Unsouveräne Bayern-Basketballer mit „Rücken zur Wand“

Von Von Manuel Schwarz, dpa

dpa München. Auch im ersten K.o.-Spiel vergeigen die Bayern-Basketballer eine hohe Führung und verlieren. Der Titelverteidiger hat seine Form weiter nicht gefunden. So rückt das Aus in den Playoffs immer näher. Und eine Einschätzung des Managers sorgt für Zweifel am Comeback.

Unsouveräne Bayern-Basketballer mit „Rücken zur Wand“

Paul Zipser vom FC Bayern München (No.16) und Hans Brase vom MHP Riesen Ludwigsburg (No.30) in Aktion. Die Münchner verloren gegen die MHP Riesen Ludwigsburg mit 83:87. Foto: Tilo Wiedensohler/camera4/BBL/Pool/dpa

Nach zwei Jahren totaler Dominanz wankt der deutsche Basketball-Primus FC Bayern heftig - auch wenn die Münchner an ein Ende ihrer kurzen Ära noch nicht denken wollen.

Eine Vorentscheidung ist im Playoff-Viertelfinale gegen die MHP Riesen Ludwigsburg durch das 83:87 im Hinspiel nicht gefallen. „Vier Punkte Differenz ist gar nichts“, sagte Bayerns Leon Radosevic und demonstrierte vor dem entscheidenden zweiten Duell am Freitag (16.30 Uhr/Magentasport) zumindest verbal einen Mix aus Gelassenheit und Optimismus. Die bisherigen Auftritte beim Geister-Turnier in der eigenen Halle aber wecken Zweifel an einem Comeback der erstaunlich unsouveränen Münchner.

Ballverluste, kaum Power in wichtigen Szenen und teils lethargisches Verhalten unter dem Korb: Trotz einer kleinen Leistungssteigerung im Vergleich zur enttäuschenden Vorrunde sucht die Truppe von Coach Oliver Kostic weiter verzweifelt nach ihrer Meisterform. „Man sieht, dass der Mannschaft etwas Selbstvertrauen fehlt“, sagte Manager Marko Pesic am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur. Ob dieses in den 42 Stunden zwischen den Matches noch zu finden ist, das ist fraglich.

Pesic klammert sich an Erinnerungen früherer Aufholjagden. „Die Mannschaft stand auch in der Vergangenheit in Situationen mit dem Rücken zur Wand, so wie jetzt“, sagte er. In der Meistersaison 2017/18 etwa lag Bayern im Viertelfinale gegen Frankfurt 1:2 nach Spielen zurück, gewann dann aber auswärts und drehte die Serie. Es ist mittlerweile acht Jahre her, seit die Münchner 2012 letztmals den Einzug ins Halbfinale der Bundesliga-Playoffs verpassten.

Schon im letzten Bayern-Gruppenspiel gegen Oldenburg (81:89) hatte Gegner-Coach Mladen Drijencic beim Titelverteidiger eine „mentale Schwäche“ erkannt. Dieses Manko ist geblieben. Gegen die MHP Riesen reichte sogar eine zwischenzeitliche Führung mit elf Punkten nicht. Fast schon ironisch lächelnd berichtete Trainer Kostic: „Die Zahlen sagen alles: Wir hatten allein im letzten Viertel sieben Turnover und wir haben Ludwigsburg insgesamt 17 Offensiv-Rebounds überlassen.“ Das sind keine Statistiken eines Champions - genau in den Bereichen habe der Coach eigentlich „sehr deutlich“ Verbesserungen gefordert.

Aber die Bayern können aktuell keine Dominanz zeigen, was auch mit dem Fehlen der Leistungsträger Nihad Djedovic und Greg Monroe zusammenhängt. Routinier Vladimir Lucic spielte weit unter seinen Möglichkeiten und auch Ex-NBA-Profi Paul Zipser ist bislang kein Erfolgsfaktor. Einzig Kapitän Danilo Barthel überzeugte als Antreiber und Topscorer mit 20 Punkten. Warum er in wichtigen Phasen nicht noch öfter in die Angriffe involviert wurde, erklärte der Trainer nicht.

Bezeichnend für die fehlende Entschlossenheit: Ludwigsburgs nur 1,88 Meter großer Aufbauspieler Marcos Knight holte sich insgesamt elf Rebounds und davon allein sechs unter dem gegnerischen Korb - das waren mehr als die Hälfte der gesamten Bayern-Offensiv-Rebounds (11). „Da gehen wir vielleicht ein bisschen zu entspannt ran und verlassen uns zu sehr auf unsere Athletik“, räumte Zipser am Donnerstag ein. Das gelte es zu verbessern, „dann wird es gut für uns ausgehen“.

„Es gibt nicht viel Zeit, zu hadern und zu viel zu analysieren. Man muss sich an den guten Sachen hochziehen, da waren heute genug da“, gab Pesic seinen Spielern noch mit auf den Weg ins Quarantäne-Hotel. Er meinte etwa die intensiven Anfeuerungen von der Ersatzbank und der Fakt, dass sich sein Team nicht wie gegen Oldenburg komplett aufgab.

Die Ludwigsburger mahnen indes, den Vorsprung nicht überzubewerten. „Wir müssen weiter kämpfen“, unterstrich Hans Brase, der mit 18 Punkten der beste Werfer war. Jonas Wohlfarth-Bottermann sah die Situation ähnlich wie sein Münchner Gegenspieler Radosevic. „Vier Punkte sind gar nichts. Das ist ein Dreier und ein Layup“, rechnete er vor. Chefcoach John Patrick forderte nach dem Coup von Spiel eins: „Ich bin stolz, dass wir nicht aufgegeben und eine super Moral gezeigt haben. In zwei Tagen müssen wir den Job zu Ende bringen.“