Große Namen, hohe Ziele, alte Bekannte

Auf den Handball-Drittligisten Oppenweiler/Backnang wartet in der Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga eine Deutschlandreise mit attraktiven Gegnern. Schwaben nehmen im illustren Feld mit einem früheren Europapokalsieger eher die Außenseiterrolle ein.

Große Namen, hohe Ziele, alte Bekannte

Treffen in der Aufstiegsrunde vermutlich wieder aufeinander: HCOB-Akteur Felix Raff (beim Wurf) und Horkheims Hendrik Bohnenstengel. Es wäre das 46. Pflichtspiel zwischen beiden Vereinen. Mit keinem anderen Klub haben sich die Handballer aus dem Murrtal öfter duelliert. Foto: T. Sellmaier

Von Alexander Hornauer

Ein früherer Europapokalsieger, ein Klub mit „strategischen Zielen“, der Cousin von Jakub Strýc und der Trainer, der die „schnelle Mitte“ zur Perfektion entwickelte – die Aufstiegsrunde zur zweiten Handball-Bundesliga bringt hochattraktive Teams und Themen zusammen. Viele Traditionsvereine, aber auch aufstrebende Vereine, die neu im Leistungshandball sind. Eine Deutschlandreise zu den 13 Gegnern des HC Oppenweiler/Backnang aus sieben Bundesländer.

HC Empor Rostock (Mecklenburg-Vorpommern): Der HC Empor war der erfolgreichste Handballverein der früheren DDR. In den 80ern war Rostock europä-ische Spitze. Nach der Wiedervereinigung spielte das Team von der Ostsee zunächst in der Bundesliga, anschließend lange in Liga zwei. 2017 ging es in die Dritte Liga. Seither kämpft der HC Empor um die Rückkehr in den Bundesliga. Vor zwei Jahren fehlte gegen die HSG Krefeld eine Sekunde zum Wiederaufstieg. Vergangene Runde zog Rostock im Vergleich mit dem Dessau-Roßlauer HV wegen des minimal schlechteren Quotienten den Kürzeren. Nun soll die Rückkehr in die zweite Liga gelingen. In den ersten fünf Spielen im Herbst setzte sich Rostock mit fünf Erfolgen an die Tabellenspitze.

1. VfL Potsdam (Brandenburg): Der 1990 gegründete VfL hat sich im Großraum Berlin als Nummer zwei hinter den international tätigen Füchsen etabliert. Beide Klubs arbeiten eng zusammen, ein Zweitliga-Aufstieg gilt als „strategisches Ziel“. Mit Kevin Struck wechselte ein gestandener Bundesliga-Spieler zu dieser Saison von Berlin nach Potsdam. Auch sonst finden sich namhafte Akteure im Kader, der dennoch ein niedriges Durchschnittsalter aufweist. In der Vergangenheit landete Potsdam im Norden meist im vorderen Mittelfeld. Diese Runde setzte der Klub mit vier Siegen in den ersten fünf Partien früh ein Ausrufezeichen.

TuS Vinnhorst (Niedersachsen): Das Team aus dem Stadtteil Hannovers spielte 2016 noch Landesliga. Auch die Dritte Liga soll für Vinnhorst nicht Endstation sein. Im Turnen ist der TuS schon erstklassig. Unlängst wurde das neue vereinseigene Sportzentrum eröffnet. Die Handballer können sich auf eine moderne Arena für 1000 Zuschauer freuen. Trainiert wird die Mannschaft dort von Weltstar Davor Dominikovic. Der Kroate war als Spieler Weltmeister und Olympiasieger. Seit dem Sommer 2020 ist er Coach in Vinnhorst. Vergangene Runde wurde der Verein als Aufsteiger direkt Dritter in der Nord-West-Staffel. Von den fünf Spielen dieser Runde gewannen die Niedersachsen vier.

MTV Braunschweig (Niedersachsen): Der MTV ist seit rund 40 Jahren im Leistungshandball unterwegs. In den 80ern spielte Branschweig in der zweiten Liga, anschließend meist in der Regional- oder Oberliga. Vergangenes Jahr gelang als verlustpunktfreier Meister der Oberliga Niedersachsen die umgehende Rückkehr in die Dritte Liga. Zum Spitzenspiel gegen Vorsfelde kamen 5021 Besucher. Trainer des Teams ist Volker Mudrow, der den TBV Lemgo einst dank konsequenter Anwendung der schnellen Mitte zum Deutschen Meister machte. Der MTV ist sein Heimatverein. Mit dem wurfgewaltigen Marc Godon trägt ein ehemaliger HCOB-Spieler das Trikot des Klubs.

HC Eintracht Hildesheim (Niedersachsen): Die Eintracht spielte jahrzehntelang vor allem in der zweiten Liga. Mehrmals schaffte sie den Sprung in Liga eins, konnte sich dort aber nie etablieren. Seit 2015 ist – mit einer kurzen Ausnahme – die Dritte Liga die Hildesheimer Heimat. Vergangene Runde fehlten einige Punkte auf die Topteams Dessau und Rostock. Zu Beginn dieser Saison setzte der HC mit fünf Siegen in fünf Spielen aber ein Ausrufezeichen. HCOB-Handballer Jakub Strýc hat von 2016 bis 2017 für Hildesheim gespielt, stieg mit dem Klub nach einem Sieg im Aufstiegsduell gegen den TSB Horkheim in die zweite Liga auf. Sein Cousin Jakub Tonar trägt aktuell das Trikot der Niedersachsen.

VfL Eintracht Hagen (Nordrhein-Westfalen): Der Verein aus dem Ruhrgebiet war meist in der Regionalliga, der Zweiten Bundesliga oder der Dritten Liga vertreten. In den letzten Jahren spielte die Eintracht in Liga drei vorne oder eine Klasse höher hinten mit. Vergangene Saison scheiterte Hagen an Wilhelmshaven. Diese Runde unterstrich der VfL seine Favoritenstellung in der Staffel Nord-West mit drei Auftaktsiegen. Ihre Heimspiele trägt die Eintracht in der Krollmann-Arena aus, die als Ischelandhalle im Basketball beinahe Legendenstatus genießt.

HSG Krefeld (Nordrhein-Westfalen): Die HSG wurde 2013 als Spielgemeinschaft der Vereine DJK SV Adler Königshof und SC Bayer 05 Uerdingen gebildet. Ziel war, an der Spitze der Dritten Liga mitzuspielen. Das gelang und fand mit dem Aufstieg 2019 den vorläufigen Höhepunkt. Im Vorjahr war Krefeld einziger Zweitligaabsteiger. Er hatte – da sportlich abgeschlagen – keine Zweitligalizenz beantragt. Nun will die HSG, das seine Heimspiele im benachbarten Moers austrägt, wieder hoch. Deshalb war man zuletzt sehr aktiv und verstärkte sich mit Spielern aus Kroatien und den Niederlanden.

TuS Spenge (Nordrhein-Westfalen): Die Ostwestfalen haben eine lange Handballtradition, spielte Spenge doch schon immer in höheren Ligen. Häufig in der damaligen Regionalliga West. In der jüngeren Vergangenheit hat der TuS sieben Zweitligajahre absolviert (2001 bis 2008). Zwischendurch musste sich die Fans allerdings auch mit der Oberliga zufrieden geben. Mit dem Gewinn des Deutschen Amateurpokals in den Jahren 2017 und 2018 feierte das Team aus der Bielefelder Ecke bundesweite Erfolge. 2018 stieg der TuS zudem in die Dritte Liga auf. Dort etablierte er sich im Vorderfeld. Mit drei Siegen aus den ersten drei Spielen gelang der Start in diese Runde durchaus.

HSG Hanau (Hessen): Die HSG wurde 2009 aus den Stammvereinen TS Steinheim und TV Kesselstadt gebildet. Sie startete in der Landesliga, schaffte drei Jahre später den Aufstieg in die Hessenliga und feierte 2016 den Aufstieg in die Dritte Liga. Dort etablierte sich Hanau im Vorderfeld der Staffeln Ost beziehungsweise Mitte. In der abgelaufenen Runde bestritten die Hessen nur zwei Spiele, ein Sieg, eine Niederlage. Die Aufstiegsrunde will das Team aus dem Main-Kinzig-Kreis vorrangig nutzen, um sportliche und organisatorische Erfahrungen zu sammeln, damit es mittelfristig in die zweite Liga hoch gehen kann.

TuS 04 Dansenberg (Rheinland-Pfalz): Die Pfälzer spielten einst einige Zeit in der zweiten Liga. Dann folgten dürre Jahre, ehe es zuletzt wieder steil bergauf ging. 2017 war die Dritte Liga erreicht, diese Runde zählte der TuS in der Staffel Mitte zu den Aufstiegskandidaten. Das Team ist auf allen Positionen hinweg gut besetzt, der langjährige Bundesligatorwart Kevin Klier ist der große Rückhalt. Zur Aufstiegsrunde verstärkt U-21-Nationalspieler Luis Foege vom TVB Stuttgart das Team aus Kaiserslauterns. In Bittenfeld war der Rückraumspieler vor allem in der Zweiten aktiv. Der HCOB und Dansenberg kennen sich gut, lieferten sich in den vergangenen drei Runden einige recht nervenaufreibende Duelle.

TSB Horkheim (Baden-Württemberg): Der TSB ist Erster in der Ewigen Tabelle der Dritten Liga – bundesweit. Seit elf Jahren spielt Horkheim mindestens im vorderen Drittel der Südstaffel mit, zeitweise ganz vorne. In den Neunzigern gab das Team aus dem Heilbronner Süden ein kurzes Gastspiel in Liga zwei. Dort soll es wieder hingehen, vielleicht schon dieses Jahr. Unter anderem mit Schlussmann Sven Grathwohl, der auch beim HCOB bereits zwei Jahre lang das Tor hütete. Ein mögliches Duell in der Aufstiegsrunde wäre bereits das 46. Pflichtspiel beider Mannschaften gegeneinander. Mit keinem anderen Klub haben sich die Handballer aus dem Murrtal öfter gemessen.

VfL Pfullingen (Baden-Württemberg): Der Stern des VfL ging in den 80er Jahren auf. Der Verein spielte 21 Jahre in den Bundesligen. Dann reichte es wirtschaftlich nicht mehr. Seit 2015 spielt Pfullingen wenigstens wieder in der Dritten Liga und zählt dort zu den Topteams. In der Vorsaison wurde der VfL Vizemeister. Diese Runde zählte der ehemalige Erstligist zu den Titelkandidaten. Allerdings misslang der Start. Nach dem Coronaabbruch ist das aber ein Muster ohne Wert. Trainer ist Daniel Brack, der mit einem Zweitligaaufstieg in die Fußstapfen seines Vaters Rolf treten könnte.

TV 08 Willstätt (Baden-Württemberg): Der Klub aus der Offenburger Ecke marschierte in den 90ern in die Bundesliga durch und hielt sich dort einige Jahre. Dann reichten die finanziellen Kapazitäten nicht mehr. Die Bildung einer großen Spielgemeinschaft in der handballverrückten Region Ortenau brachte nicht den erhofften Erfolg. Willstätt startete neu durch und spielt seit 2018 in der Dritten Liga. Die ersten zwei Jahre prägte der Abstiegskampf. 2019 setzte sich der TVW in Entscheidungsspielen gegen Neuhausen/Filder durch. Vergangene Saison half der Saisonabbruch den abstiegsgefährdeten Badenern. Beim Neustart in diese Runde lief’s besser. In den ersten vier Begegnungen gab es 7:1 Punkte.

Mitte April geht’s los.

Es ist fast so gut wie sicher. Am Wochenende 10./11. April geht es los mit der Aufstiegsrunde der Drittliga-Handballer. Gekämpft wird dabei um zwei Tickets, in die Zweite Bundesliga. Gespielt wird in zwei Siebenergruppen. Mit dabei der HC Oppenweiler/Backnang, der eine von vier baden-württembergischen Vertretern ist.

Am Montagabend tagten die 14 Mannschaften, die sich für die Aufstiegsrunde angemeldet haben. Die spannendste Frage: Nach welchem Modus werden die beiden Aufsteiger zur Zweiten Liga nun ermittelt. Um dafür die Antwort zu finden, die von der Mehrheit der Klubs favorisiert wird, bindet die Spielkommission des Deutschen Handball-Bundes die beteiligten Vereine basisdemokratisch ein.

Zwei Varianten wurden vom DHB den Klubs vorgestellt. Bei beiden werden zwei Gruppen mit jeweils sieben Teams gebildet. Alternative eins sieht vor, dass bundesweit gelost wird, dann spielt jeder mit Heim- und Auswärtspartie gegeneinander. Die Gruppensieger steigen auf. Alle Teams haben gleichviele Spiele, nämlich 12 an 14 Spieltagen. Alternative zwei sieht vor, dass zwei regionale Gruppen gebildet werden und jedes Team einmal gegen jeden Gegner antritt. So kommt jeder Club auf drei Heim- und drei Auswärtsspiele. Die vier Bestplatzierten der beiden Gruppen treten dann zu Überkreuzspielen an und ermitteln die beiden Aufsteiger.

Welche Variante zum Tragen kommt, wird nun noch in einer zusätzlichen Umfrage unter den beteiligten Vereinen ermittelt. Auch die Feinheiten, wie Überkreuzspiele aussehen könnten (Hin- und Rückspiel, Best of Three) werden dabei abgefragt. Mit einem Ergebnis ist zeitnah zu rechnen.

Beim HC Oppenweiler/Backnang gibt es eine klare Tendenz zu Variante zwei – weil sie aus sportlichen Gesichtspunkten am ehesten sicherstellt, dass am Ende der Serie wirklich die zwei besten Mannschaften aufsteigen. Bei Variante eins könnte das Lospech dazu führen, dass die Besten in einer Gruppe antreten müssen. Diese Mannschaften hätten dann allerdings keine Gelegenheit mehr, dieses Manko in Überkreuzspielen auszuräumen.