Ein Backnanger haut alle Gegner weg

Ismail Akkilic gewinnt bundesweite Casting-Aktion und wird zum härtesten Kämpfer Deutschlands ernannt

Deutschland sucht regelmäßig einen Superstar. Das Boulevardblatt mit den vier Buchstaben machte es eine Nummer kleiner. Dessen Online-Ausgabe fahndete nach dem besten Mix-Martial-Arts-Kämpfer der Nation. Härtester Weltergewichtler ist ein Backnanger. Er heißt Ismail Akkilic und jubelt: „Ich habe 20 Jahre gebraucht, um dahin zu kommen.“

Ein Backnanger haut alle Gegner weg

Bewies, dass er richtig kräftig zuschlagen kann: Ismail Akkilic, der sich den Titel härtester Weltergewichtler Deutschlands erkämpfte. Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

Wer Ismail Akkilic zum ersten Mal begegnet, erkennt sofort, dass ihm ein gut trainierter Mann gegenübersteht. Einer, der in Sachen Kampfsport kein heuriger Hase ist, sondern ein erfahrener Athlet. „Ich war schon zuvor Deutscher Meister im Kickboxen“, bestätigt der gebürtige Backnanger dann auch sofort. Trotzdem war der 38-Jährige dabei, als der Veranstalter We Love MMA gemeinsam mit Bild plus im Leicht- (bis 70) sowie im Weltergewicht (bis 77 Kilogramm) den sogenannten härtesten deutschen Mix-Martial-Arts-Kämpfer suchte.

Reizvoll war für den gelernten Stuckateur dabei weniger der eher geringe Geldpreis, sondern vor allem der goldene Gürtel und „die mit der Aktion verbundene Werbung für die Kampfsportschule von meinem Trainer Artur Allerborn“, erklärt Ismail Akkilic. Und während es bei Deutschland sucht den Superstar darum geht, mit möglichst wenig schrägen Tönen irgendwie immer eine Runde weiter bis zum Sieg im Finale zu kommen, ging es beim Kämpfer-Casting darum, durchaus einiges an Erfahrung im Ring oder Käfig mitzubringen. So wie der in Winnenden wohnende Akkilic, der seit rund acht Jahren den Mix aus verschiedenen Vollkontaktsportarten betreibt.

Video aus dem Murrtal überzeugt eine fünfköpfige Jury

Deshalb dauerte es nicht lang, bis Allerborn und sein Schützling den Entschluss gefasst hatten, sich für die Aktion zu bewerben. Per Video zeigte das Duo aus dem Murrtal, was Akkilic drauf hat. Der Backnanger überzeugte die vierköpfige Jury, in der unter anderem US-Botschafter Richard Grenell saß. Unter Hunderten von Bewerbern schaffte der Schwabe mit türkischen Wurzeln den Sprung unter die acht Sportler, die danach in zwei Gewichtsklassen in Viertel- und Halbfinale sowie Endkampf den jeweiligen Gewinner ermittelten. Auch in diesen Kämpfen setzte sich der Backnanger durch. Im Finale besiegte der 38-Jährige in einem Duell der Generationen den 20-jährigen Regensburger Christian Mach. Klar, dass Akkilic stolz darauf ist, sich den goldenen Siegergürtel erkämpft zu haben: „Ich habe 20 Jahre gebraucht, um dahin zu kommen.“ Wobei er im MMA-Weltergewicht schon zuvor durchaus eine Größe war und in der aktuellen Rangliste unter den Top Ten steht.

Besser wird es allerdings nicht mehr werden, denn der Endkampf in Düsseldorf „war für mich der abschließende Höhepunkt meiner Laufbahn“, erzählt Akkilic und fügt an: „Als Kämpfer höre ich auf.“ Künftig will er nicht mehr dem Kontrahenten im Ring das Fürchten, sondern dem Nachwuchs im Murrtal das Kämpfen lehren. Einen Satz wird er seinen Schützlingen auf jeden Fall gleich von vornherein mitgeben. Um einen solchen Erfolg feiern zu können, „muss man hart, wirklich hart trainieren können“.

Ismail Akkilic zum Beispiel ist seit zwei Jahrzehnten dabei. Er, der in jungen Jahren Fußball spielte, kam mit 18 zum Kampfsport und war erfolgreich als Kickboxer unterwegs: „Dann habe ich aus Spaß mal mit Artur gerungen und er hat gesagt, dass ich es doch mit MMA probieren soll.“ Ein guter Tipp wie sich spätestens dieses Frühjahr zeigte. Der bei dem großen Automobilkonzern in Untertürkheim Beschäftigte fühlte sich in der angeblich härtesten aller Kampfsportarten sofort wohl. Auch weil er rasch fest-stellte, dass die Sache nicht ganz so heftig ist, wie sie zunächst für Außenstehende erscheint: „Die Schläge am Boden sehen schlimmer aus als sie sind, denn da steckt weniger Kraft dahinter als beim Boxen. Dort wird im Stehen geschlagen und damit steckt deutlich mehr Wucht dahinter.“ Zudem seien die Kampfrichter beim MMA angewiesen, sofort einzugreifen, wenn keine wirkungsvolle Verteidigung mehr möglich sei, erklärt der erfahrene Coach und Diplom-Sportlehrer Allerborn. Stark im Geben und auch im Nehmen sollte der Sportler aber trotzdem sein, will er wie Akkilic härtester Kämpfer Deutschlands sein.

Hintergrund
Die Mischung aus vielen Kampfsportarten macht’s

Mixed Martial Arts (MMA) ist eine Vollkontakt-Kampfsportart. Der Backnanger Artur Allerborn beschreibt sie als „Verbindung aller olympischen Kampfsportarten“. Das sind Boxen, Ringen, Judo und Taekwondo. Größter Unterschied zu anderen Vollkontaktsportarten ist, dass auch im Bodenkampf getreten und geschlagen werden darf. Und im Gegensatz zum klassischen Ringen, kommt es nicht darauf an, den Gegner mit beiden Schultern auf dem Boden zu fixieren. Selbst aus der Rückenlage heraus kann noch gewonnen werden.

Einen Sieg gibt es, wenn der Gegner durch Abklopfen aufgibt, k.o. geht (ohnmächtig wird) oder der Kampfrichter abbricht. Auch ein Sieg nach Punkten ist möglich.

Das Kämpfen im Käfig stand einige Zeit stark in der Kritik, da es zu brutal sei. Mittlerweile haben Studien von Wissenschaftlern aus den USA gezeigt, dass das Verletzungsrisiko beim MMA in etwa gleich hoch wie in anderen Vollkontaktsportarten ist. Beim Boxen sei die Gefahr von Hirnschädigungen sogar größer als beim MMA.