„Happy birthday dear Alex“: US-Party auch ohne Rapinoe

dpa Lyon. Dem Rätselraten über das Fehlen von US-Star Megan Rapinoe folgt der 2:1-Sieg im Halbfinale gegen England. Geburtstagskind Alex Morgan wird als Matchwinnerin gefeiert. Im WM-Finale am Sonntag in Lyon soll Rapinoe wieder fit sein und helfen, den vierten Titel zu holen.

„Happy birthday dear Alex“: US-Party auch ohne Rapinoe

Die Spielerinnen aus den USA freuen sich: Das Halbfinale gegen England wurde 2:1 gewonnen. Foto: Sebastian Gollnow

Noch auf dem Rasen singen die US-Fußballerinnen ihrer Matchwinnerin ein Geburtstagsständchen. „Happy birthday dear Alex“, tönt es aus vielen Kehlen.

Die am Halbfinaltag 30 Jahre alt gewordene Starangreiferin Alex Morgan setzt ihr schönstes Lächeln auf, während die Teamkolleginnen ausgelassen um sie herumtanzen, klatschen und den Finaleinzug feiern. FIFA-Präsident Gianni Infantino bringt Morgan nach der Partie sogar persönlich ein Stück Geburtstagskuchen.

Kein Hollywood-Regisseur hätte den Dienstagabend in Lyon schöner für die Weltmeisterinnen in Szene setzen können. Am 7. Juli (17.00 Uhr) im Finale in Lyon wollen sie ihren Titel erfolgreich verteidigen und den vierten WM-Coup perfekt machen. „Wir haben im gesamten Turnier gezeigt, dass wir eine Einheit sind. Dieser Moment ist unglaublich“, schwärmte Morgan, die nach Toren von Christen Press (10. Minute) und dem zwischenzeitlichen 1:1 von Ellen White (19.) in der 31. Minute das Siegtor zum 2:1-Triumph gegen England markierte. White und Morgan haben nun jeweils sechs Turniertreffer erzielt und kämpfen mit ihrer Teamkollegin Megan Rapinoe (5) um die Krone der besten WM-Torjägerin.

Für Aufsehen sorgte Morgan mit ihrer Jubelgeste nach dem Siegtreffer. Sie führte die Hand mit abgespreiztem kleinen Finger zum Mund, so als trinke sie aus einer Tasse. Die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton gratulierte dazu, dass sich das Team „diesen Tee verdient“ habe. Die englische „Daily Mail“ mutmaßte, Morgan habe den Gegner aus dem Land der Tee-Liebhaber damit verspottet.

Neben Alexandra Morgan Carrasco, wie die Stürmerin von Orlando Pride mit vollem Namen heißt, wurde eine weitere Spielerin zur Heldin in diesem denkwürdigen Halbfinale vor 53 512 begeisterten Fans. US-Torhüterin Alyssa Naeher parierte in der 84. Minute einen von Englands Spielführerin Steph Houghton geschossenen Foulelfmeter und verhinderte so eine mögliche Verlängerung oder gar einen Elfmeterkrimi. „Ich habe ihr gesagt: Das war dein Glanzmoment“, erklärte Trainerin Jill Ellis stolz.

Erst nachdem die fünfte Endspiel-Teilnahme ihres Teams bei einer Frauen-WM feststand, lüftete die 52-Jährige das bis zum erlösenden Schlusspfiff gehütete Geheimnis. Warum saß US-Star Megan Rapinoe nur auf der Bank? Dass die rebellische Frontfrau, die am 5. Juli 34 Jahre alt wird, in der Startelf fehlte und sich nicht einmal mit ihren Teamkolleginnen aufwärmte, hatte für helle Aufregung und wilde Spekulationen gesorgt. Die Auflösung war dann simpel. Rapinoe hatte leichte Oberschenkelprobleme, und Ellis wollte mit Blick auf das siebte Turnierspiel kein Risiko eingehen.

Zudem stand in der schnellen und defensiv sogar stärkeren Press für die linke Offensivseite ein ebenbürtigen Ersatz parat, was sich bereits nach zehn Minuten zeigte. Da entwischte die 31-Jährige von den Utah Royals der weltbesten Rechtsverteidigerin Lucy Bronze und köpfte ihr Team zur Führung. „Wir haben eine ausgeglichene Bank und fantastische Alternativen“, sagte Ellis. Für ein Elfmeterschießen wäre Rapinoe sogar „eine Option“ gewesen, meinte sie weiter: „Zum Glück kam es dazu ja nicht.“

Englands Trainer Phil Neville machte seiner Mannschaft nach dem besten WM-Spiel in Frankreich, in dem die Three Lionesses Moral bewiesen und den USA einen harten Kampf lieferten, keinen Vorwurf. „Ich will keine Tränen sehen, sondern ein Lächeln. Wir haben verloren. Aber die Art und Weise, wie wir verloren haben, war genau das, was ich sehen wollte. Die Spielerinnen haben bis zum Schluss alles gegeben“, lobte der Ex-Nationalspieler von Manchester United.

Das Spiel um Platz drei am 6. Juli (17.00 Uhr) in Nizza soll mehr als ein Trostpflaster sein. Schließlich können die Engländerinnen ja noch Bronze gewinnen, wie bei der WM vor vier Jahren in Kanada, als sie die DFB-Auswahl im kleinen Finale bezwangen. Neville: „Sobald die erste Enttäuschung verflogen war, habe ich gedacht: Wie können wir am Samstag gewinnen?“