Nationalmannschaft

Leroy Sané erhält eine klare Ansage des Bundestrainers

Der Außenstürmer polarisiert seit Jahren. Jetzt bekommt er von Julian Nagelsmann in der WM-Qualifikation womöglich seine letzte Chance, auf der großen Bühne zu glänzen.

Leroy Sané erhält eine klare Ansage des Bundestrainers

Der Stürmer Leroy Sané will in der Nationalmannschaft seine Chance ergreifen.

Von Carlos Ubina

An seinen fußballerischen Fähigkeiten liegt es sicher nicht. Denn Leroy Sané ist mit außergewöhnlichem Bewegungstalent und reichlich Ballgefühl gesegnet. Dazu verfügt er über viel Tempo, weshalb Manchester City für den damals 20-Jährigen 2016 bereits mehr als 50 Millionen Euro an Ablösesumme an den FC Schalke 04 bezahlt hat. In Englands Premier League glänzte der Flügelstürmer anfangs auch und wurde zum besten Nachwuchsprofi gekürt. Die Fußballwelt schien ihm offen zu stehen.

Doch Sané ist nicht durch das große Tor hindurchgeschritten, er ist mit seiner Begabung ein Mysterium geblieben. Bei ihm wissen Trainer und Publikum nie, was sie bekommen. Beeindruckende Dribblings oder lethargische Auftritte. „Er ist ein Spieler, der grundsätzlich alles kann“, sagt Julian Nagelsmann, „er muss nur alles bringen. Und da kann ihm keiner helfen.“

Kommt Leroy Sané diesmal in Schwung?

Damit hat der Bundestrainer vor den WM-Qualifikationsspielen der deutschen Nationalmannschaft am Freitag (20.45 Uhr/RTL) in Luxemburg und am folgenden Montag (20.45 Uhr/ZDF) in Leipzig gegen die Slowakei das grundlegende Problem benannt. Es ist nie klar, ob Sané Lust auf die nächste Partie hat, ob er bereit ist, am mannschaftlichen Verteidigen teilzunehmen, und ob er seine individuelle Klasse gewinnbringend ausspielen mag. Das polarisiert.

Wenn es so etwas gibt, dann ist Sané das Gegenteil eines Mentalitätsmonsters. An einem Sinneswandel haben sich dabei bereits mehrere Fußballlehrer abgearbeitet. Dennoch hat Nagelsmann den 29-Jährigen wieder in den A-Kader des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) berufen, nachdem er ihn zuletzt zweimal nicht eingeladen hatte. Mit dem Hinweis, nach seinem Wechsel vom FC Bayern München zu Galatasaray Istanbul erst einmal in der türkischen Süper Lig und der Champions League zu überzeugen – auch mit Toren und Vorlagen. Im Originalton lautete die Botschaft: „Leroy spielt jetzt in einer Liga, die einen Tick schlechter ist als die Bundesliga. Er muss mehr auffallen.“

Nun gesteht der Bundestrainer ein, dass Sané die gewünschte Quote bisher „nicht zu hundert Prozent“ erreicht habe. Drei Treffer und drei Torvorbereitungen stehen nach zwölf Pflichtpartien zu Buche. Eine ausbaufähige Bilanz, die Nagelsmann jedoch nicht davon abgehalten hat, den Stürmerstar wieder im DFB-Kreis aufzunehmen, mangels Alternativen auf der Außenbahn. „Wenn wir auf der Position sechs, sieben Spieler zur Auswahl hätten, hätte er es deutlich schwerer“, sagt der Bundestrainer.

Sané benötigt bei seiner Rückkehr auf Bewährung allerdings eine neue Leichtigkeit, um vorwärts zu kommen. Auf dem Rasen und nicht auf dem Laufsteg, wie während seiner Ankunft im noblen Wolfsburger Teamquartier. Einmal mehr erschien der Angreifer nach der verordneten Zwangspause als modisch schillernde Figur mit Luxustasche. Doch jetzt gilt es, sportliche Akzente zu setzen. „Leroy weiß, was gefragt ist, und er weiß auch, dass es nicht mehr unzählige Chancen gibt, sich auf der Nationalmannschaftsebene, zumindest unter meiner Führung, zu beweisen“, sagt Nagelsmann.

Klare Ansage des Bundestrainers

Das ist eine klare Ansage. Schonungslos in der Öffentlichkeit formuliert, wie der Bundestrainer erklärt, weil er genauso deutlich mit Sané im Vorfeld gesprochen habe. Das entspricht Nagelsmanns Mannschaftsführung, weil er konsequent kommuniziert und den Nationalspielern eindeutige Rollen im Team zuweist. Wer sich nicht einfügt oder den Ansprüchen nicht genügt, kann schnell wieder weg sein. Einerseits. Andererseits weiß Nagelsmann jedoch nicht, ob seine Denkzettel-Taktik bei Sané aufgeht.

Beide kennen sich noch aus gemeinsamen Münchner Clubzeiten. Und Sané hat sich, wenn überhaupt, diplomatisch zu seiner Situation in der DFB-Auswahl geäußert. Der 70-fache Nationalspieler (14 Tore) lobt sein Verhältnis zum Bundestrainer und erklärt die WM im nächsten Jahr zum Ziel. Es ist die vielleicht letzte Chance auf der größten Fußballbühne, die es gibt, so zu glänzen wie seine Brillantohrringe.