„Brauchen Zeit“: Königspersonalie Hamilton weiter ungeklärt

Von Von Christian Hollmann, dpa

dpa Sotschi. Lewis Hamilton und Teamchef Toto Wolff sind die Schlüsselfiguren für die Mercedes-Übermacht in der Formel 1. In Sotschi könnte Hamilton die nächste Rekordmarke erreichen. Doch noch haben weder der Weltmeister noch sein Boss für das nächste Jahr unterschrieben.

„Brauchen Zeit“: Königspersonalie Hamilton weiter ungeklärt

Mercedes will in der Formel 1 mit dem erfolgreichen Team weitermachen. Foto: Mark Sutton/Pool Motorsport Images/AP/dpa

Lewis Hamilton lässt die Zukunft noch warten. Schon am Sonntag könnte der Formel-1-Superstar in Sotschi den vermeintlich unerreichbaren Sieg-Rekord von Michael Schumacher einstellen, mit seinem nächsten Arbeitsvertrag indes hat der 35-Jährige keine Eile.

„Ich bin niemand, der einfach immer weiter das Gleiche will“, ließ Hamilton jüngst wissen. Dass der Brite seine Verhandlungen vor allem direkt mit Teamchef Toto Wolff führt, könnte die Königspersonalie bei Mercedes noch etwas komplizierter machen. Denn auch der Österreicher hat noch nicht für das nächste Jahr unterschrieben und liebäugelt wohl mit einer neuen Rolle beim Branchenführer.

Zwar zweifelt ernsthaft kaum jemand daran, dass die Silberpfeile auch künftig auf die Dienste ihrer beiden Schlüsselfiguren für die Dominanz der Vorjahre zählen können. Doch auch angesichts der offenen Vertragslage halten sich im Fahrerlager hartnäckige Spekulationen, der schwäbische Autobauer bereite einen Verkauf des Teams und damit möglicherweise sogar einen Rückzug aus der Rennserie vor.

Beim Daimler-Konzern will man davon nichts wissen. „Wir gehen weiter mit dem Team, und das wird auch ein Mercedes-Team sein. Wir haben nicht vor, da rauszugehen“, sagte ein Daimler-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur vor dem Großen Preis von Russland. Zuvor hatte schon Team-Mitbesitzer Wolff Gerüchte über eine Übernahme der Mehrheit durch den britischen Chemie-Giganten Ineos bestritten.

Stattdessen will Daimler mit Hamilton und dem bereits für 2021 gebundenen Valtteri Bottas als Fahrer-Duo ebenso weitermachen wie mit Wolff, wie der Konzernsprecher versicherte: „Wir haben nicht vor, einen anderen Teamchef zu haben.“ Der immer wieder ins Spiel gebrachte Wechsel des 48 Jahre alten Wolff ins Amt des Geschäftsführers der Formel 1 ist inzwischen wohl vom Tisch. Der frühere Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali wird offenkundig im nächsten Jahr Chase Carey als Chef der Rennserie beerben.

Möglich ist, dass Wolff in der Hierarchie weiter aufsteigt und Teile seiner Teamchef-Pflichten an der Rennstrecke abtritt. Über solche Fragen wird auch Hamilton Klarheit haben wollen, ehe er sich weiter an Mercedes bindet. „Man muss sicherstellen, dass sich unsere Werte im Gleichklang befinden, unsere Ziele und Wünsche“, sagte der Titelverteidiger, der wie zuletzt schon seinen Kontrakt wieder selbst aushandelt.

„Sobald die kleinen Details erst einmal aussortiert sind, kommen die großen Fragen“, sagte Hamilton. „Wir brauchen einfach etwas Zeit dafür“, sagte Wolff und verwies auf den in der Corona-Notsaison bisher so engen Rennkalender mit neun WM-Läufen in elf Wochen: „Mit einem Rennen nach dem nächsten wollen wir uns nicht durch Vertragsgespräche ablenken lassen.“ In den längeren Pausen vor und nach dem Russland-Gastspiel sei mehr Gelegenheit dazu. „Aber ich weiß nicht, wann wir es verkünden werden“, sagte Wolff.

Für Hamilton ist es schon das achte Jahr beim Mercedes-Werksteam, auch davor bei McLaren hatte er schon einen Mercedes-Motor im Auto. Ein Ende dieser Partnerschaft erscheint undenkbar, zumal der WM-Spitzenreiter im kommenden Jahr auch Schumachers Titel-Rekord brechen könnte. „Das fühlt sich unwirklich an. Es ist ein Privileg, in dieser Position zu sein und solch ein großartiges Team und Auto zu haben, um jedes Wochenende abliefern zu können“, sagte er.

Vor dem Rennen im russischen Olympia-Ort führt Hamilton die WM mit 55 Punkten Vorsprung vor dem Stallgefährten Bottas an und ist auf klarem Kurs zum siebten Titelgewinn. Mit seinem 91. Grand-Prix-Sieg könnte er schon in Sotschi Schumachers Bestmarke egalisieren. Die Statistik spricht klar für den Silberpfeil-Piloten. Bei den bislang sechs Rennen in Russland hat immer ein Mercedes-Fahrer gewonnen.

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