Gedemütigter BVB: Neue Diskussion über fehlende Mentalität

Von Von Heinz Büse, dpa

dpa Rom. Vier Spiele, vier Niederlagen - die jüngste Auswärtsbilanz des BVB in der Champions League zeugt von fehlender Reife. Auch beim 1:3 in Rom war kein Fortschritt erkennbar. Das sorgt für ein Déjà-vu - und neue Diskussionen über die Mentalität des offenbar unbelehrbaren Teams.

Gedemütigter BVB: Neue Diskussion über fehlende Mentalität

Dortmunds Trainer Lucien Favre zeigt sich nach dem Spiel in Rom enttäuscht von der Leistung seines Teams. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa

Lobeshymnen für Ciro Immobile, Häme für Borussia Dortmund - der morgendliche Blick in die Medien dürfte den BVB-Profis wenig Freude bereitet haben.

Nach dem über weite Strecken peinlichen Auftritt beim 1:3 (0:2) gegen Lazio Rom saß der Frust auch während des Rückflugs in die Heimat noch immer tief. Selbst der ansonsten zurückhaltende Trainer Lucien Favre verspürte wenig Lust, den kapitalen Fehlstart in die Champions League schön zu reden: „Das war zu wenig und darf nicht passieren. Ich bin sehr enttäuscht.“

Es passte zum Verlauf eines gebrauchten Abends, dass ausgerechnet der ehemalige Dortmunder Ciro Immobile als Matchwinner gefeiert wurde. Den Treffer zum 1:0 (6. Minute) erzielte der beim Revierclub nach nur einer Saison im Sommer 2015 ausgemusterte Angreifer selbst, das 3:1 durch Jean-Daniel Akpa-Akpro (76.) bereitete er vor. „Die Rache von Immobile an Dortmund“, titelte die „Gazetta dello Sport“. Der Angreifer selbst sprach von einem „perfekten Spiel“ und verspürte einen „besonderen Geschmack“.

Mit spöttischem Unterton verwies die „Corriere della Sera“ auf den Vorteil von Immobile im Vergleich zum Dortmunder Torschützen Erling Haaland - und brachte das BVB-Dilemma damit auf den Punkt: „Immobile gegen Haaland endet 1:1, aber die Rückkehr von Lazio in die Champions League nach 13 Jahren verläuft triumphal, weil Ciro eine Mannschaft um sich hat, die voller Aggressivität und Siegeswillen ist, während der norwegische Gigant auf sich alleine gestellt ist.“

Der spielerische Offenbarungseid des vermeintlichen Gruppenfavoriten vor 1000 Zuschauern im Stadio Olimpico erinnerte an ähnlich seelenlose Auftritte in der jüngeren Vergangenheit mit Niederlagen in Mailand (0:2), Barcelona (1:3) und Paris (0:2). Dass die Mannschaft daraus keine Lehren zog und sich erneut den Schneid abkaufen ließ, sorgte auch bei Sebastian Kehl für Ernüchterung: „Das war eine desolate Leistung vor allem in der ersten Halbzeit. Es gab nur wenige Spieler, die auch nur annähernd an ihre Leistungsgrenze gegangen sind.“

Zum Leidwesen des Lizenzspielerchefs steht der BVB in den kommenden Partien gegen Zenit St. Petersburg (28. Oktober) und beim FC Brügge (4. November) nun mächtig unter Zugzwang. „Wenn wir so weiter auftreten, wird es nichts werden. Dann werden wir es ganz schwer haben, die nächste Runde zu erreichen“, warnte Kehl. Ähnlich kritisch fiel das Fazit von Kapitän Marco Reus aus: „Wir haben die erste Halbzeit verschlafen. Das ist für mich unerklärlich und ist natürlich nicht unser Anspruch. Eigentlich haben wir alles komplett vermissen lassen.“

Der für ein Bundesliga-Spitzenteam unwürdige Auftritt in Rom taugte wahrlich nicht als Einstimmung auf das prestigeträchtige Duell am Samstag mit dem FC Schalke 04. Nach Einschätzung von Kehl könnte mit einer ähnlichen Leistung selbst der seit nunmehr 20 Bundesligaspielen sieglose Erzrivale zur Gefahr werden: „Wir haben am Wochenende das Derby, da wird uns auch ein ganz anderer Fight erwarten. Da müssen wir uns ganz, ganz anders präsentieren.“

Immerhin verringern sich die Personalsorgen in der Defensive. So dürfte der in Rom gesperrte Emre Can in die Dreierkette zurückkehren. Zudem signalisierte der von einer Corona-Infektion genesene Manuel Akankji am Mittwoch nach dem Ende seiner Quarantäne Einsatzbereitschaft: „Ich kann es nicht erwarten, am Samstag das Derby zu spielen.“

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