Auf Augenhöhe: Flick betont Bayern-Mentalität vor BVB-Duell

Von Von Klaus Bergmann und Heinz Büse, dpa

dpa Dortmund. Hansi Flick freut sich wie Millionen Fans auf einen „Leckerbissen“. Zweiter gegen Erster, beste Abwehr gegen bester Sturm - das Topspiel Dortmund gegen Bayern verspricht sehr viel. Im Blickpunkt stehen die Super-Torjäger, auch wenn es zuletzt einen anderen „Mr. Clásico“ gab.

Auf Augenhöhe: Flick betont Bayern-Mentalität vor BVB-Duell

Der FC Bayern München setzt gegen den BVB auf Leon Goretzka. Foto: Matthias Balk/dpa-Pool/dpa

Diesmal ist es ein Bundesliga-Clásico auf Augenhöhe - oder doch nicht? Erstmals seit elf Jahren gehen die Dauerrivalen Borussia Dortmund und Bayern München punktgleich in ein direktes Duell.

An der psychologischen Ausgangslage ändert das aber wenig. Der BVB bleibt am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) im Dortmunder Geister-Gipfel der Herausforderer, der nur im Erfolgsfall das Signal aussenden würde, das seit Jahren zementierte Machtgefüge im deutschen Fußball aufbrechen zu können. Gewinnen die Bayern, dann werden alle in Deutschland Hansi Flicks unersättliche Titelsammler schon wieder gefühlt auf dem Weg zur neunten Meisterschaft am Stück sehen.

Beim verbalen Vorspiel am Freitag betonte Flick demonstrativ das Münchner Mia-san-mia. „Wir sind wie immer sehr selbstbewusst“, sagte der 55-Jährige vor dem „Leckerbissen“ für Trainer, Spieler und Fans, die freilich wieder nicht ins Stadion dürfen. Flick hat seine ersten drei Klassiker als Münchner Chefcoach jeweils als Sieger beendet.

Die Fragen nach den aktuellen Abwehrschwächen seiner Mannschaft konterte er am Freitag mit den überragenden Angriffswerten und vor allem mit dem Auftreten seines Starensembles gerade in großen Spielen. „Die Mentalität, der Siegeswille sind einfach top. Es ist schon herausragend, was wir in den letzten Wochen und Monaten geleistet haben“, rühmte Flick. In diesem Jahr verloren die Bayern exakt ein Spiel! Kapitän Manuel Neuer erlaubte sich als gebürtiger Gelsenkirchener und Ex-Schalker eine kleine Stichelei: „Es ist immer ein gutes Gefühl, wenn man weiß, man hat Dortmund geschlagen.“

Diesmal fühlt sich der BVB jedoch bereit, die Rollen zu tauschen. Von Fragen, ob der BVB sich mittlerweile auf Augenhöhe mit den Bayern bewegt, hält Michael Zorc jedoch wenig. „Solch verbale Vergleiche im Vorfeld bringen nichts. Wir sind in einer guten Verfassung und hatten zuletzt die richtige Herangehensweise“, kommentierte der Dortmunder Sportdirektor. Mutig fügte er an: „Natürlich wollen wir die Bayern jetzt auch mal schlagen. Dafür wollen wir alles in die Waagschale werfen.“

Die beste Abwehr der Liga (zwei Gegentore) stellt sich selbstbewusst dem besten Angriff (24 Treffer). Nach zuletzt vier Zu-Null-Siegen über Schalke (3:0), St. Petersburg (2:0), Bielefeld (2:0) und Brügge (3:0) ist der Glaube an den ersten Sieg über die Bayern seit zwei Jahren nicht nur bei Zorc gewachsen. „Die zwei letzten Spiele gegen Bayern waren gut, auch wenn wir knapp verloren haben. Wir müssen jetzt eben eine noch bessere Leistung abliefern“, sagte Trainer Lucien Favre.

Es wird beim Team des als Bedenkenträger bekannten Trainers Lucien Favre davon abhängen, ob es den Respekt vor dem Triple-Sieger ablegt. Als Blaupause könnte das Supercup-Duell Ende September dienen, in dem sich der BVB beim knappen 2:3 in München widerstandsfähig zeigte. „Wenn wir so engagiert und mutig rangehen, können wir sie schlagen. Auch wir sind gut drauf“, sagte Lizenzspielerchef Sebastian Kehl.

Die Supercup-Kraftprobe endete aber auch wieder typisch. Joshua Kimmich erzwang nach einem Bauchklatscher in der Bodenlage das Siegtor. Der 25-Jährige war mit einem Geniestreich auch im Mai beim 1:0 in Dortmund der Münchner Matchwinner. Es war die Vorentscheidung im Titelkampf - und ein weiterer psychologischer Wirkungstreffer. „Joshua ist absoluter Profi. Er ist ein Mentalitätsmonster. Er ist immer im Spiel, er gibt nie auf“, rühmte Flick seinen Antreiber.

Als Spielentscheider drängen sich diesmal aber die Torjäger auf. Dortmund gegen Bayern, das heißt ja auch Erling Haaland (20) gegen Robert Lewandowski (32). Beide stimmten sich in dieser Woche mit einem Doppelpack in der Champions League auf das Wettschießen ein. Mit 10:5 Treffern liegt Lewandowski in der Bundesliga vorne.

„Beide schießen Unmengen an Toren, aber sind unterschiedliche Spielertypen. Sie sind aber altersmäßig zu weit auseinander, als dass wir Vergleiche anstellen sollten“, sagte Zorc. Aus seiner großen Wertschätzung für Haaland machte der BVB-Sportdirektor jedoch keinen Hehl: „Wir sind happy, Erling zu haben. Er tut uns nicht nur wegen seiner Tore gut, sondern auch, weil er mit jeder Faser einen Willen ausstrahlt und erfolgsbesessen ist.“

Haaland zu stoppen, ist für Flick freilich eine etwas zu simple Erfolgsformel. „Haaland ist nicht der einzige, auf den wir aufpassen müssen“, mahnte der Coach, der den BVB als „herausragende Mannschaft“ pries. Dortmund wiederum muss nicht nur Lewandowski stoppen, auch wenn der Pole in zwölf Ligaspielen gegen seinen Ex-Club gleich 16 Mal traf. Doch die für Offensivpower bekannte Borussia zeichnet sich neuerdings durch eine bemerkenswerte defensive Stabilität aus.

Mitverantwortlich dafür ist der Ex-Münchner Mats Hummels. Offen ist jedoch, ob der am Oberschenkel verletzte Abwehrchef rechtzeitig fit wird und auflaufen kann. Die Bayern können ihrerseits mit Leon Goretzka planen, der nach Wadenproblemen wieder trainieren konnte. „Ich rechne voll mit ihm“, berichtete Flick. Goretzka ist wie Neuer übrigens Ex-Schalker - und damit besonders heiß gegen den BVB.

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Auf Augenhöhe: Flick betont Bayern-Mentalität vor BVB-Duell

Treffen im Bundesliga-Gipfel mit ihren Teams aufeinander: Bayern-Coach Hansi Flick (r) und Dortmunds Lucien Favre. Foto: Federico Gambarini/dpa-Pool/dpa