Deutscher Breitensport in Sorge vor Austrittswelle

dpa Frankfurt/Main. Existenzen in Gefahr, Spiele fallen aus, die Gesellschaft leidet:  Sportvereine haben in der derzeitigen Krisensituation große Sorgen. Doch die Chefs der Landessportbünde fürchten auch langfristig gravierende Auswirkungen.

Deutscher Breitensport in Sorge vor Austrittswelle

Der Breitensport ist in Deutschland wegen der Corona-Krise komplett lahm gelegt. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Klamme Kassen, gefährdete Existenzen und kein gesellschaftliches Zusammentreffen: Die großen und gefährlichen Merkmale der Coronavirus-Krise machen sich auch im deutschen Breitensport massiv bemerkbar.

Doch die Präsidenten der Landessportbünde sorgen sich auch über das langfristige ehrenamtliche Engagement und die Zukunft des Vereinswesens, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Hessens LSB-Präsident Rolf Müller beschrieb: „Sollte das Sportangebot weite Teile dieses Jahres ruhen, werden am Jahresende sicherlich einige Mitglieder einen Austritt erwägen – schlicht und einfach dessen, weil auch sie weniger in der Tasche haben. Das gilt es in jedem Fall zu verhindern.“ Wegen der Pandemie ruht der gesamte  Breitensport aktuell. Vor allem für die Amateure in Kontaktsportarten wie Fußball, Basketball oder Handball könnte sich eine zeitnahe Rückkehr zur Normalität eher schwer gestalten - und noch sehr lange dauern.

Die fehlenden sozialen Kontakte und die ausbleibende Bewegung in Gesellschaft zählen zu den gravierenden kurzfristigen Folgen, langfristig könnten auch Strukturen in den zahlreichen Sportvereinen auf dem Prüfstand stehen. Vom Landessportbund Hamburg hieß es dazu: „Die Ungewissheit ist eine große Herausforderung, da einem niemand wirklich verlässlich beantworten kann, wann Vereinssport in seiner gewohnten Form überhaupt wieder möglich sein wird. Je länger der Zustand anhält, umso schwieriger wird es.“

Dabei trifft es nicht alle Sportclubs gleichermaßen. Vereine, die sich maßgeblich über ihre Mitgliederbeiträge finanzieren, haben kurzfristig weniger Schwierigkeiten. Im Pferdesport beispielsweise machen sich die finanziellen Probleme derzeit schon am deutlichsten bemerkbar.

Andreas Vroom als Präsident des Landessportbundes Bremen sagte: „Diversen Reitvereinen fehlen derzeit zum Beispiel schon je 12 000 Euro. Die brauchten das Geld, um die Tiere zu füttern. Die Alternative wäre Schlachten. Da ist die Situation besonders dramatisch.“ 

Verlässliche bundesweite Finanzzahlen gibt es aus zwei Gründen nicht: Zum einen ist das Krisenende noch lange nicht absehbar, zum anderen rechnet jeder Landessportbund anders. Mancher mit Proficlubs, mancher ohne. Hessen geht schon jetzt von „einem hohen zweistelligen Millionenbetrag“ aus, in Berlin ergeben alleine die bisherigen Rückmeldungen von Vereinen eine Summe von sechs Millionen Euro.

Jochen Borchert vom LSB Rheinland-Pfalz sagte: „Der Sport ist ein wirtschaftlicher und vor allem an der Basis mit viel ehrenamtlichem Herzblut gelebter sozialer Pfeiler eines Gesellschaftssystems.“ Er stehe „wie kaum ein anderer Lebensbereich für gesellschaftliches Miteinander, für Zusammenhalt“. Aus Nordrhein-Westfalen hieß es, man hoffe zeitnah auf Lockerungen im Sport, weil „gerade die Übungsleiter*innen und Trainer*innen unserer Vereine echte Garanten dafür sind, dass die von der Politik vorgegebenen Regeln eingehalten werden“. Von diesen Ehrenamtlichen wollen die Clubs auch zukünftig noch genug haben.