49. Backnanger Rundstreckenradrennen: Die Spurtstärke macht den Unterschied

Der Mut der Ausreißer wird beim 49. Backnanger Rundstreckenradrennen „Waldrems-Horbach-Waldrems“ letztlich belohnt. Mit Tobias Nolde aus Winsen an der Luhe setzt sich ein Mitglied des Führungsquartetts in einem Zielsprint durch, bei dem nur noch zwei Radfahrer mitmischen.

49. Backnanger Rundstreckenradrennen: Die Spurtstärke macht den Unterschied

Tobias Nolde gewann den Zielsprint vor Moritz Kretschy und riss den rechten Arm hoch.

Von Alexander Hornauer

Das vom RSV Waldrems organisierte Backnanger Rundstreckenrennen hat mit Tobias Nolde ein Rennfahrer für sich entschieden, der sich mit einer kleinen Gruppe von Mitstreitern kontinuierlich an der Spitze aufgehalten hatte. Als aus dem Quartett ein Duo geworden war, spielte der Sportler aus dem hohen Norden seine Spurtqualitäten aus.

Das Rennen auf den Straßen und Wegen zwischen Waldrems und Horbach hat eine große Tradition. Weil es einen guten Termin zu einem frühen Saisonzeitpunkt hat, sind viele starke Radfahrer am Start. Pro Runde sind etwa 2,5 Kilometer zu absolvieren. Es geht zunächst ordentlich bergauf und dann auch wieder eine Weile bergab, allerdings auf freiem Feld. Deshalb gilt der alte Grundsatz dieser Sportart: Der Wind ist steiler als alle Berge. Der Höhepunkt ist das Eliterennen über 40 Runden mit sogenannten, internationalen Continental-Teams und ihren Elitefahrern. Sie sitzen 100 Kilometer im Sattel – wenn sie aus eben diesem am steilsten Stück der Strecke nicht heraus müssen.

Die Aufmerksamkeit in den ersten Runden gehörte Anton Albrecht. Der 26-Jährige, der für das Team P&S Benotti aus Thüringen unterwegs ist, trat eifrig in die Pedale und fuhr dem Hauptfeld voraus. Von diesem wurde er auch nicht mehr eingeholt, allerdings schlossen noch weitere Ausreißer zu ihm auf. Zunächst Fausto Valentin-Penno vom RSV Stuttgart-Vaihingen sowie Albrechts Mannschaftskamerad Tobias Nolde, der mit der Referenz von sieben Siegen im vergangenen Jahr zu den großen Favoriten gehörte. Einige Runden später rückte auch der aus dem Erzgebirge stammende Moritz Kretschy (20) vom Team Rad-Net Oßwald in die Spitze nach, der sich vor vier Jahren auf der Bahn das Regenbogentrikot des Junioren-Weltmeisters übergestreift hatte.

Tim Schlichenmaier mühte sich für seine Mannschaftskollegen vergeblich ab

Dieses Quartett bestimmte das Renngeschehen und hatte einen Vorsprung auf das Feld, der nie unter 20 Sekunden schrumpfte und zeitweise sogar eine satte Minute betrug. „Die Gruppe hat sehr gut funktioniert“, berichtete Moritz Kretschy später. Die vier Athleten wechselten sich in der Führungsarbeit ab und bewältigten so auch den kontinuierlich steiler werdenden Anstieg zum Schüttberg in einem hohen Tempo. Im Verfolgerfeld mühte sich Tim Schlichenmaier, der Lokalmatador und Sieger von 2015, die Lücke zu schließen, um seinen Teamkollegen vom RSC Kempten noch eine Siegchance zu ermöglichen. Aber vergeblich, denn „die vorne waren sich einig und zu stark“.

Nur ein einzelner Fahrer schaffte den Anschluss: Tobias Endres vom Team Skullracing aus Limbach im Saarland, an sich aufs Mountainbike spezialisiert, setzte sich aus der großen Gruppe ab. Zunächst schien es ein einsamer Kampf zu sein, denn das Führungsquartett war doch einige Meter voraus. Doch bei jeder Durchfahrt durch den Horbachhof hatte sich der Abstand verringert, irgendwann hatte Endres tatsächlich aufgeschlossen. Das brachte neue Dynamik in die Führungsgruppe, die nun heftigen Seitenwinden ausgesetzt war. Trotzdem folgte eine Tempoverschärfung, fortan bildeten Tobias Nolde und Moritz Kretschy gemeinsam mit Tobias Endres ein Führungstrio. Eine weitere Intensivierung führte dazu, dass auch Endres abreißen lassen musste. Auf den letzten Kilometern hieß es deshalb nur noch: Nolde gegen Kretschy. Zwei Athleten, die schon öfter gegeneinander gefahren sind. Daher wusste Moritz Kretschy: Seine Chancen würden steigen, wenn er bereits vor dem Zielspurt weggekommen würde. „Deshalb habe ich versucht, ihn loszuwerden“, erklärte er. Mehrmals erhöhte er das Tempo. Tobias Nolde wiederum meinte nach dem Rennen: „Mein Gegner hat in den letzten Runden immer wieder attackiert. Er war wirklich stark. Darum war mein oberstes Ziel, dranzubleiben.“ Und das gelang.

Und so kam es, wie es beide geahnt hatten: Auf den letzten Metern spielte Tobias Nolde seine Spurtqualitäten aus. Er holte die entscheidenden Meter heraus, riss nach 2 Stunden, 21 Minuten und 11 Sekunden jubelnd den rechten Arm in die Höhe. „Für uns“, und damit meinte er sein Team, „war es ein sehr schönes Rennen. Es gibt uns viel Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben.“ Moritz Kretschy nahm es derweil gelassen: „Er ist eben sprintstärker. Der zweite Platz ist auch ein schöner Erfolg.“ Tobias Endres, an diesem Tag sicher ein Kandidat für den Ehrentitel des kämpferischsten Fahrers, belohnte sich mit Podestplatz drei.