Extrem-Adler Eisenbichler vor nächster großer Prüfung

dpa Wisla. Herrliche Bergidylle, Schneemassen und frostige Kälte: So stellt man sich die Kulisse für den Wintersport vor. Beim Skisprung-Auftakt in Polen wird davon wenig geboten sein. Eine besondere Herausforderung erwartet den dreifachen Seefeld-Weltmeister Markus Eisenbichler.

Extrem-Adler Eisenbichler vor nächster großer Prüfung

Ist bereit für den Saisonstart: Skispringer Markus Eisenbichler. Foto: Hendrik Schmidt/zb/dpa

Das Sinnbild für den Auftakt der neuen Skisprung-Saison lieferte Markus Eisenbichler selbst.

Der Dreifach-Weltmeister von Seefeld posierte auf einem Foto in den sozialen Netzwerken mit Helm und Skiern vor einer komplett grünen Schanze, er schrieb dazu: „Ich bin bereit, Wisla kann kommen.“ Bei vorausgesagten zehn Grad und bestem Herbstwetter geht es an diesem Samstag (16.00 Uhr/ZDF und Eurosport) in Polen los mit der viermonatigen Winter-Tour der Adler. Während Schnee und die herrliche weiße Idylle noch auf sich warten lassen, wollen Eisenbichler und Co. im Weltcup von Anfang an Erfolge feiern.

Geplagt von Verletzungen und geprägt von personellen Wechseln wird dieses Übergangsjahr für die Skispringer aber mehr denn je zu einer Reise ins Ungewisse. Olympiasieger Andreas Wellinger fällt mit einem Kreuzbandriss den kompletten Winter aus - auch Eisenbichler hatte zuletzt Probleme mit Knie und Rücken. „Beides habe ich mittlerweile in den Griff bekommen, und daher freue ich mich jetzt auf den Auftakt in Wisla“, sagte der 28-Jährige, der sich nach furiosen Tagen in Seefeld im Februar gleich drei WM-Goldmedaillen umhängen durfte.

Auf den Extrem-Adler Eisenbichler wartet die nächste Herausforderung. Der Bayer muss intern noch stärker in eine Führungsrolle wachsen und das Team sportlich gemeinsam mit seinem Zimmerkollegen Karl Geiger anführen. Der neue Bundestrainer Stefan Horngacher, der nach elf Jahren unter Erfolgscoach Werner Schuster eine neue Ära im Deutschen Skiverband (DSV) prägen soll, kennt den emotionalen Eisenbichler nach seinen Jahren als Assistent bestens.

„Markus hat sehr viele Ups and Downs gehabt in seiner Karriere. Wir versuchen, auf ihn einzuwirken, dass er seine Emotionen besser in den Griff kriegt, damit er stabiler und längerfristig auf hohem Niveau springt“, sagte Horngacher der Deutschen Presse-Agentur. Auch wenn der Bayer seine markigen Sprüche wie „Sieg oder Sarg, Pokal oder Spital“ nur halbwegs ernst meint, sehen seine Sprünge häufig nach alles oder nichts aus. „Bei ihm ist der große Punkt, dass er das auf den Punkt bringt“, sagte der Coach. Genau auf diese Konstanz wird es in den kommenden Wochen ankommen, wenn Eisenbichler von Anfang an sein unerschöpflich wirkendes Potenzial dauerhaft zeigen will.

Horngacher tritt in Deutschland ein schweres Erbe an, er ist in seiner Premierensaison ohne Olympia und Nordische Ski-WM aber noch nicht dem extremen Druck ausgesetzt. In seinen drei Jahren als Chef der Polen feierte der Tiroler selbst große Siege, unter anderem den Titel bei der Vierschanzentournee, auf den die Deutschen seit nunmehr 17 Jahren warten. „Es gibt noch viele Ziele und Aufträge, die zu erledigen sind. Das ist eine Zwischensaison mit einer Skiflug-WM, das ist ein großes Ziel. Die Tournee ist jedes Jahr ein großes Ziel“, sagte Horngacher.

Die Konkurrenz ist riesig. Neben Japans Überflieger Ryoyu Kobayashi, der im vergangenen Winter alle vier Tournee-Springen nacheinander gewann, sieht Horngacher auch sein Ex-Team aus Polen sowie Slowenien und den Russen Jewgeni Klimow als harte Widersacher. „Es gibt ziemlich viel scharfe Konkurrenz, es wird jedes Jahr enger für alle. Ich hoffe, dass wir ein Wörtchen mitreden können“, erklärte der 50-Jährige.

Vorgänger Schuster versucht sich nach dem Bundestrainer-Job an einer Spezialaufgabe. Er unterstützt als Berater seinen österreichischen Landsmann Gregor Schlierenzauer, der nach steilem Aufstieg und 53 Weltcup-Siegen seit Jahren nicht richtig in die Spur kommt. „Ich habe Gregor gesagt, verlier' den Glauben nicht, aber erwarte nicht die alten Zeiten“, betonte Schuster in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“.

Ein passender Vergleich fiel dem Fachmann gleich ein: „Gregor und ich spielen ja ab und zu Golf, und da hab' ich mit ihm über (Tiger) Woods geredet. Hab' gesagt, schau: Der hat 2008 sein letztes Major gewonnen und erst 2019 sein nächstes. Der ist nicht nur in Österreich niedergeschrieben worden, sondern weltweit.“