Basketball Ludwigsburg

MHP Riesen ziehen nach Gala in Crailsheim ins Top Four ein

Die Ludwigsburger Basketballer haben das nächste Ausrufezeichen gesetzt: Am Samstag zogen sie mit einem Kantersieg im Derby ins Finalturnier des Pokals ein.

MHP Riesen ziehen nach Gala in Crailsheim ins Top Four ein

Isaiah Whitehead ragt aus dem Riesen-Team heraus.

Von Joachim Klumpp

Der erste Teilnehmer am Endturnier um den deutschen Basketball-Pokal steht fest – und es sind die MHP Riesen Ludwigsburg. Mit einem 95:69-Sieg bei den Hakro Merlins Crailsheim. Deren Maurice Stuckey sagte: „Wir haben übers ganze Spiel Lehrgeld bezogen.“ Der Einzug ins Final-Turnier ist ein Novum für den Verein, was selbst Erfolgscoach John Patrick in seinen zehn Jahren nicht geschafft hat. Dafür auf Anhieb nun sein Nachfolger Josh King, unter dem die Riesen bisher ein hervorragende Saison hinlegen. Daran ändert auch die Niederlage unter der Woche gegen das türkische Teams von Darüssafaka in der Champions League nichts. „Jeder Spieler hat einen tollen Job gemacht, ich bin wirklich stolz auf die Mannschaft“, sagte King.

Davon jeden Fall zeigten sich die Ludwigsburger am Samstagabend bestens erholt. In diesem Autobahn-Derby schalteten sie den Turbo ein – und wie. Schon zur Pause führten die Gäste mit 19 Punkten (54:35). Und vor dem letzten Viertel gar 79:43 (!). Aus dem Team ragte dieses Mal der oft gescholtene Isaiah Whitehead heraus, der sich von seiner Schokoladenseite zeigte und individuell, aber auch sehr mannschaftsdienlich agierte. „Wir wollten es besser machen, als am Mittwoch, das war unser Ziel“, so der ehemalige NBA-Profi, der 18 Punkte erzielte.

Dabei hatten die Hakro Merlins vielleicht darauf gesetzt, ihre beiden 2,13-Meter-Center effektiv einzusetzen. Draus wurde nichts. Die Riesen mit ihrem „small Ball“ (kleinen Spiel) dominierten die Partie ab dem 16:15 Mitte des ersten Viertel. Merlins- Trainer Sebastian Gleim hatte gesagt: „Ludwigsburg ist zwar nicht groß, aber sehr physisch eingestellt, das müssen wir annehmen.“ Hat seine Mannschaft aber nicht. So wurde das eine einseitige Angelegenheit in der Arena Hohenlohe, sehr zur Freude der vielen mit gereisten Ludwigsburger Fans.

Wohin sie zum Final Four Mitte Februar reisen müssen, ist noch offen. Hoch gehandelt wird aktuell Oldenburg, sofern sich die Mannschaft am Sonntag im Viertelfinale gegen Heidelberg durchsetzen sollte. So oder so ist das Turnier für die Riesen als Verein ein finanzieller Gewinn. Nach den 50 000 Euro für den Einzug im Viertelfinale kommt jetzt nochmals die gleiche Summe hinzu. Und sollten die MHP Riesen am Ende sogar den Pokal holen („warum nicht?“, so King), wäre das unter dem Strich etwa eine Viertelmillion Euro wert. Nur mal so zum Träumen. Der Vorsitzende Alexander Reil lobt: „Was wir in der Saison bisher erreicht haben, ist schon sehr erfreulich.“

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Erster Neuzugang war Eddy Edigin. Der 2,01 m große Center kommt vom Ligarivalen aus Hamburg, wo er in der vergangenen Saison auch Erfahrung im internationalen Eurocup sammeln konnte. „Ludwigsburg ist in der Liga für seine unangenehme Spielweise bekannt – und sie haben mir aufgezeigt, wie ich in dieses System passen kann“, sagt der ehemalige Fußballer. Und Coach Josh King ist überzeugt, „dass er mit seiner Physis und Stärke defensiv um den Korb den Ton angeben und uns in der Offensive über das gesamte Feld Energie bringen wird.“ Die kann die neu formierte Mannschaft sicher auch brauchen.

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Der Amerikaner Jeff Roberson kennt die BBL schon, der 25-jährige Allrounder spielte in der vergangenen Saison bei der BG Göttingen und zeigte sich dort als defensivstarker Akteur. „Er gibt unserem Kader Vielseitigkeit, da er offensiv auf drei unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden kann und defensiv von Position eins bis fünf überall verteidigen kann“, sagt Trainer King. Der Spieler war schon 2019 mal in Europa in Polen, ehe er nochmals in die USA zurückkehrte und dann nach Göttingen kam. „Die Art und Weise wie in Ludwigsburg Basketball gespielt wird, passt gut zu mir“, sagt der Neuzugang. „Ich bin ein sehr teamorientierter Spieler, der auf dem Platz defensiv und offensiv viele Rollen ausfüllen kann.“

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Justin Johnson hat sich in Italien durch seine körperbetonte, energiegeladene Spielweise einen Namen gemacht und stand mit Reggio Emilia zuletzt im Finale des Fiba Europe Cups. Wie viele seiner Mitspieler ist der 26-jährige Forward vielseitig einsetzbar - „und wird für uns sowohl unter den Körben als auch von außen eine neue Gefahr darstellen. Mit seiner physischen Spielweise verkörpert er genau den Spielertypen, den wir hier in Ludwigsburg brauchen“, sagt King. In seinem letzten Collegejahr stellte er mit 21,9 Punkten und sensationellen 17,6 Rebounds Fabelwerte auf. Fortsetzung folgt? „Nachdem ich die ersten vier Jahre meiner Profikarriere in Italien verbracht habe, war es nun Zeit für eine Veränderung. Als Spieler bin ich jemand, der auf dem Feld sehr intensiv agiert.“

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Außer Spesen nichts gewesen. Markell Johnson sollte auf der Spielmacherposition die Nachfolge eines Jonah Radebaugh übernehmen. „Er ist ein schneller, athletischer Spielmacher, der über einen explosiven Antritt verfügt“, sagte Trainer Josh King. Doch erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Der 23-Jährige, der von Zvaigzdes Pasvalys (Litauen) wechselte, bestand den Medizintest nicht – und muss wieder gehen. Schon beim Trainingsauftakt pausierte er aus versicherungstechnischen Gründen, nachdem die Ergebnisse der Tests nicht vorlagen. Jetzt sind sie da – leider nicht wie erhofft. Die Suche für die wichtige Spielmacherposition beginnt von Neuem.

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Ben Shungu kommt von der University of Vermont und wird in Ludwigsburg seine Profikarriere beginnen. „Er ist körperlich stark, kann offensiv sowohl auf der Eins als auch der Zwei spielen und variabel verteidigen. Genau solche Spieler suchen wir“, sagt Headcoach Josh King und fügt hinzu: „Wie jeder andere ‚Rookie‘ in Europa wird auch er sich allerdings beweisen müssen. Zuletzt spielte er fünf Jahre bei den ‚Catamaounts‘ (Pumas) und mauserte sich dort zum Leistungsträger. In der Saison 2021/2022 legte er dort im Schnitt 16,3 Punkte und 4,6 Rebounds in 31 Minuten pro Spiel hin. Damit nicht genug? Der Spieler selbst sagt: „Ich habe hohe Erwartungen an mich selbst und die Mannschaft.“

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Jhonathan Dunn kommt als frisch gebackener Meister – wenn auch „nur“ in der BNXT, der niederländischen und belgischen Liga. „Mit seinen Offensivqualitäten wird er in unserem Team als Scorer eine wichtige Rolle spielen. Vor allem aus der Distanz bringt er uns eine weitere Option. Als Profi hat er in den vergangenen Jahren immer über 40 Prozent seiner Dreipunktewürfe verwandelt“, lobt King die Treffsicherheit. „Als Spieler will ich mich weiterentwickeln und dazulernen. Die ist eine starke Liga und bei den MHP Riesen habe ich genau das richtige Umfeld, um die nächsten Schritte zu machen“, erklärt der 24-jährige Spielmacher.

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Die MHP Riesen Ludwigsburg holten sich kurz nach Saisonbeginn nochmals einen „Big Man“ als Verstärkung. Der Forward/Center Shonn Miller wechselte vom Ligakonkurrenten Niners Chemnitz in die Barockstadt und soll vor allem unter dem Korb weiterhelfen. Der 29-Jährige konnte bereits Erfahrungen in der NBA-G-League sowie in Mexiko, Portugal, Italien und Griechenland sammeln. Als zukünftig zweitältester Spieler im Kader soll er auch genau diese Erfahrung auf den Platz bringen und gemeinsam mit Kapitän Yorman Polas Bartolo vorangehen. Headcoach Josh King sagte zur Verpflichtung: „Wir sind sehr glücklich, dass wir Shonn verpflichten konnten, denn er gibt unserem Kader nochmals mehr Tiefe. Er ist ein ausgezeichneter Athlet, der sowohl innen als auch außen spielen kann. Wir freuen uns darauf, ihn in den kommenden Tagen und Wochen in der Mannschaft zu integrieren.“

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Einen Sonderfall verkörpert Sebastian Hartmann, einer der talentiertesten deutschen Spielmacher des Jahrgangs 2004. Nach erfolgtem Schulabschluss möchte sich der 17-Jährige sich nun voll auf Basketball konzentrieren. In Ludwigsburg soll Hartmann in der ProB-Mannschaft (dritte Liga) zum Einsatz kommen und sich bei den Profis seine erste Bundesligaminuten verdienen. „Basti Hartmann hat bei Bayern München gezeigt, dass er ein sehr vielversprechender, talentierter Spieler ist“, erklärt Josh King. „Er hat in München bereits mit unserem neuen ProB- und NBBL-Trainer Khee Rhee zusammengearbeitet und wird bei uns die Chance erhalten, sich durch gute Trainingsleistungen in den Profikader zu spielen. Parallel wird er in unserem B-Team eine wichtige Rolle übernehmen.“

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Zu guter Letzt zählt auch der Trainer Josh King zu den Neuen, zumindest als Chefcoach. Drei Jahre lang war er Assistent von John Patrick, ehe er für eine Saison nach Prag ging – und nun zurück kam. „Ludwigsburg ist meine zweite Heimat“, sagt der 37-Jährige, der in die großen Fußstapfen eines John Patrick schlüpft und um etwas Geduld bittet: „Das hier ist ein Prozess, Rom ist auch nicht in einem Tag gebaut worden.“