„Sehr ärgerlich“: Löw-Team gibt wieder Vorsprung her

Von Von Jens Mende, Arne Richter und Jan Mies, dpa

dpa Basel. Wieder den Sieg verspielt. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft führt auch gegen die Schweiz - bringt das Spiel aber nicht ins Ziel. Am Ende fehlt der Löw-Mannschaft auch die Kraft.

„Sehr ärgerlich“: Löw-Team gibt wieder Vorsprung her

Die deutsche Nationalmannschaft um Leroy Sané muss weiter auf einen Sieg in der Nations League warten. Foto: Christian Charisius/dpa

Joachim Löw nahm nachdenklich einen Schluck aus der Wasserflasche, wirkte enttäuscht - dann aber gab der Bundestrainer gleich wieder die Richtung vor.

„Im Oktober greifen wir richtig an“, sagte Löw nach dem enttäuschenden 1:1 (1:0) der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im kräftezehrenden zweiten Spiel der Nations League am Sonntag in Basel gegen die Schweiz. Trotz erneuter Führung hatte das DFB-Team wieder den Sieg aus der Hand gegeben und musste sich mit einem mageren Punkt begnügen - wie am Donnerstag gegen Spanien. Ilkay Gündogan (14. Minute) traf früh, doch Silvan Widmer (58.) glich nach der Pause für die Gastgeber zum am Ende sogar etwas glücklichen Endstand aus.

„Leider hat es nicht gereicht“, sagte Löw im ZDF. „Wir haben es einfach wieder versäumt, das 2:0 zu machen. Das hätte uns Sicherheit gegeben. Wir schaffen es nicht, aus den guten Möglichkeiten Kapital zu schlagen. Ich denke, das Unentschieden geht in Ordnung.“ Zwei Unentschieden in Folge seien „auf jeden Fall“ ärgerlich.

Der Bundestrainer und seine Nationalspieler warten damit in dem neuen Wettbewerb weiter auf den ersten Sieg und stehen in den Oktober-Spielen in der Ukraine und in Köln gegen die Schweiz bereits mächtig unter Druck - wie bei der Erstauflage droht sogar der Abstieg aus der A-Gruppe. „Ansätze waren gute da, aber natürlich wollen wir im Oktober gewinnen“, sagte Löw. Nach zwei Spieltagen ist Deutschland mit zwei Punkten Dritter vor der Schweiz und hinter Tabellenführer Spanien und der Ukraine.

„Es war leider ähnlich wie gegen Spanien, da können wir definitiv daran arbeiten, dass wir da mehr Lösungen haben und als Mannschaft mehr Selbstvertrauen“, sagte Toni Kroos. „Wenn sechs Punkte zu verteilen sind, und du nur zwei holst, ist das enttäuschend.“ Gündogan ergänzte: „Ich bin auch ein bisschen angepisst. Wir haben unnötig Bälle verloren. (...) Nach dem 1:1 ist es schwierig, uns fehlen die Lösungen, wir werden immer müder. Insgesamt ist es sehr ärgerlich, und es geht mir ein bisschen auf den Sack.“

Löw rief schon zu Beginn immer wieder Anweisungen auf das Feld. „Ruhe“ und „ruhig“ gehörten oft dazu, genauso aber auch Lob für gelungene Aktionen seiner Spieler, die sich gut erholt vom Kraftakt gegen Spanien zeigten. Der Bundestrainer hatte etwas überraschend nur zwei Veränderungen in der Startelf vorgenommen. In der Abwehr-Dreierkette spielte Matthias Ginter für Emre Can, im Tor durfte sich Bernd Leno beweisen. Kevin Trapp rückte auf die Bank.

Die engagierte Spielanlage beider Mannschaften mit hohem Pressing ähnelte sich stark. Auch die Schweizer hatten sich vorgenommen, das DFB-Team extrem früh und dann mit gleich vier, fünf Spielern unter Druck zu setzten, um das deutsche Aufbauspiel zu stören. Leno hielt gegen den früheren Frankfurter Haris Seferovic (12.). Zunächst gelang es der deutschen Mannschaft aber, sich ballsicher und spielerisch zu befreien. In der zweiten Halbzeit war die Partie etwas mehr von Taktik als von hohem Tempo geprägt, die DFB-Elf wirkte zunehmend weniger zwingend.

In der Offensive war bis zu seiner Auswechslung zur Pause erneut der Neu-Münchner Leroy Sané, der gegen Spanien nach gut einer Stunde mit Krämpfen vom Platz gegangen war, auffälligster Akteur. Einen ersten Schuss des Bayern-Profis, der immer wieder zwei, drei Schweizer Abwehrspieler beschäftigte, hielt Torhüter Yann Sommer (7.). Bei Gündogans überlegtem und platziertem Schuss von knapp außerhalb des Strafraums nach Vorlage von Ginter zur deutschen Führung war der Gladbacher Bundesliga-Keeper machtlos.

Löw jubelte kurz und ballte beide Hände zu Fäusten. „Natürlich will man gewinnen“, hatte der 60-Jährige vor dem Anpfiff seiner 183. Partie als DFB-Chefcoach gesagt. Zuletzt hatte es in Basel gegen die Schweiz ein 4:0 und ein 3:5 gegeben.

Mit sechs aktuellen Bundesliga-Profis in der Startelf wurden die Gastgeber nach der deutschen Führung stärker. Der schnelle Gladbacher Breel Embolo, der aus dem Mittelfeld heraus immer wieder in die Spitze vorstieß, sorgte für enorme Unruhe in der deutschen Abwehr um Ginter, Antonio Rüdiger und Niklas Süle.

Leno musste auch gegen den Wolfsburger Renato Steffen (26.) und den Schweizer Kapitän Granit Xhaka (44.) retten. Seferovic setzte einen Schuss, der abgefälscht wurde, auf das Tornetz (35.), zudem traf er den Außenpfosten (42.). Dem deutschen Mittelfeld fehlte in dieser Phase der Zugriff, um die entscheidenden Pässe vor den Torchancen zu verhindern.

Der DFB-Elf eröffneten sich durch das Powerplay der Schweizer, die am Donnerstag mit 1:2 in der Ukraine verloren hatten, aber immer wieder auch Kontersituationen. Julian Draxler hätte nach Zuspiel von Timo Werner erhöhen müssen, der Schuss des herangerauschten PSG-Profis ging aber direkt auf Sommer (31.). Dennoch rief Löw nach der Aktion laut: „Sehr gut!“ Draxlers Schuss in der 52. Minute rauschte vorbei.

„Saubere Pässe“, forderte Löw zur Mitte der zweiten Halbzeit von seinen Spielern. Gerade als das DFB-Team die Partie in den Griff zu bekommen schien, erzielte Widmer den Ausgleich, dem ein böser Fehler des für Sané eingewechselten Julian Brandt vorausging. Die gesamte deutsche Abwehr ließ den Schweizern zu viel Raum, bei Widmers Schuss kam Außenverteidiger Robin Gosens zu spät. Für Süle kam nach gut einer Stunde Jonathan Tah. In der Offensive ging nicht mehr viel.

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Im deutschen Tor stand Bernd Leno (l) vom FC Arsenal. Foto: Christian Charisius/dpa

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Bundestrainer Joachim Löw gibt seinen Spielern die Taktik vor. Foto: Christian Charisius/dpa

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Ilkay Gündogan (r) erzielte das 1:0 mit einem platzierten Schuss. Foto: Christian Charisius/dpa

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Toni Kroos (l) im Zweikampf mit dem Schweizer Djibril Sow. Foto: Christian Charisius/dpa

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Der Schweizer Silvan Widmer (M.) jubelt nach seinem Ausgleichstreffer. Foto: Christian Charisius/dpa

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Stürmer Timo Werner (l) kommt gegen Silvan Widmer zum Torabschluss. Foto: Christian Charisius/dpa