Anne Haug: Deutsche Männerdominanz mehr Segen als Fluch

dpa Kailua Kona. Die deutschen Frauen haben es im Triathlon auf der Ironman-Distanz nicht leicht. Sie stehen im Schatten der dominierenden deutschen Männer. WM-Medaillengewinnerin und -Kandidatin Anne Haug spricht auch darüber in einem dpa-Interview.

Anne Haug: Deutsche Männerdominanz mehr Segen als Fluch

Startet bei der Ironman-WM auf Hawaii: Anne Haug. Foto: Marco Garcia/AP/dpa

Keine deutsche Triathletin absolvierte einen Ironman bisher schneller als Anne Haug. Die 36-Jährige gilt aber nicht nur deswegen als Medaillenkandidatin bei der Weltmeisterschaft auf Hawaii. Vor einem Jahr wurde die gebürtige Oberfränkin bereits Dritte.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht sie unter anderem über Unterschiede in Sachen Geldverdienen bei Frauen und Männern im Triathlon und ob die starken deutschen Männer eher Fluch oder Segen für die Frauen sind.

Sie haben vor einem Jahr bei ihrer ersten Teilnahme WM-Bronze auf Hawaii geholt. Vor wenigen Wochen haben Sie mit deutscher Rekordzeit den Ironman Kopenhagen gewonnen. Sie waren vorher auf der Kurzstrecke sehr erfolgreich. Kurzum: Sie gehören zu den besten Triathletinnen der Welt - fühlen Sie sich entsprechend wahrgenommen?

Anne Haug: Ich strebe nicht danach, groß wahrgenommen zu werden. Ich lebe gern zurückgezogen und mache mein Ding. Wenn ich in die verrückte Triathlon-Blase springe, mache ich das für eine Woche und bin wieder froh, wenn ich meine Ruhe habe. Auf der Langdistanz wird man allerdings von der Öffentlichkeit schon deutlich mehr wahrgenommen als auf der Kurzdistanz. Ich selbst versuche, es immer neutral zu sehen, weil ich den Job machen kann, den ich liebe. Wenn es von außen wahrgenommen wird, freue ich mich. Wenn nicht, bin ich auch nicht zu Tode betrübt.

In Kopenhagen kamen Sie bei ihrem ersten Ironman-Sieg in den Genuss, dass keine Profi-Männer am Start waren und der Fokus ganz auf Ihnen lag. Würden Sie sich so etwas auch für andere Rennen wünschen?

Haug: Es war natürlich eine tolle Plattform in Kopenhagen. Selbst wenn man während des Rennens das ja gar nicht so mitbekommt, da bist du in deinem eigenen Film. Aber ich glaube, dass so etwas dem Damen-Triathlonsport generell sehr gut tut. Wir sind halt doch immer die, über die erst berichtet wird, wenn der letzte Profi-Mann im Ziel ist. Vielleicht sollten wir einfach mal eine halbe Stunde früher starten und schauen, wer früher ins Ziel kommt. Ich denke, dass wir auch attraktiven und spannenden Sport bieten und tolle Rennen zeigen. Wir sind allerdings auch selbst ein wenig Schuld: Wir müssen die Leistungsdichte vergrößern, sonst kann es manchmal schon zäh sein, sich das anzuschauen, wenn eine Athletin 20 Minuten vornweg läuft und die nächsten mit 10 Minuten Abstand folgen.

Sollte man ernsthaft drüber nachdenken, die Startzeiten so zu legen, dass es auch noch ein Duell Frau gegen Mann gibt?

Haug: Es klingt rein theoretisch sehr verlockend, ist aber auch nicht zu Ende gedacht. Da kann auch vieles durch Rennentwicklungen verfälscht werden, wenn sich eine langsamere Schwimmerin später ans Rad eines Mannes hängen würde zum Beispiel. Optimal wäre natürlich, an einem Tag das Frauen- und am anderen das Männerrennen zu machen. Organisatorisch ist das aber wohl kaum möglich. Es liegt an uns, die Rennen interessanter zu machen.

Ihr dritter Platz auf Hawaii vor einem Jahr schien im Trubel um den Rekord von Patrick Lange fast unterzugehen. Ist die deutsche Dominanz im Männerbereich mit Lange, Jan Frodeno und Sebastian Kienle, die seit 2014 die WM-Titel unter sich ausmachen, Fluch oder Segen für die deutschen Frauen?

Haug: Ich glaube, es ist beides, aber mehr Segen als Fluch. Was die drei geleistet haben, müssen wir erstmal nachmachen. Die dominieren seit Jahren Hawaii und sie haben es verdient, so im Mittelpunkt zu stehen. Sie sind ja auch ein großer Nutzen und Vorteil für die ganze Sportart. Triathlon boomt und davon profitieren wir Frauen auch enorm.

Sie sind 36 Jahre. Sagen Sie sich jetzt, ich muss reinknallen, damit ich ganz gut dastehe oder finanziell ausgesorgt habe?

Haug: Da muss man schon einen großen Unterschied machen zwischen den Männern und Frauen. Ich kann überleben, aber nichts weglegen. Mein Preisgeld von Kopenhagen geht für Hawaii drauf - und ich muss da noch was draufzahlen. Es ist klar so, dass wir nicht das Geld verdienen wie die Männer. Die Hawaii-Reise kostet mich zum Beispiel 10.000 Euro. Das ist schon happig. Meine Ausgaben sind nicht vergleichbar mit vielen anderen Sportlern.

Zur Person: Anne Haug ist 36 Jahre alt und seit langem eine der besten deutschen Triathletinnen. Die gebürtige Oberfränkin wurde 2012 Vizeweltmeisterin auf der Kurzstrecke und wechselte vor rund zwei Jahren auf die längeren Distanzen. In vergangenen Jahr wurde sie WM-Dritte auf Hawaii und zuvor über die halbe Ironman-Distanz. Haug trainiert überwiegend in Saarbrücken und startet für den TV Buschhütten in Südwestfalen.