Kleine Schritte auf dem Weg zum Alltag

Topsportlerinnen wie Katharina Menz und Emelie Petz dürfen unter Auflagen wieder trainieren

Kleine Schritte auf dem Weg zum Alltag

Darf in Stuttgart einmal pro Tag an den Geräten zupacken: Turnerin Emelie Petz. Foto: STB

Von Uwe Flegel

Für Emelie Petz ist es „ein erster Schritt hin zum Alltag“. Von Normalität sind die 17-jährige Spitzenturnerin und auch alle anderen Bundeskaderathleten im Ländle noch weit entfernt, obwohl eine Verordnung der Landesregierung ihnen das Training wieder erlaubt. Dabei gilt allerdings die Vorgabe, dass maximaler Gesundheitsschutz gewährleistet sein muss.

Für die Backnanger Judoka Katharina Menz bedeutet das eine sehr große Einschränkung. In einer Kampfsportart wie Judo geht es nicht ohne Kontakt. Für die sechsmalige deutsche Meisterin bedeutet das, dass auf der Matte weiterhin nicht viel geht. Dafür kann sie aber wenigstens wieder den Kraftraum am Olympiastützpunkt nutzen. „Die Lockerung der Auflagen ist auf jeden Fall besser, nun läuft alles ein Stück weit professioneller ab“, erzählt die 29-Jährige. Zuvor hatte sie sich vor allem in den eigenen vier Wänden mit Übungen und Krafttraining fit halten können. „Bevor die Trainingsstätten geschlossen wurden, habe ich den Kraftraum noch ein bisschen geplündert“, erzählt Katharina Menz schmunzelnd. Hanteln, Bänder und solche Dinge wanderten ins heimische Wohnzimmer, das zur Mini-Muckibude umgewandelt wurde. Denn trotz Coronakrise hat Menz ihren großen Traum nicht aus den Augen verloren: die Olympischen Spiele in Tokio, für die sich Deutschlands beste Leichtgewichtskämpferin bekanntlich bereits qualifiziert hatte. Ein Ziel, an dem sich nichts geändert hat, obwohl das weltweit größte und wichtigste Sportereignis bekanntlich aufs nächste Jahr verschoben wurde. Für Katharina Menz ist die Verlegung angesichts der weiterhin eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten nicht unbedingt ein Nachteil, schließlich „war klar, dass es nicht gleich wieder von null auf hundert geht“. Auch weil noch überhaupt nicht absehbar ist, wann Wettkämpfe wieder möglich sind. Denn spätestens dort kommt es zum Kontakt.

Im Vergleich zu den Judokas sind Turnerinnen wie Emelie Petz deshalb deutlich dichter dran am vollen Trainingsprogramm. Dabei gibt’s auch für die in Allmersbach lebende TSG-Turnerin einige Einschränkungen. Statt zwei-, dreimal „können wir derzeit nur einmal pro Tag in die Halle“. Grund dafür ist, dass maximal fünf Personen gleichzeitig im Raum sein dürfen. Das bedeutet, dass am frühen Morgen die Trampolinturner trainieren, danach die Kunstturner. Die sind zusätzlich in eine Frauen- und eine Männergruppe aufgeteilt. „Wir wechseln uns ab. Mal sind wir am Morgen in der Halle und die Männer am Nachmittag, dann wieder umgekehrt“, berichtet Emelie Petz, die die begrenzten Möglichkeiten in Stuttgart trotzdem gerne in Kauf nimmt. Schließlich darf sie wieder an die Geräte und damit richtig turnen. Wobei eine sogenannte Hilfestellung durch die Trainerinnen aufgrund des Kontaktverbots nicht erlaubt ist. Eine Einschränkung, die für die WM-Teilnehmerin noch zweitrangig ist: „Normales Training ist es noch nicht, aber ich bin glücklich, wieder in der Halle stehen zu können.“ Wobei ihre Übungseinheiten dort nur ein Teil ihres Programms sind: „Krafttraining mache ich weitgehend zu Hause weiter, da ich die Zeit in der Halle komplett für die Geräte nutzen möchte.“ Bis zur Rückkehr zum Alltag dauert es eben halt doch noch ein klein wenig.

Kleine Schritte auf dem Weg zum Alltag

Judoka Katharina Menz ist gottfroh, sich im Kraftraum wieder schinden zu dürfen. Foto: privat

Info

Zu den Sportlern, die wieder einen Teil des Trainingsprogramms absolvieren dürfen, zählen auch Kunstradfahrer des RSV Unterweissach. Die Gemeindeverwaltung um Bürgermeister Ian Schölzel hat dem Frauen-Zweier Lara Schneider/Tanja Österle erlaubt, dreimal pro Woche in der Bize-Halle üben zu dürfen.

Beachvolleyballer Yannick Harms muss sich dagegen noch gedulden. „In Hamburg ist noch alles dicht“, berichtet der dort am Bundesstützpunkt heimische 26-Jährige. Er hofft, dass der Senat der Hansestadt die Regelungen nächste Woche lockert. Bis dahin heißt es, daheim zu trainieren: „Ich konnte zu Hause gute und viele Stabilitätsübungen machen. Körperlich bin ich jedenfalls gut in Schuss, wäre aber gottfroh, wenn ich mal wieder einen Ball richtig in die Hand nehmen könnte.“