Löws junge DFB-Probanden auf dem Prüfstand

Von Von Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa

dpa Leipzig. Vor einem Jahr war alles wunderbar: Über 40.000 Fans feiern eine junge, erfrischende Nationalelf um Torjäger Gnabry in Frankfurt. Im leeren Leipziger Stadion ist alles anders: Corona bestimmt den Test gegen Tschechien - und ein B-Team kämpft gegen ein Stimmungstief.

Löws junge DFB-Probanden auf dem Prüfstand

Die Spieler der deutschen Nationalmannschaft beim Abschlusstraining in Leipzig. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Tschechien, Ukraine, Spanien: Vor den letzten Fußball-Länderspielen des Jahres drängt sich ein Rückblick auf: Am 19. November 2019 stürmte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit einer Serge-Gnabry-Show zum Gruppensieg in der EM-Qualifikation vor Holland.

42.855 Zuschauer bejubelten die neuformierte DFB-Auswahl um den dreifachen Torschützen Gnabry beim 6:1 gegen Nordirland und verließen das Stadion in Frankfurt voller Vorfreude auf ein tolles EM-Turnier 2020 mit drei Gruppenspielen in München.

Zwölf Monate später ist alles anders: Die Corona-Pandemie erzwang die EM-Verschiebung in den Sommer 2021. Und rund um das junge DFB-Team herrscht vor dem Testspiel am Abend (20.45 Uhr/RTL) in Leipzig längst keine Euphorie mehr. Seit zehn Spielen ist Joachim Löws Mannschaft ungeschlagen, aber nach der Corona-Pause gab es in fünf Partien neben vier Unentschieden nur einen Sieg. DFB-Direktor Oliver Bierhoff beklagt einen Stimmungsumschwung, obwohl die neue Generation um hochbegabte Kicker wie Gnabry, Sané oder Havertz nach dem großen Umbruch weiterhin „mit Herz und Leidenschaft“ zur Sache gehe.

AUSGANGSLAGE: Vor den Nations-League-Punktspielen gegen die Ukraine und Spanien wird Bundestrainer Löw wieder ein B-Team aus Neulingen und weitgehend unerfahrenen Akteuren einsetzen. Und diese zusammengewürfelte Elf wird kein Publikum zur Unterstützung im Rücken haben, sondern lediglich eine Botschaft der Fans sehen. In der Red Bull Arena zieren drei Worte die gesamte Tribünenkurve: „WIR FÜR EUCH“ steht dort in großen weißen Lettern auf schwarz-rot-goldenem Hintergrund. Die Spieler wollen mit Leistung antworten. „Wir wollen unser Land gut vertreten und gut spielen - und möglichst auch gewinnen“, sagte Ilkay Gündogan, der wohl Kapitän sein wird.

PERSONAL: Wie beim wilden 3:3 gegen die Türkei im Oktober will Löw wieder ausgiebig testen und experimentieren. Die Neulinge Philipp Max (PSV Einhoven), Felix Uduokhai (FC Augsburg) und Ridle Baku (VfL Wolfsburg) sollen debütieren in einem Team, in dem Gündogan, Antonio Rüdiger und Julian Brandt die meiste Routine mitbringen. Die vom SC Freiburg ins Ausland gewechselten Robin Koch (Leeds United) und Luca Waldschmidt (Benfica Lissabon) dürfen sich in Abwehr bzw. Angriff empfehlen. Auch die formstarken Gladbacher Florian Neuhaus und Jonas Hofmann dürften nach ihrem Länderspieldebüt im Oktober eine weitere Chance erhalten. „Es ist absolut wert, den jungen Spielern dieses Vertrauen zu schenken“, warb Löw für seine EM-Probanden.

TORWART: Da Manuel Neuer nur für die Punktspiele gegen die Ukraine und Spanien eingeplant ist, darf Kevin Trapp gegen die Tschechen im Tor stehen. Das erklärte Ziel des 30-Jährigen ist es, mit zur EM zu fahren. „Ich will meine Leistung bringen und auf mich aufmerksam machen“, sagte der Schlussmann von Eintracht Frankfurt. In seinem fünften Länderspiel hofft Trapp auf eine Premiere. „Ich würde mir für meine persönliche Bilanz wünschen, dass ich endlich ein Spiel gewinne“, sagte Trapp. Nach seinem Debüt 2017 in Dänemark (1:1) stand er außerdem gegen Frankreich (2:2), Brasilien (0:1) und Spanien (1:1) im deutschen Tor. „Das waren ganz schöne Brocken“, meinte er.

TSCHECHIEN: Die corona-geplagten Tschechen haben sich streng abgeschottet in einem Hotel neben dem Leipziger Hauptbahnhof einquartiert. Der EM-Teilnehmer dürfte ein echter Prüfstein für das unerfahrene und zudem nicht eingespielte deutsche B-Team sein. „Es ist keine Mannschaft, die einen Hauruckfußball spielt, und keine, die über körperliche Dominanz und Einsatz ihr Spiel bestreitet“, äußerte Löw über den Gegner, bei dem der Bremer Torwart Jiri Pavlenka und Hertha-Profi Vladimir Darida in der Startformation erwartet werden.

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