Bayerns getrübte Sieg-Freude - Kimmich am Knie operiert

Von Von Heinz Büse, dpa

dpa Dortmund. Der FC Bayern hat den Angriff des Dauerrivalen aus Dortmund auf seine Alleinherrschaft souverän abgewehrt - wieder einmal. Euphorie kam nach dem 3:2 aber nicht auf. Denn Joshua Kimmich verletzt sich am Knie und fällt nach einer Meniskus-Operation bis ins neue Jahr aus.

Bayerns getrübte Sieg-Freude - Kimmich am Knie operiert

Beim Sieg der Bayern in Dortmund hat sich Joshua Kimmich verletzt und geht nach einer ersten Behandlung vom Spielfeld. Foto: Martin Meissner/Pool AP/dpa

Hansi Flick zollte seinen Seriensiegern fast demütig Respekt. Mit einer Verneigung vor Thomas Müller brachte der Coach des FC Bayern nach dem 3:2 (1:1) im furiosen Geistergipfel bei Borussia Dortmund seine Bewunderung zum Ausdruck.

Weder die tiefe Sorge um den verletzten Leitwolf Joshua Kimmich, der bereits am Sonntagabend am rechten Knie operiert wurde, noch der zwischenzeitliche Rückstand brachte den Triple-Sieger aus München vom Erfolgskurs ab. „Das galt der gesamten Mannschaft“, sagte Flick zu seiner ungewohnte Geste, „sie hat eine herausragende Mentalität. Deshalb stehen wir da, wo wir stehen“.

Siege über den ärgsten Verfolger aus dem Revier sind für die Bayern in den vergangenen Jahren schon fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Doch die Freude über den jüngsten Coup wurde durch den Ausfall von Juniorchef Kimmich getrübt. Bei einem Foulspiel an BVB-Stürmer Erling Haaland zog sich der 25 Jahre alte Nationalspieler eine Knieblessur zu.

Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich bei den Untersuchungen am Sonntag in München nicht. Trotzdem wird der Leistungsträger nach einer Operation am Außenmeniskus mindestens bis zum Jahresende ausfallen. Die medizinische Abteilung des FC Bayern erwartet Kimmichs Rückkehr im Januar. Sportvorstand Hasan Salihamidzic reagierte in einer Vereinsmitteilung erleichtert: „Wir sind froh, dass Joshua uns voraussichtlich in einigen Wochen wieder zur Verfügung stehen wird.“ Bei der Reha will der Verein den Profi „bestmöglich unterstützen“.

Sowohl das schmerzverzerrte Gesicht von Kimmich als auch die mitfühlenden Reaktionen seiner Mitspieler noch auf dem Platz ließen am Samstagabend Schlimmeres als eine Meniskus-Blessur befürchten. Auch der ehemalige Münchner und heutige BVB-Abwehrchef Mats Hummels brachte seine Sorge um den Nationalspieler zum Ausdruck: „Josh ist ein toller Fußballer, ein klasse Typ - und ich hoffe, dass er da gut herauskommt.“ Auch ein mehrwöchiger Ausfall trifft die Bayern. „Er ist auf dieser Position ein Schlüsselspieler, das wäre nicht einfach wegzustecken“, hatte Flick noch vor der genauen Diagnose gesagt.

Für eiige Wochen ohne Kimmich scheinen die Münchner gerüstet. Das stellten sie in Dortmund in beeindruckender Manier unter Beweis. Auch ohne den bereits in der 36. Minute ausgewechselten Antreiber schlug der Rekordmeister nach dem 0:1 von BVB-Kapitän Marco Reus (45. Minute) eiskalt zurück. Treffer von David Alaba (45.+4), Robert Lewandowski (48.) und Leroy Sané (80.) verhalfen zum zehnten Pflichtspielsieg in Serie und zum Ausbau der Tabellenführung.

„Wir haben das Spiel verdient gewonnen, weil wir zum richtigen Zeitpunkt einen Schritt schneller und auch etwas abgezockter waren“, befand Mittelfeldspieler Leon Goretzka, „diese Spiele sind doppelt wichtig“.

Ob der Sieg wirklich ein Indiz für einen weiteren Saisonverlauf mit Münchner Dominanz ist, wird sich erst in den nächsten Wochen weisen. Immerhin vergrößerten die Münchner ihren Vorsprung auf den BVB auf drei Punkte und brachten sich in einen psychologischen Vorteil. Gleichwohl wollte Flick seinen vierten Sieg im vierten Spiel als Chefcoach gegen Dortmund nicht überbewerten: „Die Bundesliga ist aktuell sehr ausgeglichen. Es geht nicht darum zu sagen, wir haben es nach dem siebten Spieltag schon geschafft. Nein, es geht weiter.“

Wieder einmal trug Ausnahmekönner Lewandowski in tragender Rolle zum Sieg über seinen ehemaligen Club bei und feierte in seinem 300. Pflichtspiel für den FC Bayern ein gelungenes Jubiläum. Seit seinem Wechsel 2014 aus Dortmund nach München traf er in 22 Pflichtspielen gegen den BVB zum 19. Mal. Zwei weitere Tore des Polen wurden aufgrund knapper Abseitsstellung vom Kölner Videokeller aberkannt. Das verhinderte, dass Lewandowski seinen eingestellten Vorjahresrekord mit elf Toren nach sieben Bundesligaspielen übertraf.

Neben dem FC Bayern durften sich auch die vielen TV-Zuschauer als Sieger fühlen. „Das Spiel war sensationell gut“, schwärmte Flick. Sky-Experte Lothar Matthäus fand ähnlich euphorische Worte: „Wir haben Werbung für den deutschen Fußball gesehen. Das tut der Bundesliga gut. Es war ein Topspiel auf höchstem Niveau.“

Dieses Lob spendete der Borussia nur bedingt Trost. Das Warten auf den ersten Sieg über die Bayern seit 2018 geht weiter. Immerhin dürfte dem Team diesmal eine Debatte über fehlende Mentalität erspart bleiben. Schließlich leistete die Favre-Elf lange Zeit sehenswerte Gegenwehr und durfte nach dem Treffer von Haaland (83.) zum 2:3 noch auf ein Remis hoffen. Abwehrspieler Manuel Akanji sprach seinen Mitstreitern Mut zu: „Wir haben gesehen, dass wir mithalten können. Das kann man positiv mitnehmen. Es ist ja erst der siebte Spieltag.“

© dpa-infocom, dpa:201108-99-255505/5