Ausbeute stimmt Ludwig nicht zufrieden

Das Interview: Für den Trainer der Backnanger Oberliga-Fußballer hat seine Elf in den ersten neun Partien mindestens vier Punkte verschenkt, obwohl die Leistung in vielen Spielen gepasst hat. Der TSG-Coach fordert für jedes Spiel 100 Prozent Einsatz ein.

Ausbeute stimmt Ludwig nicht zufrieden

Ist nicht mit allem einverstanden, was seine Elf bisher gezeigt hat: Holger Ludwig. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Backnangs Oberliga-Fußballer absolvieren am Samstag ab 15.30 Uhr beim FC 08 Villingen ihr zehntes Saisonspiel. Der Aufsteiger hat dann ein Viertel der Runde hinter sich. Die Bilanz nach den ersten neun Partien lautet acht Punkte und Rang 14. Damit steht der Neuling aus den Etzwiesen ganz knapp über dem Strich. Trainer Holger Ludwig und seine Elf hätten das Saisonziel Nichtabstieg geschafft, trotzdem ist der Coach mit der bisherigen Saison nicht völlig einverstanden, wie er im Interview mit unserer Zeitung gesteht. Und das liegt nicht nur an der jüngsten 0:4-Heimniederlage gegen den 1. CfR Pforzheim.

Herr Ludwig, wie hätte Ihre bisherige Saisonbilanz denn gelautet, wenn wir uns eine Woche oder ein Spiel früher getroffen hätten?

Mein Fazit vor dem Pforzheim-Spiel wäre nicht groß anders gewesen wie nach dem 0:4. Denn schon zuvor hätte ich gesagt, dass ich mit dem Saisonstart nicht ganz zufrieden bin, was die Punkte angeht. Wir haben minimum vier Zähler zu wenig auf dem Konto. Dass ein Spiel wie Pforzheim nun besonders wirkt, das ist selbstverständlich.

Aber es war bislang ja nicht alles schlecht.

Als Trainer muss ich meine Einschätzung zunächst einmal an den Punkten festmachen. Selbstverständlich muss ich aber auch die Leistungen der einzelnen Spiele im Blick haben. Und da gab es Partien gegen namhafte Gegner, in denen wir gute Auftritte hatten. Unterm Strich zählen jedoch Punkte. Da hatten wir vor Pforzheim zu wenig und das hat sich danach leider nicht geändert.

Was war der Grund für die vielleicht erste richtig schwache Leistung der Runde?

Ich habe sogar schon mehrere schwache Leistungen gesehen, wenn ich ehrlich bin. Am Samstag war’s auf jeden Fall eine. Dabei sind wir gar nicht so schlecht aus der Kabine gekommen. In den ersten Minuten hat man gesehen, dass unser Plan hätte aufgehen können. Dann haben wir aber versäumt, die nötigen Zweikämpfe zu führen, die nötige Laufbereitschaft an den Tag zu legen, und wir haben sehr viele individuelle Fehler gemacht, die uns den Spielverlauf so ein wenig über den Haufen geworfen haben.

Aber insgesamt waren die ersten neun Partien ja nicht so schlecht, klammert man den Fakt aus, dass es für die guten Leistungen zu wenig Punkte sind?

Ich habe schon hohe Ansprüche ans Team, obwohl ich natürlich weiß, dass wir als Neuling in jedem Spiel unsere 100 Prozent abrufen müssen. Teilweise haben wir uns aber auch dann nicht zu 100 Prozent belohnt und sind mit einem Unentschieden raus, obwohl wir hätten gewinnen können. Deshalb eben diese vier Punkte, die ich gerne mehr hätte. Dann wäre ich auch mit der tabellarischen Situation zufrieden.

Wirkt es vielleicht auf die Mannschaft teilweise etwas trügerisch, dass viele Konkurrenten in der TSG den stärksten Aufsteiger sehen?

Wir wissen ja um diese Dinge und wir wissen, wo wir herkommen. Von daher erinnern wir unsere Mannschaft immer wieder daran, dass wir in jedem Spiel neu beginnen müssen, den Kampf anzunehmen. Ein Stück weit besteht das Risiko vielleicht, weil wir ein Team sind, das, wenn es gut läuft, sehr viele spielerische Lösungen finden will. Von der Grundphilosophie wollen wir einen ansehnlichen Fußball spielen. Was aber nicht heißt, dass wir deshalb zuvor nicht die sogenannten deutschen Tugenden an den Tag legen müssen. Fehlen die, wird es eben auch schwierig, eine spielerische Komponente mit reinzubringen.

Welche der bisherigen Saisonpartien hat Sie denn am meisten geärgert?

Die Niederlage in Freiburg. Zum einen mit Blick auf die Tabelle, weil der FFC für uns eine direkte Konkurrenz ist, zum anderen aber auch die Art und Weise. Wir haben da die ersten Minuten völlig verschlafen, lagen zur Halbzeit zu Recht zurück und haben es nach der Pause trotz einer deutlichen Steigerung nicht geschafft, die Partie noch ins Positive zu drehen. Die Punkte fehlen uns mit Sicherheit ebenso wie die vom Heimspiel gegen Oberachern. Da waren wir die klar bessere Mannschaft, haben eine gute Leistung an den Tag gelegt und trotzdem nur 1:1 gespielt.

Und welches Spiel hat Ihnen bislang am meisten Spaß gemacht?

Das ist relativ einfach. Die Heimspiele gegen Freiberg und die Stuttgarter Kickers. Das waren wirklich ansehnliche Leistungen, die jeweils mit einem Punkt belohnt wurden. Am meisten freue ich mich aber über die drei Zähler in Lörrach, obwohl das Spiel nicht annähernd so gut war wie die oben genannten Partien. Aber für einen Trainer zählen zunächst einmal halt vor allem Punkte.

Die TSG hat nun ein schweres Auswärtsspiel vor sich. Haben Sie Angst, in eine Abwärtsspirale zu geraten, wenn Villingen schiefgeht, oder muss ein Aufsteiger damit rechnen, mal zwei, drei Spiele in Folge zu verlieren?

Aus rein tabellarischer Sicht ist beides gefährlich. Vor allem, wenn man dann in so eine Spirale gerät. Andererseits muss ich als Trainer auch die Art und Weise beurteilen, muss schauen, wie die Niederlage zustande gekommen ist. Gab es die Niederlage gegen einen extrem starken Gegner, oder hat man vielleicht ein bisschen das Spielglück nicht gehabt. Je nachdem gehe ich mit der Situation natürlich anders um, stelle mich anders vor die Mannschaft, als wenn ich mit der Leistung unzufrieden bin. Aber klar ist, dass wir schon schauen müssen, kontinuierlich zu punkten, um erst gar nicht erst in eine Negativspirale zu geraten.

Sie haben vor der Saison gesagt, wie wichtig die Breite des Kaders angesichts von 40 Saisonspielen sein wird. Deshalb wurde sie entsprechend verbessert. Die Partie gegen Pforzheim hat nun aber gezeigt, dass erfahrene Spieler wie Kapitän Oguzhan Biyik nur schwer zu ersetzen sind. Das gilt ja auch für Mario Marinic, der bereits wieder fünf der zehn bisherigen Saisontreffer erzielt hat, oder?

Das hat auch viel mit der Vita und der Erfahrung solcher Spieler zu tun. Solche Akteure braucht jedes Oberliga-Team. Von daher war es mir auch wichtig, Mario als Co-Trainer auf dem Spielfeld zu haben. Und Oz als Kapitän habe ich auch relativ schnell in seinem Amt bestätigt. Beide sind ganz wichtig für uns. Aber die Jungs drumherum müssen mehr Verantwortung übernehmen und wir haben solche Spieler im Kader, die das ja auch können.

Wie würden Sie Ihre Mannschaft überhaupt beschreiben?

Sie ist überaus willig, zu lernen und neue Dinge anzugehen. Es ist ein Team, das im Training gut mitzieht. Diese Grundbereitschaft ist absolut da. Wir haben zudem auch junge Spieler, die enorme Qualität mitbringen. Von daher bin ich mit der Zusammenstellung der Mannschaft zufrieden. Aber wir müssen eben schon schauen, dass wir die Leistung am Wochenende auf den Platz kriegen.

Dabei könnten Verstärkungen ja helfen. Wenn Sie dürften, wo würden Sie nachlegen?

Es ist jetzt nicht so, dass ich positionsgetreu große Wünsche äußern oder ich mir gerne einen Wunschspieler backen würde, aber wir haben diese Saison bekanntlich mehr Spiele als in jeder Runde zuvor und wir haben ja immer wieder über die Bedeutung einer guten Breite im Kader gesprochen. Deshalb wenn ich Wünsche frei hätte, dann für jeden Mannschaftsteil einen zusätzlichen Spieler. Das heißt einen für die Defensive, einen im zentralen Mittelfeld und einen ganz vorne, der meinen Co-Trainer noch ein bisschen mehr unterstützt und ein paar Minuten zusätzlich Freiraum gibt. Auch um einfach diesen Druck auf die erste Elf Woche für Woche immer hoch zu halten.

Mit Michl Bauer kommt ein sogenannter Langzeitverletzter zurück. Einer, der trotz seiner erst 21 Jahre schon gezeigt hat, dass er die Abwehr organisieren kann. Wie wichtig ist das?

Absolut wichtig. Mich freut, dass er nun das zweite Mal im Kader war und jetzt das erste Mal wieder gespielt hat. Es zeigt die positive Entwicklung. Er hatte in der Aufbauphase ein, zwei kleine Rückschläge. Die waren muskulär bedingt, da er nach der extrem langen Verletzungspause keine Vorbereitung hatte, er aber relativ schnell wieder versucht hat, am Mannschaftstraining teilzunehmen. Wir wissen um seine Qualität und wir wissen um seine Wichtigkeit. Ich glaube auch, dass er weiß, dass wir ihn absolut wertschätzen und in Zukunft wieder auf ihn bauen können.

Zur Person

Holger Ludwig wurde am 22. Dezember 1981 geboren, wohnt mit seiner Familie in Höpfigheim und arbeitet als Sport-, Mathe- und Biologielehrer an der Gemeinschaftsschule Schwieberdingen/Hemmingen.

Als Steppke begann er beim SGV Freiberg mit dem Fußball, durchlief dort alle Jugendmannschaften und war anschließend auch im Aktivenbereich für den SGV am Ball. In Freiberg spielte er wie auch bei seiner anschließenden Station FSV 08 Bissingen viele Jahre in der Oberliga.

Seine ersten Erfahrungen als Coach sammelte er bei 07 Ludwigsburg als Spielertrainer. Vor seinem Engagement bei der TSG führte Holger Ludwig den TSV Heimerdingen von der Landes- in die Verbandsliga.