Masterplan mit Mislintat

Was sich VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger von seinem neuen Sportdirektor erwartet

Von Gerhard Pfisterer

Zukunftsplanung - Der Sportvorstand Thomas Hitzlsperger hat einen kompetenten Kaderplaner für den VfB Stuttgart gesucht und ihn in Sven Mislintat gefunden. Der neue Sportdirektor ist gleich voll gefordert.

Stuttgart Wie denn die Arbeitsteilung zwischen Thomas Hitzlsperger und dem am Donnerstag verpflichteten Sven Mislintat beim VfB Stuttgart aussieht, wollte ein Twitter-Nutzer namens Bernd nach der Bekanntgabe des Coups wissen. „Sven schlägt die Flanken rein und ich verwerte sie“, antwortete Hitzlsperger ihm auf der Internetplattform mit einem Augenzwinkern.

Der Sportvorstand (Hitzlsperger) und der Sportdirektor (Mislintat) gemeinsam für den VfB auf dem Platz? Nein, da müssen es andere richten, etwa an diesem Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen. Abseits des Spielfelds plant das neue Stuttgarter Managerduo aber genau dieses maßgeschneiderte Zusammenspiel. Mislintat gibt den Vorbereiter, Hitzlsperger vollendet seine Vorlagen.

Der Schwerpunkt des Sportdirektors liegt auf der Kaderplanung. Er pflegt die Kontakte zu potenziellen Neuzugängen sowie Spielerberatern und bahnt Transfers an. Der Sportvorstand trifft letztlich mit ihm gemeinsam die Entscheidungen, zeichnet parallel aber auch die großen Linien. „Bei Sven war ich der Überzeugung: Er wird uns weiterbringen. Er hat gute Gedanken und gute Ideen und einen sehr guten Blick auf das Geschäft“, sagt Hitzlsperger am Tag nach der viel beachteten Verpflichtung. „Wir wollen versuchen, den Verein wieder nach vorne zu bringen.“

Nach dem Perlentaucher ist nun also das Diamantenauge beim VfB für die Kaderplanung verantwortlich. Das sind die Spitznamen von Michael Reschke, dem Hitzlsperger-Vorgänger als Sportvorstand, respektive von Mislintat. Dank ihrer herausragenden Fähigkeiten als Talentscouts sind sie so betitelt worden. Sie sind die zwei Kaderplaner in Deutschland, die mit ihrer erfolgreichen Arbeit im Hintergrund in den vergangenen Jahren in den öffentlichen Fokus gerückt sind und von Topclubs abgeworben wurden. Reschke ging 2014 von Bayer Leverkusen zum FC Bayern, Mislintat 2017 von Borussia Dortmund zum FC Arsenal, bevor in beiden Fällen der VfB ins Spiel kam.

Reschke ist in Stuttgart letztlich gescheitert, ab sofort versucht sich Mislintat, der einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat. Es gibt jedoch einen gravierenden Unterschied: Mislintat ist nicht alleine am Werk. In ihm und Hitzlsperger stehen nun zwei Führungskräfte in der Verantwortung, die sich die Aufgaben im Tagesgeschäft mit Mannschaft und Trainer einerseits und auf dem Transfermarkt andererseits teilen.

Hitzlspergers Vorgänger waren jeweils als One-Man-Show am Ball. Der Meisterspieler von 2007 dagegen hat schon bei seiner Amtsübernahme im Februar benannt, dass er sich Unterstützung holen will. Die ersten zwei Monate, betont er, hätten ihn in seiner Einschätzung bestätigt. Als Vorgesetzter Mislintats hat er weiterhin das letzte Wort, wobei der Ex-Nationalspieler alle Personalentscheidungen zusammen mit seinem neuen Mitstreiter treffen will und seiner rechten Hand weitreichende Kompetenzen einräumt. „Ich maße mir nicht an, Dinge zu machen, die er besser kann als ich“, sagt Hitzlsperger. „In den Bereichen Datenanalyse, Spielanalyse, Scouting können wir in besonderem Maße von seiner Expertise und seiner Erfahrung profitieren.“ Da hat Mislintat weitgehend freie Hand und kann – in Absprache mit dem Sportvorstand – nach seinen Wünschen Veränderungen vornehmen.

Es dürften also weitere personelle und strukturelle Veränderungen folgen. Von der Zusage des renommierten Mislintat, der sich trotz Alternativen und trotz der prekären sportlichen Lage für den VfB entschied, erhofft sich der Sportchef auch eine Signal- und Sogwirkung auf anderes Personal. „Dass er hierherkommt, unterstreicht das Potenzial, das in unserem Club steckt“, sagt Hitzlsperger. „Wir wollen viel Kompetenz zusammenbringen, um am Ende mehr richtige als falsche Entscheidungen zu treffen.“ Bis jetzt arbeiten Markus Lösch (Leiter Scouting) und Joachim Cast (Manager Sportorganisation) an der sportlich-strategischen Ausrichtung mit. Der jeweilige Trainer soll ebenfalls Teil des Planungsteams sein.

Auch Helmut Schulte soll sich weiter beim VfB einbringen. Der 61-Jährige, früher selbst Manager und noch bis Saisonende als Betreuer für die VfB-Leihspieler zuständig, wird von Hitzlsperger als Ratgeber geschätzt. „Er bringt aufgrund seiner Erfahrung noch mal eine andere Komponente rein“, sagt der Sportvorstand. „Jedes Mal, wenn ich mit ihm gesprochen habe, habe ich davon profitiert.“ Wie genau das künftige Kaderplanungsteam aussehen wird, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten genauer zeigen. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit und Aufgabenteilung zwischen Hitzlsperger und Mislintat. Fest steht aber schon, dass der Sportdirektor den Sportvorstand nächste Saison auf der Ersatzbank ablösen wird; Hitzlsperger wird dann auf die Tribüne wechseln. Dieser Platztausch wird erst dann vollzogen, weil Mislintat zunächst einmal voll damit beschäftigt ist, verwertbare Flanken zu schlagen – für eine höhere Trefferquote bei den Sommertransfers.