Löw nominiert Neulinge Uduokhai und Max - Reus nicht dabei

Von Von Jens Mende und Klaus Bergmann, dpa

dpa Berlin. Abgewertete Länderspiele, B-Kader, dazu in letzter Minute verspielte Siege: Die Kritik an Joachim Löw war zuletzt laut. Der Bundestrainer hält in der Corona-Krise aber an seiner Strategie konsequent fest. Die sportlichen Erfolge sind für ihn nicht das Allerwichtigste.

Löw nominiert Neulinge Uduokhai und Max - Reus nicht dabei

Wurde erstmals von Bundestrainer Joachim Löw nominiert: Der Augsburger Felix Uduokhai. Foto: Stefan Puchner/dpa

Der zuletzt heftig kritisierte Joachim Löw weicht von seinem Kurs auch zum Abschluss des extrem schwierigen Corona-Jahres 2020 keinen Millimeter ab.

Für die letzten drei Länderspiele holt der Bundestrainer in Felix Uduokhai und Philipp Max zwei Neulinge ohne besondere internationale Erfahrung in seinen 29-köpfigen XXL-Kader. Und acht Stammkräfte um Kapitän Manuel Neuer und Real-Madrid-Star Toni Kroos reisen in der kommenden Woche erst als Nachzügler zu den beiden Nations-League-Spielen gegen die Ukraine und in Spanien an.

Die Partie am kommenden Mittwoch in Leipzig gegen Tschechien erklärte Löw erneut zum Testlauf für Perspektivspieler und Akteure aus der zweiten Reihe. Genau für diese Strategie war der Weltmeistercoach von 2014 im Oktober von mehreren Ex-Nationalspielern kritisiert worden. Auch viele Fans schalteten den Fernseher nicht mehr ein. Der sportliche Erfolg war bescheiden, gleich mehrmals wurde in den vergangenen Länderspielen in letzter Minute ein Erfolg verspielt.

„Ich kann die Kritik nachvollziehen. Aber ich muss Entscheidungen treffen, und dies tue ich immer auch auf Basis meiner Überzeugung“, betonte Löw am Freitag. Im kommenden Sommer kommt für den 60-Jährigen das Event, an dem er sich messen lässt. „Bei der EM brauchen wir Spieler, die nach einer langen Saison frisch sind und heiß auf den Erfolg“, unterstrich Löw nochmals. Dazu kommen weiter die besonderen Herausforderungen in der sich wieder verschärfenden Corona-Lage.

Er sei in seiner Rolle als Bundestrainer „in einer ganz sensiblen Position, der ich mir bewusst bin und der ich gerecht werden will“, sagte Löw und räumte ein: „Vielleicht gelingt mir da auch nicht immer alles perfekt.“ Aber eine derartige Gesamtlage, „die uns alle so fordert, haben wir so ja auch noch nicht erlebt.“ Löw geht die neuen Aufgaben dennoch „mit großer Freude“ an, „denn wir haben immer noch die Chance, mit guten und erfolgreichen Spielen ein sportliches Ausrufezeichen zum Abschluss dieses schweren Jahres zu setzen“.

Mit Siegen am 14. November in Leipzig gegen die Ukraine und drei Tage später in Sevilla gegen Spanien kann das DFB-Team in der Nationenliga noch den Gruppensieg schaffen. Der würde zur Finalteilnahme im Oktober 2021 berechtigen und zugleich eine bessere Ausgangsposition für die anstehende WM-Qualifikation sichern.

Schon gegen die Tschechische Republik sollen der Augsburger Innenverteidiger Felix Uduokhai (23) und der im Sommer vom FCA zur PSV Eindhoven gewechselte Außenverteidiger Philipp Max (27) „Erfahrungen sammeln“, die für eine weitere Entwicklung wichtig seien, wie Löw anmerkte. Auch an Ersatzkräften wie Nico Schulz (BVB) hält Löw fest. Dagegen muss Marco Reus überraschend weiter auf seine DFB-Rückkehr warten, obwohl der 31 Jahre alte Offensivspieler bei Borussia Dortmund inzwischen wieder im Spielrhythmus ist.

Torwart Marc-André ter Stegen, der nach langer Verletzungspause beim FC Barcelona gerade sein Comeback gegeben hat, fehlt ebenfalls noch. Zudem stehen aus Verletzungs- und Corona-Gründen Niklas Süle, Kai Havertz, Lukas Klostermann, Julian Draxler, Emre Can und Suat Serdar nicht zur Verfügung. Die im Oktober nicht einsatzbereiten Leroy Sané, Ilkay Gündogan und Thilo Kehrer sind wieder dabei.

Erst nach dem Testspiel gegen Tschechien werden der Bayern-Block um Neuer, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Joshua Kimmich und Sané sowie Kroos, der Gladbacher Matthias Ginter und Timo Werner (FC Chelsea) zum Team stoßen. So will Löw die Belastung möglichst gut steuern.

Löw weiß um die Sensibilität der nächsten Auftritte vor allem auch angesichts weiterhin stark steigender Corona-Infektionszahlen, die in Deutschland erstmals die 20.000-Marke an einem Tag überschritten haben. „Die Sorge, gesund zu bleiben, steht über allem“, erklärte der Bundestrainer: „Das ist natürlich auch bei den Vereinen zu spüren, bei denen die Spieler unter Vertrag stehen und die sie bezahlen.“

Der DFB verschärft seine Corona-Schutzmaßnahmen nochmals. Die Zahl der Testungen wird erhöht. Das Team bleibt auch diesmal quasi in einer Blase, die Kontakte zur Außenwelt werden auf das Nötigste beschränkt. Damit soll auch sichergestellt werden, dass nach der Reise in das offizielle Corona-Risikogebiet Sevilla kein Spieler in Quarantäne muss. Der Teamcharter wird auf dem Rückweg von Spanien München und Düsseldorf anfliegen, damit sich die Reisewege zu den Heimatvereinen für einen Großteil der Profis verkürzen.

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