhestand gegangen und hat Wollin an Marion Zens übergeben – die ihn unter demselben Namen weiterbetreibt.

Wollin bleibt Wollin – trotz neuer Besitzerin

Die neue und die alte Besitzerin der Wollstube Wollin im Backnanger Biegel: Marion Zens (links) hat den Laden von Renate Grunert-Paul übernommen. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG. Viel hat sich verändert in der Wollstube Wollin – aber einiges ist auch gleich geblieben. Vor allem eines: der Name. Wollin bleibt Wollin, auch wenn die Besitzerin nicht mehr Renate Grunert-Paul heißt, sondern Marion Zens.

22 Jahre lang führte Grunert-Paul den Laden im Biegel, verkauft Wolle weit über die Grenzen Backnangs hinaus, ihre Kunden kommen etwa aus Stuttgart und Ludwigsburg, „eigentlich aus einem Umkreis von 50 Kilometern“, erzählt sie. Schon vor rund zwei Jahren fragte die mittlerweile 65-Jährige sich, wie es denn mit ihrem Laden weitergehen könnte, wenn sie sich in den Ruhestand verabschiedet. „Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es den Laden nicht mehr gibt. Deshalb habe ich meine Mitarbeiter gefragt, ob sie ihn nicht vielleicht übernehmen wollen. Aber keiner wollte. Da habe ich dann wirklich ein Gebet in den Himmel geschickt“, sagt sie und lächelt.

Und dann – ob es nun eine göttliche Fügung war oder ein glücklicher Zufall – stand plötzlich Marion Zens vor ihr. Die 54-jährige gelernte Salesmanagerin ist Stammkundin im Wollin. Sie und Grunert-Paul kommen ins Gespräch. „Ich suche eine Nachfolgerin“, sagt die 65-Jährige. „Und das ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen“, erzählt Zens. Sie schickt eine E-Mail an Grunert-Paul und dann geht alles ganz schnell. Zwischen den beiden Frauen hat es „geschäftlich gefunkt“, sie sind sich sympathisch und machen Nägel mit Köpfen. So wechselt Wollin die Besitzerin.

Grunert-Paul steht ihrer Nachfolgerin mit Rat und Tat zur Seite, staunt aber nicht schlecht – und muss auch ein bisschen schlucken –, als sie sieht, was in „ihrem“ Wollin alles anders werden soll. Das fängt nämlich schon bei den Räumen an. War die Wollstube bislang in zwei Räumen untergebracht und hatte im Innenbereich keine Verbindung, lässt Zens die Wand einreißen – mit dem Ergebnis, dass es jetzt wieder einen großen Raum gibt. Auch die Deckenverkleidung lässt sie abnehmen, der Laden soll ein grundsätzlich frischeres, offeneres und moderneres Aussehen bekommen. Doch Grunert-Paul gibt ihrer Nachfolgerin freie Hand, hilft sogar selbst, die Wand einzureißen. Und ist mittlerweile sehr glücklich mit dem Ergebnis. „Ich freue mich sehr und habe auch großes Vertrauen.“ Das Herzstück des neuen Ladens soll ein großer Tisch mit 20 Stühlen sein. Und auch an die zumeist männlichen Begleiter der zumeist weiblichen Strickerinnen ist gedacht: Ein Ecksofa mit Tageszeitungen soll den wartenden Partnern die Zeit vertreiben, währen die Frauen im Laden nach der passenden Wolle stöbern.

Zens möchte Wollin „auf die nächste Ebene heben“, wie sie selbst sagt. Dafür hat sie viele Ideen: „After-Work-Stricken, Strickkurs für Anfänger und Fortgeschrittene, Stricken als Entspannung und auch ausgefallene oder nachhaltig produzierte Wolle anbieten...“, zählt sie auf.

Trotz aller Neuerungen soll Wollin kein Lifestyleladen werden

Überhaupt: Stricken und Handarbeiten generell seien ja wieder im Trend. Schon seit Jahren. „Die Menschen möchten wieder weniger konsumieren und lieber wieder selbst gestalten. Stricken ist wieder ,in‘“, erzählt die neue Wollin-Besitzerin. „Die modernen Strickzeitschriften haben auch nichts mehr mit dem hausmütterlichen Image zu tun. Klar, da gibt es auch noch einen Markt, aber die Aufmachung kann auch schon mal in der Art der ,Vouge‘ sein.“ Trotzdem soll Wollin kein „Lifestyleladen mit Loungemusik werden. Wir sind hier ja immer noch in Backnang“, sagt Zens lachend.

Dass Wollin auch Wollin bleibt, darüber freut Grunert-Paul sich übrigens besonders. „Meine Großmutter hieß so mit Nachnamen und das ist eine Hommage an sie.“ Die 65-Jährige wird auf Honorarbasis weiterhin im Wollin arbeiten. „Für ein paar Stunden in der Woche. Und ich werde auch Workshops leiten.“ Sowohl für Zens als auch für Grunert-Paul ist dieses Arrangement dann eine Hilfe beim Übergang.

Neben dem neuen Aussehen für den Laden stehen jetzt noch die Überarbeitung der Homepage und der Auftritt in den sozialen Medien an. „Das wird alles komplett überarbeitet“, so Zens. Was aber auf jeden Fall bleibt: der immer am ersten Samstag im Monat stattfindende Stricktreff. „Da kommen dann 20 Leute oder mehr, jeder bringt eine Kleinigkeit zu essen mit und dann wird gemeinsam gestrickt und sich ausgetauscht. Da sind schon echte Freundschaften entstanden.“ Denn: Gemeinsames Stricken verbindet.

Wollin bleibt Wollin – trotz neuer Besitzerin