Das Phänomen Werth: Erneut Gold für die Dressurkönigin

dpa Rotterdam. Die letzte Dressur-Prüfung der EM wirkt wie eine deutsche Meisterschaft vor internationalem Publikum. Herausragend ist dabei erneut die erfolgreichste Reiterin der Welt. Da können die Springreiter nicht mithalten.

Das Phänomen Werth: Erneut Gold für die Dressurkönigin

Simone Blum ritt auf Stute Alice auf den vierten Rang. Foto: Rolf Vennenbernd

Die dominierende Reiterin der Europameisterschaft war mit ihren drei Goldmedaillen längst daheim in Rheinberg, als die Springreiter am Sonntag leer ausgingen.

Isabell Werth beherrschte die EM-Woche in Rotterdam und setzte ihre Siegesserie auch in der Kür fort. Im Springen sorgte nach Team-Silber Simone Blum für das beste Ergebnis im Einzel und kam auf Rang vier.

Die 30 Jahre alte Weltmeisterin aus dem bayrischen Zolling ritt mit ihrer Stute Alice in den zwei schweren Runden vom achten Platz aus vor, verpasste aber durch einen Abwurf Bronze. „Der vierte Platz ist undankbar“, sagte Blum. „Aber eigentlich darf ich nicht enttäuscht sein. Bisher lief es immer gut, und Alice ist hier auch gut gesprungen.“ Europameister wurde der Schweizer Martin Fuchs mit Clooney vor dem Briten Ben Maher mit Explosion und dem Belgier Jos Verlooy mit Igor.

Auch Marcus Ehning arbeitete sich am letzten EM-Tag nach vorne. Als zweitbester deutscher Starter belegte der 45-Jährige aus Borken mit Comme Il Faut Rang fünf. „Ich hatte auf eine Medaille gehofft“, gab Ehning zu. Ohne die zwei Abwürfe am schwachen Donnerstag wäre er auf Platz 1 gekommen. „Das war ein teurer Tag“, kommentierte der dreimalige Weltcup-Sieger.

„Im ersten Moment war ich enttäuscht, denn wir waren ja sehr nahe dran“, sagte Bundestrainer Otto Becker als Fazit am Ende der EM-Woche. „Aber nach dem Silber mit der Mannschaft ist es insgesamt okay. Als Mannschaft haben wir überzeugt.“

Daniel Deußer hatte als Siebter vor dem Finale die beste Ausgangsposition, fiel aber nach acht Strafpunkten mit Tobago auf Platz 14 zurück. „Das ist ein bisschen enttäuschend“, kommentierte der in Belgien lebende Hesse: „Es war ein bisschen die Luft raus. Er ließ sich vom Gefühl her am Ende ein bisschen hängen. Der Plan war eigentlich, noch aufzuholen statt an Boden zu verlieren.“

Die beherrschende Person war Isabell Werth, die ihre 20. EM-Goldmedaille gewonnen hatte. Bei der Siegerehrung ließ Isabell Werth den Champagner spritzen und machte die Konkurrenz auch auf dem Podium nass. Vergnügt und feucht-fröhlich feierte die Dressurkönigin im Stadion ihre dritte Goldmedaille bei der EM in Rotterdam, ehe es im Stall weiterging - und Werths Siegerstute Bella Rose zumindest Möhren als Belohnung für ihre Meisterleistung erhielt.

Isabell Werth ist ein Phänomen. Vor 30 Jahren gewann die Dressurreiterin ihr erstes EM-Gold und feierte nun die EM-Titel 18, 19, und 20. Manchmal macht es den Eindruck, als genieße die 50 Jahre alte Ausnahmereiterin diese Erfolge noch mehr als früher. „Ich bin einfach nur super-glücklich“, kommentierte die Seriensiegerin, die sich immer mal wieder eine Träne wegwischen musste.

Schon bei der letzten Lektion ihres Rittes hatte das begeisterte Publikum am Samstagnachmittag im Takt mitgeklatscht. Sogar die Niederländer, die einige Jahre mit Anky van Grunsven die schärfste Konkurrenz stellten, feierten mit Werth eine fantastische Kür.

Und sie erlebten deren erneuten Sieg nach einer deutschen Meisterschaft mit europäischen Gästen. Denn die erfolgreichste Reiterin der Welt gewann mit ihrer Stute Bella Rose mit 90,875 Prozent vor Dorothee Schneider aus Framersheim mit Showtime (90,561) und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhausen mit Dalera (89,107). „Mit diesen Damen verreist man gerne“, witzelte Verbandspräsident Breido Graf zu Rantzau.

Nur hauchdünn war Werths Vorsprung. „Ich hatte das erwartet“, sagte die Siegerin mit einem kecken Seitenblick auf Schneider, die wie schon im Grand Prix Spezial auch in der Kür Silber holte. Die Konkurrentin war mit dem zweiten Platz „sehr glücklich“, wie sie betonte. „Ich habe es einfach genossen“, sagte die 50-Jährige, die erst spät in die Weltspitze vorgestoßen ist.