Die Stuttgarter Straßenbahnen AG investiert nach dem Großfeuer vor vier Jahren 25 Millionen Euro in das Gaisburger Busdepot.
Von Alexander Müller
Stuttgart - Am 30. September 2021 stiegen Rauchwolken auf, schlugen meterhohe Flammen aus dem Busdepot der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) am Gaskessel in Gaisburg. Das Glück im Unglück: In den frühen Abendstunden waren genügend Mitarbeiter anwesend, die das Feuer schnell bemerkten und auch noch einige Busse aus der Lagerhalle herausfahren konnten. Dennoch brannten 24 Fahrzeuge komplett aus. „Diese konnten wir zum Glück durch ältere, ausrangierte Busse nahtlos ersetzen, damit der Betrieb bereits am nächsten Tag wieder aufgenommen werden konnte“, erklärt der SSB-Projektleiter, Clemens Müller. Das ist nun auch die Vorgabe für den laufenden Neubau. „Wir schaffen kleinere Einheiten und sorgen für einen deutlich besseren Brandschutz.“ Allerdings zieht sich der Bau des neuen Busdepots länger hin als geplant.
Ab 300 Grad schmilzt die PVC-Membran
Dennoch sind die Fortschritte auf dem Gelände nicht zu übersehen. Drei Module der neuen Halle stehen bereits, für weitere drei die seitlichen Mauern. Charakteristisch ist dabei ihre gewölbte Dachform, schnell wurde bei der SSB daher der Spitzname der „Zeppelin-Halle“ in Anlehnung an den legendären Luftschiffkonstrukteur am Bodensee kreiert.
„Es ist eine in dieser Form einzigartige Bauweise“, sagt Paul Müller vom Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich Bergermann Partner. Schließlich wurden so gut wie alle möglichen Baumaterialien miteinander verbunden. Die knapp 8,50 Meter hohen Mauern bestehen aus wieder verwendeten Mauerziegeln. Dazwischen dienen Betonstützpfeiler als Tragwerke für die unterspannte Holzkonstruktion des Daches. Jedes einzelne Modul ist rund 20 Meter breit und 45 Meter lang, drei der einzelnen Hallen stehen direkt hintereinander, jeweils in einem Abstand von knapp sechs Metern.
Der eigentliche Clou befindet sich aber zwischen der Holzkonstruktion in der Decke. Rund 40 Prozent der Fläche besteht aus einer speziellen PVC-Membran. „Ab einer Hitze von 300 Grad lösen sich deren Nähte, fällt die Membran zu Boden und verbrennt rückstandslos“, erklärt Paul Müller. Somit entstehen weitere Freiflächen, damit Rauch und Hitze entweichen können, und ein Feuer nicht auf weitere Module übergreift. Bei der Entwicklung geholfen haben den Ingenieuren dabei die Erfahrungen aus dem Stadionbau. „Das Dach der MHP-Arena besteht aus dem gleichen Material“, betont Paul Müller, dessen Stuttgarter Büro für die Konstruktion der Heimstätte des VfB Stuttgart ebenfalls verantwortlich zeichnet.
Bewusst gewählt wurde auch die hohe und gewölbte Form der Hallen. Damit vergrößert sich die Dachfläche auf 110 Prozent. „Somit können wird die Vorgaben des Baurechtsamts hinsichtlich der Begrünung und einer Fotovoltaikanlage erfüllen“, ergänzt Clemens Müller. Immerhin 70 Prozent der 11 000 Quadratmeter Dachfläche können auf diese Weise genutzt werden.
Pro Modul sollen zehn Gelenk- oder 15 normale Busse untergebracht werden können. Somit erfüllt man die selbst auferlegten Prämissen für den Brandschutz. Denn dass man vor einer Katastrophe wie dem Brand vor nunmehr vier Jahren nicht mehr gefeit ist, hat sich bei der SSB manifestiert. „Wir können aber die Ausmaße minimieren“, betont Clemens Müller – eben auf ein Modul beschränken. Das ist auch wichtig im Hinblick auf den in Zukunft verstärkten Einsatz von E-Bussen. 40 Ladestationen werden bereits installiert, die Aufrüstung aller Stellplätze baulich vorbereitet. Überraschend ist allerdings dabei, dass keine Sprinkleranlage in den neuen Hallen vorgesehen ist. „In Absprache mit der Feuerwehr haben wir uns dagegen entschieden, dafür stehen aber auf allen Seiten Wasserhydranten für den Ernstfall bereit“, sagt Clemens Müller.
Erste Bauten gehen bald in Betrieb
Der aufwendige Baustil hat aber auch Nachteile: Zwar konnte der avisierte Kostenrahmen von 24,7 Millionen Euro bislang nach eigenen Angaben gehalten werden, aber nicht der Zeitplan. Bislang steht nur ein Teil der insgesamt zwölf Modulbauten. Eigentlich hätte die erste Hälfte bereits im Frühjahr in Betrieb gehen sollen, „nun wird das erst Anfang September der Fall sein“, erklärt Clemens Müller – aber nur für die Hälfte des neuen Busdepots. Im Anschluss sollen die weiteren sechs Module in Angriff genommen werden. „Wir gehen davon aus, dass diese dann Ende 2026 fertiggestellt sein werden“ – und vor allem auch brandsicher.