Offensiv-Star von Stuttgart Surge

Louis Geyer – der perfekte Football-Botschafter

Louis Geyer ist Footballer aus Leidenschaft. Der Wide Receiver will mit Stuttgart Surge nicht nur den ELF-Titel holen, er ist auch der Wortführer des Teams.

Louis Geyer – der perfekte Football-Botschafter

Schwer zu halten: Louis Geyer (re.) von Stuttgart Surge im Duell mit dem Frankfurter Galaxy-Verteidiger Sebastian Brand.

Von Jochen Klingovsky

Louis Geyer ist ein großer Fan des VfB Stuttgart. In dieser Saison hat er nicht nur das Champions-League-Duell gegen Atalanta Bergamo gesehen, sondern auch einige Bundesliga-Partien. Während er in der MHP-Arena saß, verfolgte er allerdings nicht nur das Geschehen auf dem Rasen – er dachte auch darüber nach, wie es wäre, dort selbst zu spielen, am 7. September, im Finale der European League of Football (ELF). „Früher, als ich noch für den TV Aldingen gekickt habe, war es schon mein Traum, einmal in diesem Stadion aufzulaufen“, sagt Louis Geyer (23), „und nun könnte dieser Wunsch im Football in Erfüllung gehen. Das ist total verrückt.“ Aber ein durchaus realistisches Szenario.

Louis Geyer spielt als Wide Receiver bei einem der besten ELF-Teams. Doch er ist bei Stuttgart Surge nicht nur Passempfänger. Sondern viel mehr. „Er ist ein Stuttgart-Kid. Er liebt die Stadt, den Verein, das Team“, sagt Coach Jordan Neuman, „er ist das Herz unserer Mannschaft.“ Auf dem Feld. Aber nicht nur dort.

Blindes Vertrauen im Surge-Team

Fast immer, wenn für Surge ein öffentlicher Auftritt ansteht und ein für Kameras und Mikrofone geeigneter Spieler benötigt wird, fällt die Wahl auf Louis Geyer. Er ist intelligent, eloquent, authentisch – der perfekte Botschafter. Weil er das, was er erzählt, lebt. „Wir sind bei Surge eine große Familie, das ist ein tolles Gefühl. Ich gehöre hierher“, sagt der Footballer, „die Hälfte der Jungs, mit denen ich spiele, gehört zu meinen besten Freunden. Und auch dem Rest kann ich blind vertrauen. Es gibt bei uns keine Außenseiter, das macht uns so stark und gefährlich.“ Zumal sich diese Gruppe auch noch auf ein großes Ziel eingeschworen hat.

Weil das Surge-Team 2023 im Finale und 2024 im Halbfinale gescheitert ist, geht es in dieser Saison darum, den letzten Schritt zu machen. „Wir wollen die Sache zu Ende bringen“, erklärt Louis Geyer, „in jedem Spiel!“ Auch im Finale? „Unser Kader ist stark genug, wir haben eine große Tiefe“, sagt der Wortführer, „und trotzdem denkt niemand von uns an das Championship-Spiel, sondern immer nur an die nächste Aufgabe.“ Die schwer genug wird.

Geyer: „Paris ist einer der Titelanwärter“

Nach dem 33:20 zum Auftakt gegen Frankfurt Galaxy spielt Stuttgart Surge an diesem Sonntag (13 Uhr) bei den Paris Musketeers. Es ist das Duell der unterlegenen Halbfinalisten der vergangenen Saison – und die nächste Standortbestimmung. „Wir hatten einen super Start. Die Offensive hat funktioniert, wir mussten nicht in die Trickkiste greifen“, sagt Louis Geyer, „nun erwartet uns ein starker Gegner, der über viele athletische, sehr große und schnelle Spieler verfügt. Paris ist einer der Titelanwärter.“

Folglich wird es darauf ankommen, erneut die passende Mischung aus Pass- und Laufspiel zu finden. Gegen Frankfurt fing Louis Geyer drei Bälle, es könnte gut sein, dass er in Paris öfter im Mittelpunkt stehen wird: „Am Ende ist es allerdings völlig egal, ob ich auf 30 oder auf 100 Yards komme. Es zählt nur, dass ich dem Team helfe.“ Mit dieser Einstellung hat es Geyer weit gebracht.

Probetraining bei den Jaguars

Der Mann, der bei den Ludwigsburg Bulldogs mit dem Football begann und danach für die Stuttgart Scorpions spielte, wechselte 2021 zu Surge in die ELF und wurde prompt als bester Neuling der Liga ausgezeichnet. Anschließend trug er ein Jahr lang das Trikot der Cologne Centurions – und wurde nach seiner Rückkehr nicht nur zu einem der Gesichter von Stuttgart Surge. „Er ist“, sagt Jordan Neuman über den Wide Receiver, der in der vergangenen Saison nach 13 Touchdowns in zwölf Spielen im All-Star-Team der ELF stand, „ein echter Anführer.“ Den der Coach allerdings fast verlorenen hätte.

Louis Geyer wohnt in Tübingen, wo er Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement (einen Bachelor in Englisch und Sport/Lehramt hat er bereits in der Tasche) studiert, bei Stuttgart Surge ist er Publikumsliebling und einer der Stars. Eigentlich zieht ihn nichts weg. Und trotzdem übt die National Football League (NFL) in den USA eine Anziehungskraft aus, der kein Footballer widerstehen könnte. Im Oktober wurde Geyer zu einem 30-minütigen Probetraining der Jacksonville Jaguars nach London eingeladen, Ende März gehörte er als einer von nur drei Europäern zu den Teilnehmern der dreitägigen Sichtung der Canadian Football League (CFL). Er überzeugte zwar, letztlich wurde aber kein einziger Wide Receiver ausgewählt. Seine Enttäuschung? Hielt sich in Grenzen. „Der Traum von Amerika hat mich zu dem Footballer gemacht, der ich bin, und natürlich würde ich weiterhin einschlagen, sollte ich ein Angebot aus der NFL erhalten“, sagt Geyer, „ansonsten gibt es für mich keinen Grund, Surge zu verlassen. Ich bin genau da, wo ich sein will und absolut fein mit dem, was ich hier habe.“ Abgesehen von einem kleinen Schmuckstück, das (noch) fehlt.

Auch in der ELF gibt es für jeden Spieler, der die Meisterschaft gewinnt, einen Ring – den sich Louis Geyer im September unbedingt anstecken will. Als Symbol für eine außergewöhnliche Leistung eines außergewöhnlichen Teams. „Für uns alle bei Surge“, sagt Louis Geyer, „wäre dies das Allergrößte.“ Auch wenn außer dem Wortführer niemand darüber redet.