Sanés Kurzauftritt wirft Fragen auf - Rückhalt von Flick

Von Von Jan Mies und Holger Schmidt, dpa

dpa Leverkusen. Leroy Sané wird erst ein- und dann wieder ausgewechselt. Eigentlich die Höchststrafe für einen Fußballprofi. Bayern-Trainer Hansi Flick will das so nicht verstanden wissen. Der Nationalspieler ist einsichtig. Rummenigge kündigt Unterstützung an.

Sanés Kurzauftritt wirft Fragen auf - Rückhalt von Flick

Erst eingewechselt, dann ausgewechselt: Bayern-Star Leroy Sané. Foto: Sven Hoppe/dpa

Thomas Müller nahm den schon in eine dicke Winterjacke eingepackten Leroy Sané kurz in den Arm. Unter den vielen Triple-Gewinnern des FC Bayern wirkte der geknickte 24-Jährige am Samstagabend wie der einzige Verlierer.

Nach gut einer halben Stunde eingewechselt, durfte der Fußball-Nationalspieler im Spitzenspiel bei Bayer Leverkusen gerade einmal 36 Minuten mitwirken - dann nahm ihn Trainer Hansi Flick schon wieder vom Platz.

„Das ist jetzt eine harte Nummer“, sagte Müller nach dem 2:1, spendete aber sogleich Trost: „Das wird er wegstecken, und wir stehen als Mannschaft hinter ihm.“ Mehr noch, er persönlich glaube, Sané sei „ganz nah dran, dass dieser Knoten aufgeht. Deswegen mache ich mir überhaupt keine Sorgen.“ Der enorm schnelle und technisch versierte Flügelspieler werde für den Rekordmeister, der durch den Sieg in Leverkusen als Tabellenführer ins neue Jahr geht, noch Spiele entscheiden.

Der Nationalspieler selbst, der nach seiner Wieder-Auswechslung in der 68. Minute den Rest der Partie sichtlich enttäuscht von der Tribüne verfolgt hatte, äußerte sich mit ein paar Stunden Abstand einsichtig. Im ersten Moment sei er überrascht gewesen. „Das kannte ich so nicht“, sagte Sané der „Bild“. „Aber auch das passiert einmal. Das Team war direkt nach Abpfiff an meiner Seite, und wir haben uns alle über die drei Punkte gefreut“, sagte Sané.

Flick begründete die ungewöhnliche Maßnahme der Auswechslung, die oft als Abstrafung für schwache Leistungen verstanden wird, mit taktischen Zwängen. Er wollte den 17-jährigen Jamal Musiala in die Partie bringen und nur Thomas Müller, Serge Gnabry und eben Sané wären als Tauschpartner infrage gekommen. Müller sei unverzichtbar gewesen, Gnabry habe sich in der zweiten Halbzeit enorm gesteigert. „Von daher gab es die Option Leroy, die musste ich nehmen“, sagte Flick. „Er wird das verkraften, der Einzelne muss ein bisschen zurückstehen.“

Sané war im Sommer für rund 50 Millionen Euro von Manchester City verpflichtet worden. Gnabry und er wurden nach dem 8:0 gegen Schalke zum Saisonstart schon als neues Traumduo der Bayern gefeiert. Danach warf den wegen eines Kreuzbandrisses lange ausgefallenen Sané eine Kapselverletzung im Knie erneut zurück, seine unbestrittene Klasse konnte er in den ersten Monaten nur in Ansätzen andeuten.

„Ich glaube trotzdem, dass er eine gute Zukunft bei Bayern München haben kann“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Sonntag im Sport1-„Doppelpass“. Der Club sei immer bereit, „jeden Spieler zu fördern - aber wir fordern auch.“ Die Mannschaft unterstütze Sané total.

Der Außenstürmer, auf den Bundestrainer Joachim Löw bei der für die deutsche Nationalmannschaft desolaten WM 2018 in Russland verzichtet hatte, habe ein überragendes Talent. Sané müsse seinen Charakter aber an den FC Bayern anpassen, sagte Rummenigge. Das heiße, alles für den Verein und für die Mannschaft „in die Waagschale“ zu werfen. „Nicht die Mannschaft wird sich seinem Charakter anpassen, sondern er muss sich der Mannschaft anpassen.“

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