Erste Schritte zurück in die Normalität

Backnanger Beachvolleyballer Yannick Harms darf eingeschränkt wieder trainieren und sehnt nun den Wettkampf herbei.

Erste Schritte zurück in die Normalität

Seit rund zwei Wochen ist Beachvolleyballer Yannick Harms im Training wieder am Ball. Bis er auch bei Turnieren wieder im Sand stehen darf, muss sich der Backnanger aber noch gedulden. Foto: FIVB

Von Uwe Flegel

„Mir geht es richtig gut.“ Psychisch und physisch. Schließlich darf Yannick Harms seit rund zwei Wochen wieder das machen, was er als Sportler am liebsten tut. Der 26-Jährige darf wieder Beachvolleyball spielen. Zumindest ansatzweise. Irgendwie sind es für den Backnanger so etwas wie die ersten Schritte zurück in das Leben als Volleyballprofi.

Wer im deutschen Beachvolleyball in den Genuss nationaler Förderung kommen will, der muss seine Zelte in Hamburg aufschlagen. Dort an der Waterkant ist der Olympiastützpunkt, dort sind die Bundestrainer. Was sonst zwar nicht ganz unumstritten ist, durchaus aber auch Sinn macht, kann in Coronazeiten allerdings auch mal eine kleiner Nachteil sein. Als Baden-Württemberg vor wenigen Wochen seine Bestimmungen für Bundeskaderathleten ein wenig lockerte, ging für Harms in Hamburg noch nichts.

Das hat sich mittlerweile geändert. „Wir trainieren in kleinen Gruppen und unter strengen Auflagen“, berichtet der frühere Junioren-Nationalspieler im Hallenvolleyball. Kleine Gruppen bedeutet, dass nur Harms und sein Partner Philipp-Arne Bergmann gemeinsam mit ihrem Coach üben dürfen. Zeitlich allerdings eingeschränkt. Schließlich ist das Duo nicht das einzige Team, das pritschen und baggern will. Doch in Zeiten des Abstandhaltens ist platztechnisch nicht das verfügbar, was sonst machbar ist. Harms und sein Mitstreiter nehmen das in Kauf. Wichtiger sei, dass die beiden endlich wieder den Ball in der Hand haben. „Erleichterung“ hat der 1,96 Meter große Athlet verspürt.

Die Freude über den Wiederbeginn hat allerdings auch noch einen anderen Grund. Das vergangene Jahr verlief nicht so, wie es sich Yannick Harms erhofft hatte. Eine hartnäckige Entzündung am linken Handgelenk behinderte den Backnanger. Irgendwann waren die Schmerzen so groß, dass das Duo im Herbst abbrach. Wegen der Verletzungspause rutschte das Team in der deutschen Rangliste von Platz zwei auf Rang fünf ab. Nicht gut. Erst recht nicht, wenn man danach keine Möglichkeit hat, Punkte für die Rangliste zu sammeln. Denn obwohl sich die deutschen Beachvolleyballer langsamen Schrittes in Richtung Normalität bewegen, scheint der Weg noch weit zu sein. Turniere sind derzeit jedenfalls nicht in Sicht. Die deutsche Tour ist bereits abgesagt. Nun haben Harms und Bergmann noch Resthoffnungen, dass die deutsche Meisterschaft Anfang September gespielt werden kann. Wobei die Wahrscheinlichkeit nur sehr, sehr gering ist. „Da haben sich vergangenes Jahr 70000 Zuschauer getummelt“, erzählt Harms. Derzeit ist es unvorstellbar, dass Anfang September eine solche Großveranstaltung hierzulande möglich sein soll. Und ohne Fans? Das sei schwierig, sagt der aus der TSG-Jugend stammende Sportler. Denn: „Beachvolleyball lebt von der Stimmung.“ Die sei wichtig – für die Spieler, die Wirksamkeit in der Öffentlichkeit und damit auch für die Sponsoren. Trotzdem denkt der deutsche Vizemeister von 2018 und Dritte der Titelkämpfe des Vorjahres, dass deutsche Turniere gerade realistischer sind als internationale Veranstaltungen. Viel wird aber sicher nicht mehr laufen. Dabei sehnt Harms die Rückkehr geradezu herbei: „Ein Sportler lebt für den Wettkampf. Wenn der dann ein ganzes Jahr ausfällt, gerade im Olympiajahr, dann ist das schon keine leichte Sache.“ Vor allem, wenn in der Rangliste Punkte geholt werden müssen, damit in der Weltrangliste Plätze gutgemacht werden können.

Yannick Harms sagt dann auch, dass in der Zwangspause der Kopf für ihn das größere Probleme gewesen sei. Während seine Hand in Ruhe hätte ausheilen können, habe er sich für den fehlenden Wettbewerb selbst kleine Aufgaben ausgedacht, um sich abzulenken. „Ich habe mir so Mini-Challenges gesucht“, berichtet der Backnanger. „Und ich habe mich wieder öfter an mein E-Piano gesetzt.“ Feine Fingerübungen am Klavier in der Wohnung in Hamburg-Barmbek als Ersatz für harte Schmetterschläge auf den Sandplätzen dieser Welt dürften nicht bei vielen Volleyballern auf dem Plan gestanden haben. Was Yannick Harms in den vergangenen Monaten ebenfalls erledigt hat, das ist ein Abschluss in seinem Studium: „Ich habe in Ansbach den Bachelor im Internationalen Management gemacht.“ Wie es in Sachen Studium nun aber weitergeht, das steht gerade ein wenig in den Sternen. „Da sich ja die Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben haben, ist es nicht einfach, zu entscheiden, was ich machen kann.“

Wichtiger ist dem Backnanger ohnehin, dass er wieder Volleyball spielen kann. Da nehmen Yannick Harms und sein Partner gesperrte Dusch- und Umkleideräume sowie Einschränkungen, weniger Zeit und Platz am Olympiastützpunkt gerne in Kauf. Erst recht weil der frühere Hallen-Erstliga-Akteur von sich sagt: „Ich bin fit und körperlich gut in Schuss.“ Um das aber wieder richtig beweisen zu können, müssen auf dem Weg zurück in die Normalität schon noch einige große Schritte gegangen werden.

Bei TSG-Volleyball begonnen

Yannick Harms hat bei der TSG Backnang mit Volleyball begonnen, hat dort in der Jugend gespielt und war als Jugendlicher bereits in der Männermannschaft aktiv. In der Halle feierte er mit Friedrichshafens Junioren mehrfach den deutschen Meistertitel.

In der deutschen Rangliste nehmen Harms und sein Partner Philipp-Arne Bergmann derzeit den fünften Rang ein. In der Weltrangliste, die mit Stand vom März eingefroren ist, liegt das Duo auf Platz 39. Damit ist das für den TC Hameln startende Team die drittbeste deutsche Mannschaft hinter Julius Thole/Clemens Wickler (Rang 6) und Nils Ehlers/Lars Flüggen (18).