Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Manchmal wird von Naturliebhabern vergessen, dass Kleinsttiere neben Nahrung auch Nistmöglichkeiten, Nistmaterial und Winterquartiere brauchen, um überleben zu können. Wir geben Tipps für einen insektenfreundlichen Garten.

Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Die Goldfliege (oben) fühlt sich auf der Fetthenne wohl. Im Foto rechts oben sieht man eine Wildbiene, die im Boden nistet. otos: U. Gruber

Von Ute Gruber

BACKNANG. Für Ordnungsfanatiker ist er wahrscheinlich nichts, der insektenfreundliche Garten. Denn vieles, was dem menschlichen Betrachter ein Dorn im Auge ist– wie morsche Balken an der Pergola, Brennnesseln neben dem Gartenschuppen, dürre Stängel im Staudenbeet, ungeharkter Boden neben der Sonnenterrasse oder ein sterbender Apfelbaum am Gartenzaun – ist in den Facettenaugen unserer sechsbeinigen Mitgeschöpfe ein Paradies. Immerhin: Beim Anblick bunter, duftender Blüten schlagen die Herzen im Takt. Darum kommt man hier wohl am ehesten auf einen gemeinsamen Nenner – man muss nur lernen, diese Dinge aus dem Blickwinkel eines Insekts zu sehen.

Hochgezüchtete Blumen mit gefüllten Blüten etwa sind vielleicht schön anzusehen, aber nutzlos für blütenbesuchende Insekten. Wegen des Wusts an Blütenblättern kommen diese nicht bis zu den kraftspendenden Nektardrüsen durch und auch nicht an die Staubgefäße, um Pollen zu sammeln für ihre hungrigen Kinder. So sollte man bei den Astern, die gerade jetzt im Herbst eine der wenigen Nahrungsquellen sind, schlichtere Sorten mit offenen Blüten bevorzugen. Wer statt der Edelrose nicht gerade eine gewöhnliche Hundsrose im Garten haben möchte, welche wohl von 103 Insektenarten geschätzt wird, darunter neben vielen Bienenarten auch Kleinschmetterlinge und Blattwespen, könnte sich vielleicht mit einer Moschusrose anfreunden. Die duftet betörend und blüht sogar den ganzen Sommer hindurch.

Weder Nektar noch Pollen bieten leider auch die bei Gartenbesitzern so beliebten gelben Forsythien. Allenfalls die markhaltigen Stängel des Schnittguts können gebündelt – mit anderen dürren, hohlen Trieben aus dem Garten – an einer geschützten Stelle als Insektenkinderstube dienen.

Verabschieden sollte man sich auch vom Ideal des englischen Golfrasens – zumindest auf Teilflächen.

Wenn man sich vor Augen hält, dass das Zusammenspiel zwischen heimischen Pflanzen und heimischen Insekten sich über Jahrtausende entwickelt hat, wird klar, dass sich an einheimischen Pflanzenarten stets deutlich mehr Insektenarten finden lassen als an exotischen. Letztere werden höchstens von sogenannten Generalisten besucht, also von Arten, die bei ihrer Kost nicht wählerisch sind. Zu diesen gehört unter anderem unsere Honigbiene. Andere Arten sind auf eine einzige (heimische) Blütenart beschränkt, wie etwa die Knautien-Sandbiene auf die lila Wiesenwitwenblume, und sind ohne diese Art zum Aussterben verdammt. Nach dem Motto: „Linsen mit Spätzle oder ich sterb!“ Ein wesentlicher Schritt kann daher schon sein, nur heimische Gewächse zu pflanzen, etwa Haselnuss statt Kirschlorbeer.

Verabschieden sollte man sich auch vom Ideal des englischen Golfrasens – zumindest auf Teilflächen. Blühende Gänseblümchen, Löwenzahn, Weißklee und kriechender Günsel kommen bei seltenerem Rasenschnitt oft von selbst und beglücken zahlreiche Insektenarten. Viele Insekten benötigen in ihrer Jugend ganz andere Pflanzen als später. So nützt es nichts, für Tagpfauenauge, Distelfalter, Kleinen Fuchs, Admiral und Landkärtchen nektarspendende Blumen anzubieten, wenn ihre Raupen keine Brennnesseln als Futter finden.

Manchmal wird von Naturliebhabern vergessen, dass Insekten neben Nahrung auch Nistmöglichkeiten, Nistmaterial und Winterquartiere brauchen, um überleben zu können. Und zwar in möglichst geringer Entfernung voneinander. Beileibe nicht alle Wildbienenarten brüten im Insektenhotel, das übrigens am besten an einer warmen Hauswand oder im Gewächshaus angenommen wird.

Viele Arten graben für ihre Brut einen Gang in lockere Erde, gerne an einem trockenen, sonnigen Rain oder einer Trockenmauer. Dies tun zum Beispiel 75 Prozent der Wildbienenarten. Selbst zwischen den Steinplatten des Gartenwegs kann man ihre Miniaturmaulwurfshügel aus Sand finden, ebenso die kleinen Treibsandtrichter der Larven des Ameisenlöwen.

Hier sollte man dann tunlichst nicht hacken oder gleich einen sonnigen Sandkasten exklusiv für Tiere anbieten.

Manche Insekten nutzen dekorative leere Schneckenhäuser als Kinderstube. Andere sammeln Pflanzenhaare, zum Beispiel von Ziest oder Königskerze, als Polster für die Wiege. Wieder andere brüten in verrottendem Holz oder bauen aus diesem ihre kunstvollen, papiernen Brutwaben, wie so viele Wespenarten es tun.

Möchte man den morschen Pergolabalken dennoch nicht mehr sehen, kann man ihn ja vielleicht diskret hinter der Gerätehütte (ein super Winterquartier übrigens) aufbewahren, zusammen mit anderem Totholz (dort, bei den geduldeten Brennnesseln für die Schmetterlingsraupen). Oder als Naturzaun aufsetzen mit Heckenschnittgut zwischen Pfosten aus Astholz. Viele Käferlarven entwickeln sich in verrottendem Holz, in losem Laub verpuppen sich Schmetterlinge. Ein Obstbaum ist ein wahres Biotop und kann selbst im Sterben ausgehöhlt noch viele Jahre Heimstatt für Insekten sein – neben Käferlarven zum Beispiel für Wespen und Hornissen.

Nicht vergessen sollte man auch eine Wasserstelle, denn manche Insekten bauen mit feuchtem Lehm. Noch schöner ist natürlich ein richtiger Gartenteich für Libellen und Wasserläufer.

Im Idealfall bietet der Garten übers ganze Jahr Trachtpflanzen, beginnend mit den zarten Blüten von Schneeglöckchen und Kornelkirsche im Winter und den nahrhaften Kätzchen einer (gestutzten) Salweide im März über die reiche Blütenpracht in Frühjahr und Sommer bis zu den unscheinbaren, aber bei Insekten heiß begehrten Blüten des Efeus im Herbst. Diese bilden sich aber erst im Alter von acht bis zehn Jahren. Dafür kann Efeu bis 200 Jahre alt werden.

Einen gemeinsamen Nenner mit den Kerbtieren kann man auch bei Nutzpflanzen finden, und zwar nicht nur mit Blattläusen, Kohlweißling und Weißer Fliege, die dem Gärtner die Ernte streitig machen. Gurken, Kürbisgewächse, aber auch Johannisbeeren, Brombeeren und Himbeeren zum Beispiel sind für nektarsammelnde Insekten äußerst attraktiv. Und sollte mal ein Lauch oder eine Zwiebel aufgeschossen sein: Nicht ärgern und einfach stehen lassen – Bienen und Schmetterlinge haben ihre wahre Freude an der bunten Blütenkugel.

Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Eine Holzbiene sitzt auf der Duftnessel.

Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Eine Streifenwanze sonnt sich hier.

Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Nichts für Ordnungsfanatiker.

Zum Wohle von Biene, Käfer und Co.

Nützliche Tipps für einen insektenfreundlichen Garten

Folgende Möglichkeiten gibt es, um im Garten Insekten zu fördern:

Ein ganzjähriges Angebot an heimischen Blüten- und Futterpflanzen: Nektar- und Pollenspender sind zum Beispiel ab Winter Schneeglöckchen, Krokus, Salweide, viele Küchenkräuter – selbst Schnittlauch, wenn er blüht, Natternkopf, Distelarten, viele Steingartenpflanzen wie der Mauerpfeffer (zum Beispiel auf dem Carportdach) oder die Fetthenne, Flockenblumen, sämtliche Kleearten, Wildrosen, viele Beerensträucher (besonders Herbsthimbeeren), Wilder Wein und Efeu bis in den Spätherbst.

Kleinere Pflanzenarten sollten stets in größerer Anzahl gepflanzt werden. Raupenfutterpflanzen sind unter anderem Brennnessel, Brombeere, Disteln, Kohl und Möhren (das Kraut!). Heimische Wildkräutersamen bekommt man von Rieger-Hofmann im Hohenlohischen. Der spezialisierte Landwirt bietet schon seit 30 Jahren Saatgut und Know-how zur Anlage von heimischen Blühflächen an.

Geeignete Nistplätze, gerne auch künstlich angelegt: Sandbeet, gebündelte hohle Stängel in verschiedenen Durchmessern oder gerollte Schilfrohrmatte (liegend und möglichst überdacht), markhaltige Meterstücke können auch in einen Topf gestellt werden. Überdachte Lehmwand, zum Beispiel aus umgelegten lehmgefüllten Holzkisten, hohle Bäume oder Holzkästen mit Schlitz für Hummeln und Hornissen, Totholzzaun, Laubhaufen; Gartenhütte und Gewächshaus offen lassen.

Nestbaumaterial: Feuchter Lehm, haarige Pflanzen (Wollziest, Königskerze), Baumharz. Eins ist natürlich gänzlich tabu im Insektenparadies: der Einsatz von Insektiziden. Denn damit schadet man den Nützlingen oft mehr als den Schädlingen. Der Naturgärtner übt sich stattdessen in Geduld und unterstützt seine Freunde, die räuberischen Florfliegen, Ohrenwussler, Laufkäfer und Marienkäfer etwa. Mit etwas Glück bringen Letztere ihm auch noch Glück.

www.Naturgarten.org, www.floraweb.de, www.nabu.de