Der achte Streich von Katharina Menz

Die 32-jährige Vizeweltmeisterin von den TSG-Judokas beweist ihre nationale Vormachtstellung in der Klasse bis 48 Kilogramm ein weiteres Mal. Bei der deutschen Meisterschaft in Stuttgart schnappt sich die Backnangerin wie bereits in den Jahren 2014 bis 2019 und 2022 die Goldmedaille.

Der achte Streich von Katharina Menz

TSG-Judoka Katharina Menz war im Finale der deutschen Meisterschaft in Stuttgart gegen Sarah Ischt am Ende obenauf. Foto: Baumann

Von Steffen Grün

Sie hat bereits an drei Weltmeisterschaften teilgenommen und feierte im vergangenen Oktober mit der Silbermedaille bei der WM in Taschkent ihren bislang größten Erfolg. Sie stand bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio auf der Matte und freute sich über Bronze mit dem deutschen Mixedteam, dazu kamen Treppchenplätze bei der Europameisterschaft 2020 in Prag und bei mehreren Grand Slams. Und trotzdem sagt Katharina Menz, dass sie vor deutschen Meisterschaften tendenziell sogar nervöser sei als vor den internationalen Wettkämpfen. Warum? „Es ist mehr Druck, weil alle den Titel von mir erwarten“, erläutert die Judoka der TSG Backnang. Ein weiteres Mal war dies vor dem Wettbewerb am gestrigen Sonntag in der Scharrena in Stuttgart der Fall. Deshalb verspürte die 32-Jährige anstatt überschäumender Freude eher „große Erleichterung“, nachdem sie mit dem Sieg im Finale gegen Sarah Ischt vom VfL Wolfsburg in der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm bereits zum achten Mal den Titel geholt hatte.

Im Vorfeld des Turniers vor der eigenen Haustür hatte es Katharina Menz bis auf den letzten Drücker offengelassen, ob sie überhaupt antreten würde (wir berichteten). Der Hauptgrund für ihr Zögern war keineswegs, dass ihr ein weiterer Triumph auf nationaler Bühne nichts mehr bedeuten würde. Es lag vielmehr daran, dass sie nach dem Konditionslehrgang mit dem Nationalteam in Südafrika vom 2. bis zum 19. Januar abwarten wollte, „wie ich mich fühle. Der Bundestrainer hat uns die Entscheidung über den Start selbst überlassen.“ Im Hinblick auf die anstehenden internationalen Turniere, bei denen es zum Beispiel bereits Mitte Februar beim Grand Slam in Tel Aviv um wichtige Punkte für die Qualifikation zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris geht, wollte die Backnangerin kein Verletzungsrisiko eingehen. Nach den letzten Trainingswettkämpfen in der vergangenen Woche hob Menz allerdings den Daumen und damit war klar: Es zählt nur die erneute Titelverteidigung.

Auf einen etwas mühsamen Beginn folgen noch drei souveräne Siege

„In meinen ersten Kampf bin ich etwas schwer reingekommen“, sagt das TSG-Aushängeschild über das Duell mit Asal Ghaffar vom Judoclub Koriouchi in Gelsenkirchen. Nach ungefähr zweieinhalb Minuten packte sie aber doch einen Armhebel aus, der zum vorzeitigen Sieg führte. „Der Rest war souverän“, ordnet Menz ihre drei weiteren Erfolge ein, die ihr die Goldmedaille bescherten. Gegen Tabea Nika Mecklenburg (UJKC Potsdam) „ging es sehr schnell, ich habe bereits nach ein paar Sekunden mit einer Würgetechnik für die Entscheidung gesorgt“. Damit stand sie schon im Halbfinale gegen Helen Habib (JC Bottrop), das sie nach etwa eineinhalb Minuten mit einem Uchi-Mata vorzeitig beendete. Etwas länger dauerte es im Finale gegen Sarah Ischt, die 2021 in Abwesenheit der Seriensiegerin den Titel geholt hatte. Mit der zweiten Waza-Ari-Wertung machte Menz den Sack aber zu. Und das ohne ihren erkrankten Heimtrainer Jens Holderle, der sich zu Hause über den Titel freute. Stattdessen hatten Mirko Grösche, Tom Reed und Melek Melke vom Württembergischen Judoverband die ohnehin meist in Stuttgart und nur ab und zu in Backnang trainierende Sportlerin so gut eingestellt, dass sie abermals nicht zu bezwingen war.

Lange kann sich Menz auf diesem Erfolg nicht ausruhen, denn vor ihrer Reise zum Grand Slam in Israel in zwei Wochen geht es noch in zwei internationale Trainingscamps – erst in Belgien und dann in Paris und damit dort, wo sie ihre Karriere bei den Olympischen Spielen 2024 krönen will.

Ein fünfter Platz für eine junge Kämpferin der TSG Backnang und zwei verletzungsbedingte Absagen

Helena Grau Der 22-Jährigen war neben Sarah Ischt noch am ehesten zugetraut worden, Katharina Menz in der Klasse bis 48 Kilogramm in die Bredouille zu bringen. Die Backnangerin, die seit einigen Jahren am Bundesstützpunkt in Köln trainiert, in der Domstadt lebt und mittlerweile auch von der TSG Backnang zum TSV Bayer Leverkusen gewechselt ist, musste aber kurzfristig passen. Rückenprobleme verhinderten, dass sie nach ihrem Titelgewinn 2020 in Abwesenheit von Menz und nach der Finalniederlage gegen ihre ehemalige Vereinskollegin im Vorjahr den nächsten Anlauf auf ihren zweiten DM-Triumph nehmen konnte.

Tayla Grauer Wie bereits im vergangenen Jahr landete die 18-Jährige in der Klasse bis 70 Kilogramm auf dem fünften Platz. So richtig zufrieden war die junge TSG-Kämpferin damit aber nicht, denn „es wäre mehr drin gewesen“. Vielleicht sogar im Halbfinale gegen Friederike Stolze (SV Halle), in dem sie nach einem Wurf ihrer Rivalin in einen Haltegriff geriet und sich nicht mehr rechtzeitig befreien konnte. Auf alle Fälle aber im Duell um Bronze, das sie gegen Mareike Reddig (Sport-Union Annen) aufgrund von drei Shidos in rascher Folge verlor. Vor allem die letzte Bestrafung war sehr umstritten. Zu arg grämen sollte sich Tayla Grauer aber auch nicht, weil sie bereits frühzeitig gehandicapt war: „Ich bin im ersten Kampf umgeknickt und habe mir einen Bänderriss im Sprunggelenk zugezogen.“ Sie biss auf die Zähne und bezwang Svenja Gruber (TSV Neuhaus), Mareike Schmidt (ESV Olympia Köln) und Anna Gröning (TSV Nassau), „aber es hat mich schon beeinträchtigt“.

Sara-Joy Bauer TSG-Trainer Jens Holderle hatte der 17-Jährigen durchaus zugetraut, in Stuttgart die eine oder andere Favoritin in der Kategorie bis 63 Kilogramm ins Schwitzen zu bringen. Daraus wurde aber nichts, weil sich Bauer am vergangenen Donnerstag im Training verletzte und ihre Teilnahme absagen musste. Ihre erste deutsche Meisterschaft im Frauenbereich bestreitet sie demnach frühestens 2024.