Enge Rennen bei besten Bedingungen

Der Frühnebel ist für die Teilnehmer am 10. Backnanger Citytriathlon kein Problem, im Laufe des Wettkampfs setzt sich die Sonne durch. Matthias Betz von der TG Schweinfurt und Mareike Spindler von der TSG Maxdorf haben die Nase vorn.

Enge Rennen bei besten Bedingungen

Zäher Frühnebel hängt über dem Freibad, als die 128 Teilnehmer am Jedermann-Triathlon die erste Teildisziplin absolvieren. Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Der Radkurs und die Laufstrecke, der Modus und der Schauplatz – beim 10. Backnanger Citytriathlon war fast alles anders als bisher gewohnt. Das hatte nach der Absage im vergangenen Jahr mit der weiterhin nicht ausgestandenen Coronapandemie zu tun, weil das Hygienekonzept mitsamt der Kontrolle der 3-G-Regel auf dem Areal rund ums Freibad leichter umzusetzen war als in der weitläufigen Innenstadt. Es gab aber noch einen weiteren Aspekt: Viele Sportler hatten den Wunsch geäußert, auf die bisherige Pause nach dem Schwimmen, die für den Umzug vom Freibad auf die Bleichwiese und den Jagdstart benötigt wurde, zu verzichten.

Dieses Mal ging es also in einem Rutsch durch, was nur einen Nachteil hatte: Für die Zuschauer war das Geschehen schwieriger zu verfolgen, weil jeder Triathlet im Prinzip sein eigenes Rennen bestritt und der Erste im Ziel keineswegs der Sieger sein musste. Der Liveticker im Internet, der die Resultate in Echtzeit aktualisierte, war aber ein super Service und nur ein Nachweis der allseits gelobten Arbeit des Organisationsteams des TC Backnang um Thomas Hartmann. Der gestrige Triathlon-Vormittag im Zeitraffer.

7 Uhr: Nach den Wochen der Vorbereitungen, in denen die Macher zum Beispiel ein zehnseitiges Hygienekonzept schrieben, ist alles angerichtet. Ungefähr 60 Helfer des Vereins stehen bereit, um den Teilnehmern beste Bedingungen zu bieten. Sie schieben Dienst als Streckenposten, in der Wechselzone oder bei der 3-G-Kontrolle, um nur einige Bereiche zu nennen. Dazu kommt eine 18-köpfige DLRG-Truppe für die Erste Hilfe. Vermutlich auch, weil der Nebel noch sehr tief im Murrtal hängt, tauchen bis auf zehn richtige Frühaufsteher zunächst nur wenige der gemeldeten 128 Erwachsenen sowie 49 Kinder und Jugendlichen auf. Auch im Zelt auf dem Aldi-Parkplatz, in dem ein Schnelltest für fünf Euro zu haben ist, schaut in der ersten Stunde keiner vorbei. Zu denen, die bereits vor Ort sind, zählt Markus Stotz aus Reutlingen. „Die Streckenprofile sind sehr anspruchsvoll und haben mein Interesse geweckt“, erklärt der Mittfünfziger, warum er zum ersten Mal in Backnang startet. Zudem sei Thomas Hartmann ein guter Bekannter.

8.10 Uhr: Auch der Betrieb an der 3-G-Kontrollstelle, an der sich Sportler und Fans als geimpft, genesen oder getestet ausweisen müssen, hält sich noch im Rahmen. Die, die den Checkpoint bereits passiert hätten, seien überwiegend mit dem doppelten Pieks immunisiert, berichtet Vesta Trillitsch. Just in diesem Moment steht aber ein Zuschauer vor ihr, der auf die Frage nach einem 3-G-Nachweis tatsächlich entgegnet: „Was ist das?“ Auf die Erklärung folgt die Antwort: „Habe ich nicht.“ Der folgerichtig Abgewiesene ist immerhin nicht auf Krawall gebürstet, sondern sagt nur zu seinem Kumpel: „Ich warte im Auto.“ Derweil füllt sich die Wechselzone so langsam. Die Räder werden bei der jeweiligen Startnummer abgestellt, die Schuhe, Helme und Trinkflaschen bereitgelegt. Dann geht es zum Schwimmstart.

8.35 Uhr: Johannes Guthardt zeigt auf die Tafel neben dem Schwimmmeisterbüro, als der Wonnemar-Mitarbeiter die Temperatur des kühlen Nasses nennen soll. 23,7 Grad sind dort feinsäuberlich notiert, draußen sind es 17 Grad. „Das Wasser ist angenehm und ich finde es gut, wenn es auf dem Rad und beim Laufen nicht so heiß ist“, betont Isabelle Diedrichs aus Mannheim. Die 31-Jährige ist bester Dinge, hat aber noch einen Wunsch: „Der Nebel könnte sich verziehen.“ Als hätte es Petrus gehört, blinzelt prompt die Sonne durch die Nebelsuppe.

8.45 Uhr: Erst die Morgenandacht von Dekan Wilfried Braun, nun die Wettkampfinfos von Achim Seiter: Der Moderator bezeichnet die Radstrecke mit 300 Höhenmetern als „nicht ganz einfach, es geht rauf und runter“. Er weist auf das Windschattenverbot und wegen des Begegnungsverkehrs aufs Rechtsfahrgebot hin und trichtert den Sportlern wegen der teils identischen Routen ein, dass die Straße den Radlern und der Gehweg den Läufern gehört. Seiters finaler Appell an alle Anwesenden: Sie mögen bitte bleiben bis zu dem Rennen der Kinder und Jugendlichen, damit der Nachwuchs später sagt: „Triathlon, das ist mein Sport.“

9 Uhr: Mit der Startnummer eins soll Louis Flöhrmann ins Becken hüpfen, „davon war ich selbst etwas überrascht“. Ein Vorteil oder ein Nachteil? „Das kommt darauf an, wie gut die anderen sind“, meint der Vertreter des Teams Kona Endurance, der um Punkt neun auf die Reise geschickt wird. Alle 15 Sekunden springt ein anderer Teilnehmer hinterher, bei den Männern gibt es wohl zwei Favoriten. „Der Sieg könnte über Matthias Betz und Uwe Drescher gehen“, orakelt Achim Seiter und beweist damit Fachkenntnis. Es entwickelt sich wirklich ein Zweikampf zwischen dem Duo mit den Startnummern zwei und drei, der Schweinfurter Betz liegt nach 500 Metern Schwimmen eine knappe halbe Minute vor dem Darmstadter Drescher. Beide Triathleten haben den Rivalen Flöhrmann bereits im Wasser überholt, nun geht’s auf die zehn Kilometer lange und zweimal zu meisternde Radrunde mit Wendepunkten vor Steinbach und der Deponie sowie in Zell.

9.44 Uhr: Seit knapp zehn Minuten haben alle Teilnehmer das Rennen in Angriff genommen, für Betz ist bereits die zweite Disziplin erledigt. Er stellt sein Rad als Erster ab und hat einen kleinen Vorsprung auf Drescher, der Rest ist wohl abgehängt. Das alles bei nun sonnigem Wetter, die letzten Nebelschwaden ziehen ab. Als das Spitzenduo nach dem abschließenden 5-Kilometer-Lauf im Ziel ist, hat Betz mit einer Zeit von 1:00:27 Stunden um 16 Sekunden die Nase vorne und tut es damit einem seiner Brüder gleich, der 2019 in Backnang siegte. „Es war ein tolles Rennen, ich bin sehr zufrieden“, sagt der 17-Jährige, der noch nicht lange Triathlet ist und vorher Eishockey spielte: „Ich hatte Glück, dass Uwe Drescher die Kette vom Rad gesprungen ist.“ Sogar zweimal, wie der Zweitplatzierte präzisiert und daher hadert: „Ich bin mir sicher, dass ich das Rennen gewonnen hätte. Es gehört aber auch dazu, dass die Technik funktioniert und deshalb hat der Kollege verdient gewonnen.“ Drescher wird einen erneuten Anlauf nehmen, denn „es ist eine tolle Veranstaltung. Ich komme gerne wieder.“

10.23 Uhr: Mit Heike Barkhorn erreicht eine Lokalmatadorin vom TC Backnang als erste Frau das Ziel, doch in der Endabrechnung reicht es nur zum vierten Rang. Den Sieg scheint sich Ex-Vereinskollegin Julia Leye zu sichern, die nun für den TSV Neustadt startet. Da ist sich Achim Seiter fast sicher, doch dieses eine Mal irrt sich der so kompetente Sprecher. Er hat die Rechnung ohne Mareike Spindler von der TSG Maxdorf mit der hohen Nummer 121 gemacht, die in 1:12:13 Stunden stolze fünf Minuten schneller als Leye ist. „Nicht schlimm“, sagt die in Kirchberg an der Murr lebende Sportlerin zu dem ihr noch entrissenen Sieg: „Ich bin mit Platz zwei völlig zufrieden und gönne es ihr.“ Die glückliche Siegerin betont, überhaupt nicht gewusst zu haben, „wo ich liege“. Sie habe einfach alles reingehauen, zumal für sie ohnehin etwas anderes als das nackte Resultat viel wichtiger war. „Es ist so schön, dass es in Coronazeiten mit diesem Wettkampf geklappt hat“, richtet sie einen großen Dank an die vielen fleißigen Helfer.

10.55 Uhr: Mit zehn Minuten Verspätung beginnt das Jugendrennen in den Jahrgängen 2006 bis 2015, die Distanzen unterscheiden sich in den einzelnen Altersklassen. 49 Mädchen und Jungen ziehen ihre Bahnen im Nichtschwimmerbecken, geradelt und gelaufen wird im und rund um das Freibad. Angefeuert von den Eltern, weiteren Familienmitgliedern und den erwachsenen Triathleten gibt der Nachwuchs alles.

11.20 Uhr: Während die Flower Ceremony des Jedermann-Triathlons läuft und die lederne Frau und der lederne Mann vom Backnang gekürt werden, kommen auch die letzten Sportler ins Ziel. Kurz darauf können die Badegäste den letzten Tag der Saison genießen und die Straßensperrungen aufgehoben werden. Was bleibt, ist viel Lob für Thomas Hartmann und das Organisationsteam. „Wie immer top organisiert“, sei der Wettkampf gewesen, sagen Ralf Kircher und Andreas Mettler aus Welzheim, „durch die jahrelange Erfahrung ist die TCB-Organisation unschlagbar“. Allenfalls einen minimalen Verbesserungsvorschlag haben sie: „Kilometermarkierungen wären super.“