Das Geld liegt auf der Straße

Silvesterläufe sind für die besten Athleten lukrativ geworden

Von Ewald Walker

Stuttgart Konfetti und Trillerpfeifen in Trier, Trommler und Fasnetsgruppen in Bietigheim, Guggenmusik im Backnanger Totengässle: Viele der bundesweit rund hundert Silvesterläufe mit rund 100 000 Teilnehmern sind längst zu Volksfesten geworden. „Silvesterläufe sind für uns die schönsten Läufe des Jahres“, sagt die 45-malige deutsche Meisterin Sabrina Mockenhaupt aus ihrer Erfahrung bei rund zwei Dutzend Teilnahmen in Backnang, Trier, Soest und Kapstadt: „Bei toller Stimmung ist das so etwas wie das Sahnehäubchen des Laufsports.“

Während früher ein Glas Sekt für die Sportler obligatorisch war, sind die Silvesterläufe für die Besten inzwischen auch finanziell lukrativ. Die Silvesterlauf-Devise heißt: Masse und Kasse. „Das Geld gibt es auf der Straße, auf der Bahn kann man praktisch nichts verdienen“ sagt Alina Reh vom SSV Ulm 1846. Die 21-Jährige polierte ihren Marktwert erst mit zwei deutschen U-23-Rekorden über zehn Kilometer und im Halbmarathon in Berlin und Köln mächtig auf, obwohl sie zuvor auch als EM-Vierte über 10 000 Meter überzeugt hatte. Nach vier Siegen in Serie beim Silvesterlauf in Bietigheim zieht es Reh nun nach Peuerbach (Österreich), zu einem der bedeutendsten Silvesterläufe in Europa. „Ich möchte einen neuen Reiz setzen, kann jetzt erstmals auch ein wenig zurückbekommen von dem, was ich ins Laufen investiere“, sagt Reh mit Blick auf ihre Startgage.

Auch in Trier geht es ums Geld. Mit einem Etat von 100 000 Euro bestreiten die Organisatoren den bedeutendsten Lauf auf deutschem Boden. Die Hälfte geht in den Lauf der Elite. Deshalb waren an der Porta Nigra auch schon Stars wie Haile Gebrselassie und Tegla Lorupe zu Gast. Der Einsatz lohnt sich, denn rund 20 000 Zuschauer bejubeln die Läufer mit Wunderkerzen und südländischer Begeisterung.

„Wir investieren einen beträchtlichen Teil des Etats in die Qualität und Atmosphäre unseres Laufs“, sagt Mitorganisator Berthold Mertes. Der Verein Silvesterlauf Trier ist nicht nur für das Laufereignis verantwortlich, er hat vor zwei Jahren auch Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause, inzwischen zweifache Europameisterin, von Frankfurt nach Trier gelotst. Gemeinsam mit Europacup-Sieger Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen) ist sie die Hoffnung auf einen deutschen Sieg in Trier. Ringer und Krause kommen direkt aus dem Höhentrainingslager in Kenia an die Mosel.

Nach Soest (3500 Teilnehmer) steigt in Bietigheim der zweitgrößte Silvesterlauf bundesweit. 3000 Läufer schlängeln sich bei ausgelassener Stimmung durch die Bietigheimer Altstadt. Insgesamt 250 ehrenamtliche Helfer sind für das Ereignis erforderlich, der Etat liegt bei rund 50 000 Euro. Die Hälfte geht auch hier ins Läuferfeld. „Inklusive Startgage können die Sieger bei uns maximal tausend Euro verdienen“, sagt der für die Athletenverpflichtung zuständige Reiner Müller, 1981 erster Sieger in Bietigheim. Zugpferde sind in diesem Jahr die EM-Starter Hanna Klein und Marcel Fehr (SG Schorndorf).

Mit einem Etat von knapp 20 000 Euro stellt Backnang einen Lauf auf die Beine, bei dem es in der Innenstadt mit 8000 Zuschauern richtig brodelt. Vor zwei Jahren erhielten Hanna Klein und Marcel Fehr 2000 Euro für ihre Streckenrekorde. Antrittsgelder gibt es hier jedoch keine, beteuert Mitorganisator Rolf Hettich.

Silvesterlauf wie anno dazumal heißt es dagegen in Fluorn im Schwarzwald bei der 46. Auflage mit gerade einmal 350 Teilnehmern. 80 Euro bekommt der Sieger, einen Etat gibt es nicht. Am Ende bleibt etwas für die Vereinskasse übrig. „Dies und ein gemütliches Zusammensein am Jahresende ist unsere Motivation“, sagt Organisator Hans-Jörg Schmid.