Die Olympischen Spiele sind das große Ziel

Helena Grau hat auf ihrem Weg nach oben die nächste Stufe erreicht und zählt nun zu den rund 4000 deutschen Athleten, die von der Sporthilfe gefördert werden. Die 20-jährige Judoka von der TSG hat die Wettkämpfe 2024 in Paris im Blick und die 2028 in Los Angeles fest auf dem Zettel.

Die Olympischen Spiele sind das große Ziel

Von Uwe Flegel

„Es ist eine große Hilfe, wenn man sich finanziell keine Sorgen machen muss.“ Wohl wahr. Schließlich will Helena Grau als Judoka möglichst weit in die Weltspitze vordringen. Entsprechend froh ist die amtierende deutsche Meisterin in der Kategorie bis 48 Kilogramm, dass sie nun zu den rund 4000 Athleten zählt, die von der Deutschen Sporthilfe gefördert werden. Die 20-Jährige von der TSG Backnang ist eines von ungefähr 2000 Talenten, die von der sogenannten Basis-Förderung profitieren. Damit hat die Bundesliga-Kämpferin aus dem Murrtal im dreigliedrigen Sporthilfe-System die erste Stufe genommen.

Im Fall von Helena Grau heißt das, dass sie unter anderem pro Monat 300 Euro erhält. Zusammen mit den Zuwendungen von der Sportstiftung Nordrhein-Westfalen sowie einem Stipendium kommt sie damit auf 900 Euro. Außerdem „unterstützt mich mein Opa noch“, sagt die Backnangerin und ist erleichtert, denn „seit diesem Jahr kann ich vom Judo leben“. Und das, obwohl sie mittlerweile in Köln lebt und am dortigen Olympiastützpunkt trainiert. „Hier habe ich einfach kurze Wege“, nennt Grau einen Grund, weshalb es sie vom Schwaben- ins Rheinland gezogen hat. Am Olympiastützpunkt Stuttgart musste sie ständig zwischen der Landeshauptstadt, Übungseinheiten in Sindelfingen und Krafttraining in Esslingen pendeln. „Es war sehr viel Fahrerei.“ In Köln sei vieles an einem Fleck. Zudem leitet dort Bundestrainer Claudiu Pusa die Einheiten und auch ihr Freund Moritz Plafky, bester deutscher Judoka in der Klasse bis 60 Kilogramm, ist in der Domstadt zu Hause.

Normalerweise. Derzeit weilt Plafky in Tokio. Für Grau ein weiterer Grund, die nächsten Tage sehnsüchtig ins Mutterland des Judos zu blicken. Schließlich kämpft in Japan nicht nur ihr Freund um olympische Medaillen, sondern auch ihre Vereinskollegin Katharina Menz im Leichtgewicht der Frauen. Klar, dass sie dem 25-Jährigen und der 30-jährigen Backnangerin fest die Daumen drückt und hofft, selbst einmal ein Bestandteil des bedeutendsten Sportereignisses der Welt sein zu können.

Als dritte Backnangerin in Folge im Leichtgewicht in die Weltspitze

Grau wäre dann die dritte TSG-Judoka bei Olympia und sie würde dann eine schon etwas kuriose Tradition fortführen. Denn wie Michaela Semsch (besser bekannt unter ihrem Mädchennamen Baschin) 2008 in Peking oder derzeit Katharina Menz in Tokio kämpft auch Helena Grau in der Klasse bis 48 Kilogramm. Ob es bereits in drei Jahren für ein Ticket nach Paris reicht? „Das kommt vielleicht noch ein bisschen früh, ist aber nicht ausgeschlossen“, sagt die 20-Jährige, die weiß, dass es vom großen Talent bis zur Weltklasseathletin ein weiter Weg ist. Die Olympischen Spiele in Los Angeles im Jahr 2028 hat sie allerdings auf dem Zettel. „Die sind sicher ein Ziel, ansonsten müsste ich den ganzen Aufwand nicht betreiben“, gesteht die Backnangerin ein.

Momentan arbeitet sie jedoch vor allem an der Rückkehr auf die Matte, nachdem sie sich im vergangenen Herbst einer Operation unterziehen musste. Im Training war ihr die linke Kniescheibe rausgesprungen. „Das ist bei mir auch ein bisschen eine Veranlagungssache“, erzählt Grau und sagt: „Wenigstens war der Zeitpunkt nicht völlig ungeschickt, da ich auch wegen Corona nicht so viel verpasst habe“ und sie einigermaßen in Ruhe wieder fit werden und sich ein wenig um ihre Zukunft nach dem Sport kümmern kann. Momentan hofft sie, bei der Bundespolizei aufgenommen zu werden. Auch weil sich das bestens mit dem Stützpunkt in Köln verbinden lassen würde.

Wobei Grau eines auch klarmacht: Ihre Heimat ist Backnang. „Von der TSG würde ich nie weggehen“, erzählt die junge Frau, die mit sieben im vereinseigenen Dojo im Rötlensweg auf der Matte stand und als gerade mal 19-Jährige Deutsche Meisterin wurde. Damit sorgte sie dafür, dass der Titel im Leichtgewicht der Frauen trotz Abwesenheit von Dauersiegerin Menz das siebte Mal in Folge nach Backnang ging.

Ein großer und vor allem schöner Erfolg. Einer, der Hoffnungen geweckt hat. Bei ihr und in sie. Zu sehr lässt sie sich davon aber nicht unter Druck setzen. „Ich bin erst in die Frauenklasse hoch“, weiß Helena Grau, dass es noch ein weiter Weg bis in die Weltspitze ist. Was aber nicht heißt, dass sie während der Verletzungspause ihr Ziele aus den Augen verloren hätte. Eines davon lautet, bei der nächsten deutschen Meisterschaft ihren Titel zu verteidigen. Das zweite: „Vielleicht bekomme ich nach Olympia vermehrt die Chance, international kämpfen zu dürfen.“ Die Unterstützung der Deutschen Sporthilfe hat sie auf jeden Fall.

Die Olympischen Spiele sind das große Ziel

Sechs Spitzensportler und hoch talentierte Nachwuchsathleten der Region profitieren von der Sporthilfe. Darunter nun auch Helena Grau (Foto). Sie hofft, in drei Jahren in Paris, auf jeden Fall aber 2028 in Los Angeles bei Olympia auf der Matte zu stehen. Grafik: Sporthilfe/Foto: Baumann

1967 mit Blick auf die Olympischen Spiele 1972 in München gegründet

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe wurde 1967 im Hinblick auf die Olympischen Spiele 1972 gegründet, um deutsche Spitzensportler – die damals fast alle noch lupenreine Amateure waren – besser zu unterstützen. Gefördert werden alle Bundeskaderathleten der olympischen Sportarten sowie ausgewählte Athleten nicht olympischer Sportarten. Paralympische Athleten erhalten eine Grundförderung analog zum Top-Team und Top-Team Future im olympischen Bereich sowie ausgewählte Förderprogramme, abhängig von der Leistung und dem Berufsstatus. Aus dem Gehörlosensport erhalten alle Athleten aus dem Deaflympics-Kader eine monatliche Grundförderung sowie darüber hinaus gezielte Förderprogramme.

Seit 1967 hat die Stiftung über 477 Millionen Euro für die Förderung junger Talente und von Topathleten aufgewendet. 2018 lag die Fördersumme bei rund 18 Millionen Euro. Den Großteil des Geldes muss sich die Sporthilfe selbst besorgen und erwirtschaften. Im Jahr 2017 stammten 31 Prozent der jährlich aufzubringenden Erträge aus Spenden und Zuwendungen. 38 Prozent waren Erlöse von Event-, Förderer- und Benefizprogrammen. Dazu zählt zum Beispiel die Unterstützung des DOSB durch Zuschüsse aus der Olympiavermarktung. Etwa 19 Prozent bringen die Erlöse der Lotterie Glücksspirale. 12 Prozent sind sonstige Erträgen. Seit 2018 erhält die Sporthilfe zudem direkte staatliche Unterstützung zur Athletenförderung.