„Tiergartenmord“-Urteil: Auch Russland weist Diplomaten aus

dpa Moskau/Berlin. Vor einer Woche warf ein Berliner Gericht Russland „Staatsterrorismus“ vor. Deutschland wies danach zwei Diplomaten aus. Nun hat Russland darauf reagiert.

„Tiergartenmord“-Urteil: Auch Russland weist Diplomaten aus

Die deutsche Botschaft in Moskau. Foto: picture alliance / dpa

Nach dem Urteil im sogenannten Tiergartenmord-Prozess hat Russland nun zwei deutsche Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ erklärt. Das teilte das Außenministerium in Moskau nach einem Gespräch mit Botschafter Géza Andreas von Geyr mit.

Der Schritt ist eine Reaktion auf die Ausweisung zweier russischer Botschaftsmitarbeiter in Berlin. Dem deutschen Botschafter gegenüber sei dagegen ein „entschiedener Protest“ übergeben worden, hieß es. Das Ministerium in Moskau hatte das Berliner Urteil zuvor bereits als politisch motiviert kritisiert und eine gleichwertige Reaktion angekündigt.

Das Auswärtige Amt in Berlin bezeichnete die Ausweisung zweier deutscher Diplomaten durch Russland als erneute Belastung des deutsch-russischen Verhältnisses. „Dieser Schritt kommt nicht überraschend, ist aus Sicht der Bundesregierung jedoch vollkommen unbegründet“, erklärte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums. Zugleich betonte er, die Bundesregierung strebe einen Dialog mit Russland auf Basis des Völkerrechts und des gegenseitigen Respekts an.

Der Sprecher des deutschen Außenministeriums schrieb weiter, bei der deutschen Entscheidung in der vergangenen Woche habe es sich um eine angemessene Reaktion auf die Feststellung des Kammergerichts Berlin gehandelt, dass der sogenannte Tiergartenmord im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt worden sei. Dies stelle eine schwerwiegende Verletzung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland dar.

Lebenslang für Mord an Georgier

Wegen der Erschießung eines Georgiers im August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten in Berlin hatte das Gericht am vergangenen Mittwoch gegen einen Russen lebenslange Haft verhängt. Im Urteil ist von „Staatsterrorismus“ die Rede: Nach Überzeugung der Richter handelte der heute 56-Jährige im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Russland weist solche Vorwürfe zurück.

Das Außenministerium in Moskau kritisierte das Urteil gegen den russischen Staatsbürger wegen Mordes als „absolut ungerecht, nicht objektiv“. Der getötete Georgier wurde als einer „der früheren Anführer terroristischer Gruppierungen im Nordkaukasus“ bezeichnet. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte ihn als „Mörder“ und „Banditen“ bezeichnet und ihm die Tötung Dutzender Menschen vorgeworfen.

Das Ministerium in Moskau wies erneut zurück, dass staatliche russische Stellen etwas mit dem Verbrechen zu tun hätten. Das Berliner Urteil sei „realitätsfern“. Auch in Zukunft werde die russische Seite auf „beliebige potenziell konfrontative Ausfälle Berlins“ entsprechend reagieren.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte in der vergangenen Woche von einer „schwerwiegenden Verletzung deutschen Rechts und der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland“ gesprochen. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sprach daraufhin von „unfreundlichen Handlungen Berlins“, die nicht unbeantwortet bleiben könnten.

Ausweisung russischer Diplomaten

Die Bundesregierung hatte schon während des Ermittlungsverfahrens zum „Tiergartenmord“ zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft ausgewiesen und dies mit mangelnder Kooperationsbereitschaft russischer Stellen begründet. Demnach halfen russische Behörden nicht bei der Aufklärung des Verbrechens. Moskau reagierte damals ebenfalls mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten.

Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau haben sich seit der Einverleibung der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland 2014 immer weiter verschlechtert. Dafür sorgte unter anderem der bisher größte Cyber-Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015, für den russische Hacker verantwortlich gemacht werden, die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und zuletzt auch der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine.

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Spurensicherung am Tatort. Foto: Paul Zinken/dpa