Zu E-Bay-Kleinanzeigen statt in den Laden

In Zeiten von Corona kaufen mehr Menschen online ein. Möbel, Kleidung und Spielsachen findet man auch gebraucht, zum Beispiel bei E-Bay-Kleinanzeigen. Seitdem die Läden geschlossen sind, läuft das Geschäft für die Verkäufer. Drei Nutzerinnen des Portals berichten.

Zu E-Bay-Kleinanzeigen statt in den Laden

Ute Süß-Blessing verkauft Möbel übers Internet. Während der Coronapandemie erfolgt die Übergabe auf ihrer Terrasse im Garten – mit Maske, versteht sich. Foto: J. Fiedler

Von Melanie Maier

BACKNANG. Ihre Freunde nennen sie schon den „E-Bay-Kleinanzeigen-Freak“, sagt Martina Reble lachend am Telefon und gibt zu: „Ich kaufe fast so viel über das Portal ein, wie ich verkaufe. Mein Mann schimpft manchmal mit mir.“ Ihr Fokus liegt aber auf dem Verkauf. Alte Kinderkleidung, Spielsachen, ein Schreibtisch, ein Katzenkratzbaum: Die 42-jährige Sekretärin aus Backnang stellt ins Internet, was zu Hause keinen Platz mehr hat und was zu schade ist, um es wegzuwerfen.

E-Bay-Kleinanzeigen ist gefragt, gerade zu Lockdown-Zeiten. Das hat Reble deutlich festgestellt: Seitdem die Läden geschlossen sind, schauen sich viel mehr Menschen ihre Artikel an. „Es läuft ziemlich gut zurzeit.“ Ungefähr 20 bis 30 Klicks hat jeder von Rebles Artikeln normalerweise, seit dem Lockdown sind es nicht selten viermal so viele.

„Offensichtlich haben die Deutschen die Zeit im Lockdown genutzt, um auszumisten.“

Diesen Trend hat auch E-Bay selbst verzeichnet. „Seit Beginn der Coronamaßnahmen haben die Nutzer vermehrt Anzeigen auf E-Bay-Kleinanzeigen eingestellt“, sagt Pressesprecher Pierre Du Bois. Vom 16. März bis Ende April 2020 habe sich die Anzahl der täglich aufgegebenen Anzeigen teilweise verdreifacht. „Offensichtlich haben die Deutschen die Zeit im Lockdown genutzt, um auszumisten“, so Du Bois. Aktuell seien rund 47,1 Millionen Anzeigen auf dem Portal verfügbar. Im Mai waren es noch etwa sieben Millionen weniger.

Martina Reble ist derzeit fast jeden Tag an der Tankstelle, um ein Päckchen oder Paket zu verschicken. Viele Käufer kommen auch zu ihr nach Hause, um ein Kleidungsstück oder Spielzeug an der Tür abzuholen. „Natürlich immer mit Maske“, sagt Reble. Die Dinge, die sie verschenkt, stellt sie in der Regel vor die Haustür, zur kontaktlosen Abholung.

Mit Maske und Abstand erfolgt die Übergabe auch auf Ute Süß-Blessings Gartenterrasse. Auf ihrem E-Bay-Kleinanzeigen-Account sind aktuell nicht mehr viele Artikel gelistet. Die meisten stammen aus der Wohnung ihrer Mutter. Mit deren Auflösung hat sie schon im Frühjahr 2020 angefangen. Übrig sind: ein antiker Geschichtsatlas, ein Weltatlas, ein runder Tisch mit Rattangestell, ein Holzstuhl mit rotem Polster. Alles weitere – Möbel, die Kücheneinrichtung, einen Rollator – konnte die 54-jährige Yogalehrerin aus Backnang über E-Bay-Kleinanzeigen verkaufen oder verschenken. Die schöneren, wertvolleren Möbel haben Süß-Blessing und ihr Mann in ihr Haus in Backnang mitgenommen, um sie in Ruhe zu verkaufen. Dabei gehe es ihr in erster Linie nicht darum, etwas zu verdienen, sagt sie. Sondern darum, dass die Möbel weitergenutzt werden.

„Midcentury“, „Vintage“ und „Retro“ sind beliebte Zusätze vor Möbelsuchanfragen.

Das zeigen die Preise, für die sie die Möbel verkauft: 15 Euro soll etwa der Stuhl, acht Euro das kleine Tischchen kosten. „Das Holzgestell ist stabil, die Lackierung weist altersbedingte Macken und Kratzer auf, die Polsterung muss erneuert werden“, steht online unter dem Foto des Stuhls in der Beschreibung. Das ist nicht unüblich. Viele Gegenstände, die bei E-Bay-Kleinanzeigen weiterverkauft werden, weisen Gebrauchsspuren auf. Dafür sind sie oft günstiger als im Laden. Und gerade bei Möbeln finden sich viele Unikate, die schon lange nicht mehr hergestellt werden. „Midcentury“, „Vintage“ und „Retro“ sind beliebte Zusätze vor Möbelsuchanfragen.

Zwei Nachttischschränkchen aus den 1960er-Jahren – „Midcentury“, „Vintage“ – bietet Nina Klein kostenlos in Backnang zur Abholung an. Die 34-jährige Filmproduzentin lebt zwar seit sechs Jahren in Berlin, ist aber in Backnang aufgewachsen. Dort löst sie seit einigen Wochen die Wohnung ihrer verstorbenen Großmutter auf. Zwischen den Jahren hat sie damit angefangen.

E-Bay-Kleinanzeigen, meint Klein, sei in Süddeutschland noch längst nicht so verbreitet wie in Berlin. „Da macht man das total viel“, sagt sie. Im Süden, so ihr Eindruck, gebe man ausrangierte Möbel oft lieber auf den Sperrmüll, als sich zu überlegen, ob sie für jemand anderen noch Wert haben könnten – trotz der Sparmentalität, die den Schwaben so häufig zugeschrieben wird.

Wie für Ute Süß-Blessing geht es für Nina Klein bei der Nutzung von Online-Portalen wie E-Bay-Kleinanzeigen eher um den Aspekt Nachhaltigkeit. Als die Sozialkaufhäuser noch offen waren, hat sie auch dort immer wieder Kleidung oder Möbel abgegeben. Gerade bei den Gegenständen ihrer Großmutter ist es ihr wichtig, sie nicht einfach wegzuwerfen. „Es war auch der Wunsch von der Oma, dass jemand sie weiternutzt“, sagt sie.

Vor zwei Jahren habe sie ihrer Mutter in Winnenden geholfen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Dabei haben die beiden ebenfalls vieles online verkauft oder verschenkt. „Meine Mutter ist ein totaler E-Bay-Kleinanzeigen-Fan geworden“, sagt Klein. Vor allem, seit sie festgestellt habe, dass manche Verkäufer dort fast neue Ware verkaufen, die sie falsch bestellt oder nur einmal genutzt haben.

Der Nachteil für Verkäufer: Nicht alle Käufer sind zuverlässig und erscheinen zum ausgemachten Abholtermin, insbesondere dann, wenn Gegenstände kostenlos abgegeben werden sollen.

Ob man einem Verkäufer vertrauen kann, können Nutzer unter anderem anhand der Bewertungen anderer Nutzer und der Erreichbarkeit des Verkäufers beurteilen. Unter den Account-Namen von Klein, Reble und Süß-Blessing lacht ein Smiley. Ihre Käufer sind zufrieden.