Neue Regeln bringen Im Handball noch mehr Tempo

Ab der kommenden Saison wird früher Zeitspiel gepfiffen und nach einem Gegentreffer kann mithilfe einer Anwurfzone schneller in den eigenen Angriff übergangen werden. Außerdem werden Kopftreffer beim Torwart noch strenger geahndet.

Neue Regeln bringen Im Handball noch mehr Tempo

Der Mittelkreis wird zur Anwurfzone. Das sorgt dafür, dass die Geschwindigkeit im Handball noch höher wird. Foto: Alexander Becher

Von Alexander Hornauer

Die Handballer bereiten sich auf die neue Saison vor. Dabei lernen sie auch neue Regeln. Besonders markant: In den Hallen muss auf dem Spielfeld ein Mittelkreis aufgezeichnet werden, die sogenannte Anwurfzone. Zeitspiel wird schon nach vier Zuspielen abgepfiffen (und nicht erst nach sechs). Zudem erhalten Spieler, die unbedrängt dem Torwart den Ball an den Kopf werfen, künftig eine zweiminütige Zeitstrafe.

In Summe werde das rasante Spiel nochmals schneller, glaubt Moritz Bühler vom HC Oppenweiler/Backnang. Mit Fabian Riegraf leitet er als Schiedsrichter Spiele in den Ligen des Handballverbands Württemberg. „Da werden wir künftig zu tun haben, um alle Tore zu notieren.“ Schließlich tragen zwei der drei bedeutsamen Neuerungen zur Erhöhung der Spielgeschwindigkeit bei.

Regeländerung Nummer eins betrifft das Zeitspiel (passives Spiel). Dort gilt künftig: Heben die Schiedsrichter den Arm (Vorwarnzeichen), dann muss nach dem vierten Abspiel das Tor anvisiert werden, sonst pfeifen die Unparteiischen und der Ballbesitz wechselt. „Grundsätzlich sehe ich in der Regel kein Problem“, findet Bühler. „Manchmal ist es vorgekommen, dass Mannschaften erst nach einem oder zwei Zuspielen gemerkt haben, dass Zeitspiel angezeigt ist, da könnte es künftig dann knapp werden. Aber ich denke, die Teams werden sich schnell daran gewöhnen.“

Gute Verständigung zwischen den Schiris hat eine sehr hohe Bedeutung

Wichtig sei, dass beide Schiedsrichter gut abgestimmt den Arm heben. Für ihn und seinen Partner Fabian Riegraf sei das kein Problem, „zumal wir uns mit einem Headset gut verständigen können“. Einer gibt das Kommando und die Arme gehen gleichzeitig hoch. Die meisten HVW-Schiedsrichter schaffen mit Headset, in der baden-württembergischen Oberliga wird es eingesetzt, in den Bundesligen sowieso. Nur in der Dritten Liga müssen den Unparteiischen weiter Gestik und Mimik helfen.

Was bedeutet die Regel für die Spieler? Daniel Schliedermann, neu beim Drittligisten HC Oppenweiler/Backnang und als zentraler Rückraumspieler im Besonderen für die Steuerung zuständig, kann der Reduzierung der Anzahl der zulässigen Abspiele Positives abgewinnen: „Ich halte es für einen richtigen Schritt. Man hat in der Vergangenheit gesehen, dass sechs Pässe mit Fouls und Unterbrechungen oft lange werden können. Da musste man als Angriffsspieler einfach die Ruhe behalten und hoffen, dass die Abwehr nervös wird und einen Fehler macht.“ Fortan könnte sich engagierte Verteidigungsarbeit öfter mit einem überhasteten Fehlwurf der Angreifer oder einem Zeitspielpfiff bezahlt machen.

Bei Regeländerung Nummer zwei geht’s um die Ausführung des Anwurfs. Bisher musste der Spieler, der den Ball nach einem Gegentor wieder ins Spiel bringt, den Fuß auf der Mittellinie haben – nur dann durfte angepfiffen werden. Manche Teams perfektionierten die Methode, kamen mit dem Mittel der schnellen Mitte zu Überzahlsituationen. „Wir Schiris mussten aber oft zurückpfeifen, wenn ein Akteur nicht genau mit dem Fuß auf der Mittellinie stand“, sagt Bühler, das mutete manchmal kleinlich an. „Nun können die Mannschaften die schnelle Mitte viel einfacher spielen.“ Es genügt, wenn sich der Anwerfer in der Anwurfzone befindet, einem Kreis in der Mitte des Felds mit vier Metern Durchmesser. „Er muss dabei auch nicht mehr stehen“, ergänzt Bühler, weist aber auf ein Risiko hin: „Wer den Anwurf außerhalb der Anwurfzone ausführt, bekommt einen Freiwurf gegen sich gepfiffen.“ Sprich: Der Ball ist futsch. Das ist neu. Bisher wurde ein unsauber ausgeführter Freiwurf einfach wiederholt.

HCOB-Coach Matthias Heineke erwartet, dass die Schaffung der Anwurfzone Auswirkungen auf die taktischen Aspekte des Spiels hat. Zum einen sei der Anreiz, nach einem Gegentreffer zum Beispiel mit einem Kreisläufer oder Außenspieler zum schnellen Anwurf zu eilen, noch größer geworden. „Außerdem wird der Spezialistenwechsel noch schwieriger.“ Die Zeit, um den Angriffsexperten gegen den Abwehrfachmann zu tauschen, was mit großen Laufwegen verbunden ist, wird noch einmal ein bisschen kürzer. Wer sich nicht darauf einstellt, läuft Gefahr, nach eigenen Toren immer wieder schnell einen Gegentreffer zu kassieren.

Nebeneffekt der Regeländerung: In den Hallen müssen neue Linien eingezogen werden. In den Spielstätten der Dritten Liga ist das verpflichtend. Die Anbieter von Sportmarkierungen freut es, sie sind in den Sommerferien super gebucht. Die Gemeinde Oppenweiler ging beispielhaft voran, erledigte das noch vor dem großen Run, die neuen Markierungen waren in der Gemeindehalle ruckzuck angebracht. In anderen Spielstätten behilft man sich derzeit noch mit Behelfsmarkierungen auf dem Boden. Außerdem gilt, zumindest im Verbands- und Bezirksspielbetrieb und zumindest vorläufig, dass man auch den (etwas kleineren) Kreis aus dem Basketballsport nutzen kann.

Bleibt Regeländerung Nummer drei: Sie besagt, dass Handballer künftig mit einer Zeitstrafe belegt werden, wenn sie in unbedrängter Situation den Kopf des Torhüters treffen. Bisher gab es diese Regelung nur beim Siebenmeter, da wurde das Vergehen gar direkt mit Rot sanktioniert. Stefan Koppmeier, Drittliga-Torwart beim HCOB, findet, „dass wir nun mehr geschützt werden. Möglicherweise nimmt es den Werfern aber auch die eine oder andere Option.“ Er rät zum Abwarten, wie das in der Praxis umgesetzt wird. Schiri Bühler sagt: „Für die Torhüter ist es eine gute Sache. Ich hoffe allerdings, dass diese Situationen nicht oft auftreten. Wir hatten in den Spielen, die wir geleitet haben, in den vergangenen Jahren zum Glück relativ wenige Kopftreffer.“