Wunschzettel

Verdi und Beamtenbund dürfen keine übergroße Hoffnung wecken

Von Matthias Schiermeyer

Etwa 20 Milliarden Euro erwarten die 16 Bundesländer in diesem Jahr an Haushaltsüberschüssen. Dass diese Zahl Begehrlichkeiten weckt, lässt sich da leicht denken. Entsprechend forsch marschieren die Gewerkschaften mit der Forderung nach sechs Prozent höheren Gehältern in die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes. Manche bei Verdi und Beamtenbund träumen gar von einem Abschluss wie bei den Kommunen – da waren es 7,5 Prozent für zweieinhalb Jahre.

Hohe Erwartungen sind nachvollziehbar: Wann, wenn nicht jetzt, ist Geld da für die Lehrkräfte, Sozialarbeiter, Straßenwärter, Steuerfachleute, Polizisten, Justizwachmeister – für all die Tarifkräfte und Beamten? Und ist mehr Reallohn für 3,3 Millionen Menschen nicht der beste Schmierstoff, um den Konsummotor am Laufen zu halten und die Konjunktur weiter anzutreiben? Ein dickes Gehaltsplus würde zudem die Fachkräftesuche befördern. In weniger attraktiven Berufen zeigen sich längst Rekrutierungsprobleme. Personalnot lähmt die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Da muss in der Tat was draufgelegt werden.

Gleichzeitig sollten die Länder jedoch ihren momentanen Reichtum intelligent und nachhaltig einsetzen. Jetzt muss der Sanierungsstau bei Schulen sowie Verwaltungsgebäuden oder auf den Straßen beseitigt werden, jetzt müssen die Kredite getilgt werden. Baden-Württemberg sitzt noch immer auf 46 Milliarden Euro Schulden. Die Politik steht in der Pflicht, der Jugend nicht immer mehr Zukunftslasten aufzubürden. Die Beschäftigten mögen dies nicht als ihre Verantwortung, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ansehen, doch sie dürfen die Realität nicht ignorieren. Auch wenn Weihnachten naht: Nicht jeder Wunsch der Gewerkschaften kann in Erfüllung gehen.

matthias.schiermeyer@stzn.de