Nach Tod von Christoph Schweiger

Kletterer unter Schock – Saisonstart nach Schicksalsschlag

Das Team der deutschen Sportkletterer startet in eine bedeutungsvolle Saison. Und doch stehen Ergebnisse erst einmal überhaupt nicht im Vordergrund. Zu groß ist die Trauer über den Tod eines Teamkollegen.

Kletterer unter Schock – Saisonstart nach Schicksalsschlag

Christoph Schweiger gehörte zu den besten deutschen Sportkletterern.

Von Dirk Preiß

Natürlich hatten sie sich beim Deutschen Alpenverein (DAV) den Auftakt in die Weltcup-Saison ganz und gar anders vorgestellt. Positiv, zuversichtlich, voller Hoffnungen – auf sportliche Erfolge, aber auch im Hinblick auf den Schwung, den die Sportart Klettern im vergangenen Jahr bekommen hat. Bei den European Championchips in München, der Multisport-EM, war die Kletterwand ein echter Zuschauermagnet – und die deutschen Athletinnen und Athleten plötzlich im Fokus der Öffentlichkeit.

Im japanischen Hachioji steht am Wochenende nun der erste Weltcup im Bouldern an. Doch über mögliche Ergebnisse redet derzeit niemand mehr beim DAV. „Erfolg“, sagt der Sportdirektor Martin Veith, „muss in den ersten Wettkämpfen der Saison anders definiert werden als über Ergebnislisten.“ Denn: Der Schock sitzt noch immer tief.

„Wir sind unbeschreiblich traurig, und ich finde kaum Worte, die all die Gefühle in mir beschreiben könnten“, sagt Hannah Meul, die bei der EM im vergangenen Jahr zum Gesicht des deutschen Klettersports wurde. Denn wenn das DAV-Team in Japan auf der Matte steht, fehlt ein wichtiger Teil: nicht für diesen Wettkampf, nicht für diese Saison, sondern für immer.

Christoph Schweiger, seit Jahren Mitglied des Nationalkaders, ist am Osterwochenende bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen – mit gerade einmal 21 Jahren. „Die letzten Tage“, sagt nun Martin Veith, „waren schwer – für das ganze Team.“

„Sehr stark, sehr fleißig, immer positiv“

Auch Christoph Schweiger war im vergangenen Jahr Teil des Teams, das in München begeistert und den Klettersport populärer gemacht hat. Der Boulder-Spezialist qualifizierte sich damals für die Halbfinalwettkämpfe, wurde am Ende Achter. In diesem Jahr hätte wohl auch der Ingolstädter um starke Ergebnisse bei der WM in Bern, bei den Deutschen Meisterschaften – er holte 2020 schon einmal DM-Silber – und beim europäischen Qualifikationsturnier für Olympia 2024 gekämpft. „Christoph war ein Athlet, wie man ihn sich nur wünschen kann. Sehr stark und sehr fleißig“, beschreibt ihn sein Trainer Ingo Filzwieser. Und: „Er hatte immer eine positive Ausstrahlung und war ein liebenswürdiger Mensch.“

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So beschreibt ihn auch der Sportdirektor Martin Veith: „Chri war ein äußerst beliebter Teil der Mannschaft, der mit allen Qualitäten, die ihn als Mensch auszeichneten, fehlen wird. Es fällt uns schwer, jetzt den Schalter umzulegen und an Wettkämpfe zu denken.“ Auch Hannah Meul bestätigt, es fühle sich „nicht richtig an, ohne Chri nach Japan zu reisen“. Die Kölnerin hat sich aber auf den Weg gemacht – und will auch einen Weg finden, dem Sport und der Trauer gerecht zu werden. Indem sie beides miteinander verbindet.

„Ich widme mein Klettern auf den nächsten Weltcups Chri“, sagt sie – und ergänzt mit emotionalen Worten: „Die Liebe zu unserem unheimlich tollen Sport, ist etwas, was wir alle teilen. Eine Liebe kann nicht sterben, und in diesem Sinne werde ich mit der größten Hingabe und Leidenschaft, die auch Chri jedes Mal, wenn er an der Wand war, verkörpert hat, an den Start gehen.“ Dem ganzen Team werde der Verstorbene Kraft geben, ist sich die 22-Jährige sicher, „wir werden ihn mit uns tragen, wo auch immer wir klettern“.

Olympische Spiele im kommenden Jahr in Paris

Die Saison der Sportkletterer hat vor allem wegen der beginnenden Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele im kommenden Jahr in Paris einen besonderen Stellenwert. „Wir waren im Jahr 2022 sehr erfolgreich, und natürlich wünschen wir uns, an diese sehr guten Leistungen in diesem Jahr anzuknüpfen“, sagt Martin Veith.

Erste Station ist nun Japan – wo Christoph Schweiger im vergangenen Herbst seinen letzten internationalen Auftritt hatte.