Absturz des Klassenprimus: Pleitenserie beim HSV

Von Von Franko Koitzsch, dpa

dpa Hamburg. Im dritten Zweitligajahr sollte es anders werden. Weit gefehlt. Der HSV ist wieder drin im Strudel nach unten. Dabei hatte die Saison so glanzvoll begonnen.

Absturz des Klassenprimus: Pleitenserie beim HSV

Der Hamburger SV hat daheim gegn Hannover 96 0:1 verloren: HSV-Spieler Aaron Hunt ärgert sich über eine vertane Chance. Foto: Axel Heimken/dpa

Adventskerzen brennen woanders, nicht beim Hamburger SV. Keine Spur von Gemütlichkeit und Wärme auf dem Stadiongelände an der Sylvesterallee. Es herrscht Frust und Enttäuschung.

Das 0:1 gegen Hannover 96 im Heimspiel hat dem hanseatischen Fußball-Zweitligisten die dritte Pleite nacheinander und das fünfte sieglose Spiel in Serie beschert. In der Tabelle müssen die Hamburger nach oben schauen, wollen sie sehen, wer im Rennen um den Bundesliga-Aufstieg gute Laune hat. „Ich weise es weit von mir, dass wir uns in einer unruhigen Phase des Absturzes befinden“, sagt Trainer Daniel Thioune.

Dabei hatte der HSV vor Kurzem noch von der Spitze gegrüßt. Als Strahlemann der Liga verfügte er über einen komfortablen Vorsprung auf den Relegationsplatz von stolzen sechs Punkten. Vorbei. Jetzt belegt er nach den Patzern des SC Paderborn (0:2 gegen den 1. FC Nürnberg) und Erzgebirge Aue (0:2 gegen Jahn Regensburg) am Sonntag immerhin noch Rang vier. Bitte nicht noch mal, stöhnen die Fans und fragen genervt: Reicht es denn nicht allmählich mit Liga 2? Im ersten Zweitliga-Jahr stand in der Saisonabrechnung lediglich Platz vier zu Buche, im zweiten Jahr das Gleiche. Jetzt dreht der HSV die dritte Strafrunde und schmerzhafte Erinnerungen werden wach.

Gleichwohl war das sieglose Spiel gegen Hannover keineswegs eine Fortführung des Leistungsabfalls in den vergangenen Wochen. „Was Mentalität, Leidenschaft, Entschlossenheit und Bereitschaft betrifft, waren wir am Limit“, urteilt Thioune über Geist und Einsatz seiner Mannen in der zweiten Halbzeit. Die mussten 65 Minuten mit zehn Mann auskommen. Sonny Kittel war nach einem Zweitfoul der Dämlich-Kategorie mit Gelb-Rot vom Platz geflogen. Dass am Ende des leidenschaftlichen Anrennens aber nicht mal ein Remis stand, hatten die Hanseaten einem Mann zuzuschreiben: Torhüter Michael Esser.

Nicht mal Tormaschine Simon Terodde konnte die Sphinx im 96-Tor bei gleich drei exzellenten Chancen überwinden. Auch Aaron Hunt, Jeremy Dudziak und Josha Vagnoman scheiterten am Schlussmann, den alle nur Bruno rufen. „Ist das Michael Esser oder Manuel Neuer?“, fragte der HSV während der Partie verzweifelt via Twitter. Hannovers Coach Kenan Kocak klärt auf: „Ein herausragender Bruno Esser. Er hat uns den Sieg festgehalten.“

Thioune, der nach den ersten Spielen mit dem Startrekord von fünf Siegen berechtigterweise ein wohliges Gefühl hatte, ahnt nun, was den Trainerverschleißverein HSV zum Alptraum macht. Dieter Hecking kann davon ein Lied singen, Hannes Wolf auch und Christian Titz und Markus Gisdol und Bruno Labbadia und Mirko Slomka und Bert van Marwijk und und und ....

Die „nicht allzu gute Phase aktuell“, wie der 46 Jahre alte Thioune die Lage beschreibt, macht dem Trainer zu schaffen. Nicht immer gingen seine Aufstellungsvarianten und Wechsel auf. Zwar hat er nie von Aufstieg gesprochen, wohl aber von Entwicklung der Mannschaft. Die stagniert derzeit. „Letztendlich halte ich den Kopf dafür hin. Und wenn das Ergebnis nicht so ist, wie man sich das wünscht, dann bin ich sicherlich auch der Verantwortliche dafür“, sagt der Coach.

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