Hütter zieht's nach Gladbach - Eintracht vor schwerem Sommer

Von Von Patrick Reichardt und Morten Ritter, dpa

dpa Mönchengladbach. Hütter weg und Hübner weg, dazu Bobic vor dem Absprung: Eintracht Frankfurt droht im Sommer der Ausverkauf in der Führungsriege. Doch plötzlich taucht ein neuer Name auf. Dem Rivalen Mönchengladbach hingegen gelingt mit dem Transfer des Österreichers ein Coup.

Hütter zieht's nach Gladbach - Eintracht vor schwerem Sommer

Wechselt von Eintracht Frankfurt zu Borussia Mönchengladbach: Trainer Adi Hütter. Foto: Thomas Frey/dpa

Das Theater hat ein Ende. Wenige Tage vor dem direkten Duell der beiden Traditionsclubs ist der Wechsel von Eintracht Frankfurts Trainer Adi Hütter zum Bundesliga-Rivalen Borussia Mönchengladbach in diesem Sommer perfekt.

Während der Österreicher am Niederrhein einen Vertrag bis 2024 unterschrieb und dort eine Erfolgsgeschichte schreiben will wie zuvor am Main, steht den Frankfurtern trotz der möglichen Champions-League-Premiere in der neuen Saison ein in höchstem Maße komplizierter Sommer bevor.

Erfolgscoach Hütter geht, Sportdirektor Bruno Hübner geht und Sportvorstand Fredi Bobic will gehen. Bleibt die Frage: Wer soll den neuen Trainer dann eigentlich holen? Geht es nach einem Medienbericht von Sky, könnte der derzeit vereinslose Ralf Rangnick die beiden Posten als Trainer und Sportvorstand in Personalunion bekleiden. Dies sei die „Wunschvorstellung“, schrieb der Sender. Der Verein, der für den eigentlich bis 2023 gebundenen Hütter eine Ablöse kassieren wird, kommentierte dies zunächst nicht. Rangnicks Medienberater sagte der Deutschen Presse-Agentur, es habe bislang keine Kontaktaufnahme von Seiten der Eintracht gegeben.

„Die Entscheidung, zur neuen Saison ein neues Kapitel aufzuschlagen, habe ich mir nicht leicht gemacht“, sagte Hütter, der in Gladbach Nachfolger des zukünftigen Dortmund-Trainers Marco Rose wird und von „drei unglaublich erfolgreichen und intensiven Jahren“ in Frankfurt schwärmte. Mit sechs verbleibenden Bundesliga-Spielen gilt Hütters Fokus nun aber den Frankfurtern: „Wir haben eine historische Chance. Alles, was für mich jetzt zählt, ist der Erfolg der Eintracht.“

Ironischerweise beginnt der Endspurt, für den Hütter so deutlich wie nie das Ziel Champions League ausgab, am kommenden Spieltag (15.30 Uhr/Sky) im Borussia-Park, wo Hütter sich seinen künftigen Arbeitsplatz gleich mal genau anschauen kann. „Wir wollen unseren Vorsprung verteidigen und uns für die Champions League qualifizieren. Diesem Ziel ordnen wir alles unter“, sagte Hütter. Die Königsklassen-Perspektive, die er mit Frankfurt hat, ist mit Gladbach in der kommenden Saison definitiv nicht gegeben. Im Gegenteil, dort droht sogar eine Saison ohne Europapokal-Teilnahme.

Die Borussia um Manager Max Eberl hat die lange Trainersuche erfolgreich zum Ende gebracht. In Hütter wurde der Wunschkandidat verpflichtet und gleich für drei Jahre gebunden. „Er ist für unsere Mannschaft und unseren Verein der beste Trainer für die ab dem Sommer vor uns liegenden Herausforderungen und Ziele“, sagte Eberl. Man freue sich „sehr“ über die Zusage des 51-Jährigen, die sich in den vergangenen Tagen immer mehr angebahnt hatte.

Hütters klare Aussage von Ende Februar („Ich bleibe!“) wiederholte er demonstrativ nicht mehr, entsprechenden Nachfragen wich er seit Bekanntwerden des ersten Gladbach-Gerüchts vor knapp zwei Wochen aus - tat dies eher ungeschickt. „Zum damaligen Zeitpunkt war das auch die Situation. Aber natürlich haben sich auch gerade nach dem Interview viele Dinge verändert“, sagte Hütter dazu nun der „Bild“. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein gerader und ehrlicher Mensch bin. Deswegen ärgert es mich schon, dass es jetzt nicht gut aussieht.“ So hatte die Eintracht drei Jahre nach Niko Kovac („Stand heute“), der zum FC Bayern ging, sein nächstes Trainerbekenntnis, das schon kurze Zeit später nicht mehr viel wert war.

Für die Eintracht brechen nun kuriose Monate an. Sportlich ist das Team um Top-Torjäger André Silva (23 Saisontreffer) so stark wie lange nicht, der erstmalige Königsklassen-Einzug ist angesichts eines komfortablen Polsters auf Dortmund und Leverkusen greifbar. Auf der anderen Seite werden Silva, Luka Jovic, Amin Younes und Co. im Sommer begehrt sein und Angebote von Spitzenclubs erhalten.

Derzeit ist nicht absehbar, wer für die Hessen dann die Verhandlungen führt, wie das Team dann für die Europa-Prüfung aufgestellt ist und wer es als nächster Coach nach Hütter überhaupt trainieren soll. Der Name Rangnick wird gewiss nicht der letzte sein, der bei der SGE gehandelt wird. Sportvorstand Bobic sagte, dem Ziel Champions League gelte nun „die gesamte Aufmerksamkeit“. Das ist kein Wunder, denn der wechselwillige Funktionär plant derzeit nicht, über den Sommer hinaus die Verantwortung in Frankfurt zu tragen.

Bei der Borussia, die am Ende doch nicht wie kolportiert Xabi Alonso verpflichtete, dürfte hingegen Ruhe einkehren. Die Rose-Thematik hat zuletzt an Schärfe verloren, Offensivfanatiker Hütter hingegen ist ein Versprechen für attraktiven und erfolgreichen Fußball in den kommenden Jahren. Auf dem aggressiven Pressing, das Rose in Gladbach begründete, dürfte Hütter aufbauen.

Für Spieler wie Denis Zakaria, Florian Neuhaus und Marcus Thuram, die auf dem internationalen Markt begehrt sein dürften, könnte Hütter ein weiteres Argument sein, zunächst bei der Borussia zu bleiben. Unter dem Österreicher könnten die Profis die nächste Entwicklungsstufe nehmen, bevor dann höhere Aufgaben rufen. Jetzt, wo die wichtigste Personalie geklärt ist, kann Eberl die Vertragsgespräche mit seinen Leistungsträgern intensivieren und ihnen konkrete Perspektiven aufzeigen.

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