Gefühlt ist die halbe Stadt auf den Beinen

So viele Sportler wie noch nie, erneut Tausende Zuschauer: Der Backnanger Silvesterlauf lockt die Massen – Mergenthaler und Eichenbrenner siegen über 10 Kilometer

Es hat einfach alles gepasst bei der 34. Auflage der Backnanger Traditionsveranstaltung zum Ausklang des Jahres. Die Sportler, die in zuvor noch nicht da gewesener Zahl mitmachten, fanden beim Silvesterlauf beste Bedingungen vor. Das traumhafte Wetter lockte die Zuschauer in Massen, gefühlt war die halbe Stadt auf den Beinen. Die Siege im Hauptlauf über 10 Kilometer gingen Jens Mergenthaler vom SV Winnenden und Tamara Eichenbrenner vom Laufteam Filstal.

Von Andreas Ziegele

Es gab den im Vorfeld noch nicht sicher zu prognostizierenden Teilnehmerrekord, letztlich überquerten 1608 Frauen, Männer, Mädchen und Jungen die Ziellinie in den fünf Wettbewerben. Allein im Hauptlauf waren es 801 Finisher, und das alles bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen, die für Läufer und Zuschauer ideal waren. Was will man als Veranstalter mehr? Tatsächlich war Georg Beïs in allen Bereichen zufrieden, allerdings werde mit Blick auf den Silvesterlauf 2020 über das Hauptrennen noch zu reden sein. „Die Teilnehmerzahl war fantastisch, sie zeigt uns aber auch die Grenzen auf, an die wir kommen“, sagt der Organisationschef: „Wir werden darüber noch diskutieren und die Teilnehmerzahl vielleicht auch limitieren müssen.“ Beïs verweist aber darauf, dass es ein Volkslauf ist und bleibt, auch wenn es dann für die Spitzensportler schwieriger ist, in Backnang zu laufen.

Die Streckenverhältnisse seien wunderbar gewesen, „obwohl wir morgens noch Eis auf einzelnen Abschnitten hatten“. Der städtische Bauhof sorgte dann dafür, dass die Läufer davon nachmittags nicht mehr betroffen waren. Von den Meldezahlen für den Mini-Marathon ist Beïs besonders beeindruckt: „Was hier dieses Jahr abging, war schon der Wahnsinn.“ 387 Kinder und Jugendliche erreichten letztlich das Ziel, noch einmal 39 mehr als im Vorjahr.

Im Hauptlauf über 10 Kilometer setzte sich Favorit und Vorjahressieger Jens Mergenthaler durch. An sein Ziel, die 30-Minuten-Marke anzugreifen, kam er in 30:26 Minuten knapp heran, am Ende reichte es nicht ganz. „Der Radfahrer hat es gut geschafft, Platz für mich zu machen, aber ab der dritten Runde war es auf der Strecke doch sehr voll und schwierig zu laufen“, erläutert der 22-Jährige. Angegangen war er das Rennen sehr schnell, für die erste 2,5-Kilometer-Runde brauchte er nur 7:14 Minuten. Mergenthaler hofft, dass künftig in Backnang noch mehr Topathleten am Start sind, denn „das ist einfach ganz anders, wenn man vorne an der Spitze zusammenlaufen kann.“ Er wollte damit jedoch keinesfalls die Leistung von Heiko Baier schmälern. Der 35-jährige Silvesterlauf-Rekordsieger war extra aus Nordhessen angereist und hatte als Zweiter mit 30:56 Minuten nur 30 Sekunden Rückstand auf den 13 Jahre jüngeren Sieger.

Begeistert zeigte sich Mergenthaler einmal mehr von der tollen Stimmung: „Das ist einfach das, was Backnang und dieses Rennen auszeichnet. Überall an der Strecke stehen Menschen und feuern dich an.“ Für 2020 hat er den 35. Silvesterlauf in Backnang wieder fest im Kalender, wobei er davor noch ein großes Ziel vor Augen hat: „Ich möchte auf jeden Fall an der Europameisterschaft teilnehmen und weiter an meiner persönlichen Bestzeit arbeiten.“ Trainer Horst Wanek war ebenfalls stolz auf seinen Schützling und zudem auf Sabrina Lamparter, denn die Zweitplatzierte bei den Frauen wird auch von ihm betreut. Etwas Wasser in den Wein goss der ehrgeizige Coach dann aber doch noch: „Es ist für mich unverständlich, dass Jens mit seinen Leistungen nicht zum U-23-Kader des Deutschen Leichtathletik-Verbands zählt.“ Er ist mit der Unterstützung seitens des DLV unzufrieden, während er den Württembergischen Leichtathletik-Verband für dessen Unterstützung lobt. Nicht unerwähnt lässt Wanek an dieser Stelle, dass er sich mit diesem Zustand nicht abfinden wird und dass das Thema mittlerweile auf dem Schreibtisch der baden-württembergischen Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Susanne Eisenmann, gelandet ist.

Überglücklich über ihren Sieg war Tamara Eichenbrenner, die in 39:04 Minuten 34 Sekunden vor Lamparter ins Ziel kam. Bei ihrem zweiten Start in Backnang hat es also mit dem ersten Platz geklappt. Ihre Zeit kannte sie direkt nach dem Rennen allerdings noch gar nicht genau: „Ich habe mich irgendwann auf der Strecke mit meiner Uhr verstoppt und daher weiß ich gar nicht, wie schnell ich gelaufen bin.“ Riesigen Spaß hat es ihr auf alle Fälle gemacht, wie sie strahlend verkündete. „Backnang ist immer der absolute Oberhammer. Man hat auf der ganzen Strecke das Gefühl, als wäre man im Zieleinlauf. Die Zuschauer tragen einen förmlich über die Runden.“ Kein Wunder, dass die 24-Jährige nächstes Mal wieder hier am Start sein möchte.

Auch andere kehren regelmäßig zurück in die Murr-Metropole, um beim Silvesterlauf zu starten. So wie Sebastian Baade, den es vor über drei Jahren beruflich nach München gezogen hat. Der frühere Tennis- und Tischtennisspieler der TSG Backnang hatte ein klares Ziel: „Ich will unter 45 Minuten laufen.“ Das klappte in 44:20 Minuten, aber der für den TSV Pentenried startende Sportler hatte sich noch etwas vorgenommen: „Ich möchte schneller sein als mein Bruder Tobias.“ Das funktionierte nicht, denn der ältere Bruder hatte am Ende 32 Sekunden Vorsprung und nahm damit den Familiensieg mit nach Hause.

Neben Veranstaltungen wie dem Straßenfest oder dem Weihnachtsmarkt hat es der Silvesterlauf längst in die Herzen der Backnanger geschafft. Menschenmassen in allen Gassen, beste Stimmung am letzten Tag des Jahres – da kommt dann auch mal ein Oberbürgermeister durcheinander. Bei der Hauptlauf-Siegerehrung sprach Frank Nopper vom „Straßenfestlauf“, ehe er den Fehler bemerkte und auf „Silvesterlauf“ korrigierte. Zu diesem Zeitpunkt war auch der letzte Läufer im Ziel angekommen, mit einer für den Breitensport immer noch respektablen Zeit von 1:22:30 Stunden. Aber vor allem Spaß hat es ihm gemacht.