Nicht nur Profis geben ein gutes Bild ab

Seit fast 60 Jahren sammeln vor allem junge Fußballfans die Klebebildchen mit den Konterfeis der Stars in den Nationalteams und Topklubs. Längst sind auch Amateurvereine auf den Zug aufgesprungen, nun brachte die TSG Backnang ein Sammelalbum heraus.

Nicht nur Profis geben ein gutes Bild ab

Sammler und Sammelobjekte in Personalunion: Oberliga-Spieler Niklas Kalafatis und Nachwuchstalent Max Klauß. Fotos: A. Becher

Von Steffen Grün

Panini. Wohl allen Freunden des runden Leders ist das ein Begriff. Das italienische Unternehmen ist so etwas wie das Tempo im Bereich der Sammelalben – zwar gibt’s längst auch andere Firmen, die sich im selben Metier tummeln, aber allen voran bei Panini weiß wie bei den Taschentuchkönigen jeder sofort, um was es geht. In einem alten Album zu blättern, ist in mehrfacher Hinsicht eine Reise in die Vergangenheit. Man wird etwa an Spieler seines Herzensvereins erinnert, die nicht zu den großen, ohnehin unvergessenen Stars zählten. Man entsinnt sich plötzlich, dass 1990 nicht nur Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann oder Andreas Brehme den Weltmeistertitel feierten, sondern auch Hansi Pflügler, Günter Hermann oder Frank Mill. Man fragt sich staunend, wie Frisuren wie der Vokuhila, für die man dem Figaro seines Vertrauens heutzutage noch etwas bezahlen müsste, wirklich mal der letzte Schrei sein konnten. Man sieht Rotzbremsen und Rauschebärte vom Allerfeinsten und könnte statistisch erfassen, zu welcher Zeit welche Namen die Favoriten vieler Eltern waren.

Nicht anders wird es den Protagonisten der TSG Backnang gehen, die ihren Platz im Sammelalbum der Roten gefunden haben – also die Akteure der Oberliga-Elf, das Bezirksliga-Team der Frauen, die Jugendspieler, die Trainer, Betreuer und Funktionäre. Auch sie werden sich – wenn sie in 10, 20, 30 Jahren einen Blick ins Heft werfen – an die früheren Mitstreiter erinnern, die sie aus den Augen verloren haben. Ihnen werden lustige Anekdoten in den Sinn kommen, sie dürften über einige Modesünden den Kopf schütteln und sich mit einem kritischen Blick mit dem dann aktuellen Spiegelbild abgleichen.

Rolf Wörner, als Betreuer der Ersten eine der treuesten Seelen des Traditionsvereins aus den Etzwiesen, freut sich darüber, Teil des Albums zu sein. Seine Sammelleidenschaft ist allerdings erloschen. „Als es mit den Alben angefangen hat, nachdem 1963 die Bundesliga gegründet wurde, habe ich auch gesammelt“, erzählt der 67-Jährige und verrät, dass ihn dabei vor allem der VfB Stuttgart, Borussia Mönchengladbach, 1860 München, Kaiserslautern und Bayern München interessiert hätten. Das aktuelle Heft des eigenen Klubs, das es ohnehin nur in einer limitierten Stückzahl gibt, überlässt Wörner den Jüngeren.

Max Klauß will vor allem sein eigenes Team komplett haben.

Zum Beispiel Max Klauß, der vorgestern den neunten Geburtstag feierte. „30 bis 40 Bilder habe ich bereits“, verkündet der Schüler, der für die U 10 der TSG die Kickstiefel schnürt und damit in die Fußstapfen seines Papas und Opas tritt, die auch schon für die Roten kickten. Auch sich selbst fischte der Bub schon aus einem der Tütchen, „das war richtig cool“, erzählt er mit Stolz in der Stimme. Bis Max Klauß das Heft komplett voll hat, wie er es mit den Stars aus Europa und aller Welt vor der WM 2018 in Russland und der wegen der Coronakrise letztlich auf 2021 verschobenen europaweiten EM schaffte, bleibt aber noch eine Menge zu tun. „Meine Eltern kaufen mir immer wieder ein Päckchen“, verrät das Talent, dem die Vollständigkeit des eigenen Teams „am Wichtigsten“ ist. Auf den Seiten 38 und 39 findet sich die U 10, neben sich selbst konnte Max Klauß bislang nur Sascha Mironov einkleben. Auch der Trainer tauchte noch nicht auf, bei dem es sich mit Jens Schwab um einen früheren Leistungsträger der Ersten handelt.

Zum Kreis der Torhüter gehörte jahrelang Michael Quattlender, seit dieser Runde fungiert der 33-Jährige als Teamkoordinator des Oberligisten vom Murrufer. In der Funktion taucht er auch im Sammelalbum auf, in seinem eigenen Heftchen ist sein Platz auf Seite 8 aber noch verwaist. „Ich habe mich selbst noch nicht gezogen, aber einige Spieler haben mir versichert, dass es mich tatsächlich gibt“, sagt Quattlender schmunzelnd. Allen voran Marcel Knauß, Stammtorwart der Ersten: „Er hat mich sogar in dreifacher Ausführung, aber ich habe ihn noch nicht.“ Irgendwie komisch, denn eigentlich hat es der Ex-Keeper und Neufunktionär mit den Schlussmännern. „Auch Mika Wilhelm habe ich doppelt.“ Damit nicht genug: Sogar das Konterfei von Torwarttrainer Marc Hess blickte Michael Quattlender schon einmal entgegen, als er eines der zehn Päckchen öffnete, die er sich immer wieder kauft.

Solche Erfahrungen schreien im Normalfall nach einer Tauschbörse, bei der alle Sammler ihre nicht benötigten Klebebildchen auf einen Tisch werfen und sich dann bedienen. „Wenn alles mal wieder normal läuft, wollen wir es auch machen“, kündigt Geschäftsstellenleiter Janos Kovac an. Derzeit verbietet es die Coronasituation zwar, aber es gibt immerhin eine Facebook-Gruppe. „Da schaue ich sofort rein“, meint Michael Quattlender, der auch viele Jugendspieler in seinem Portfolio hat und den Talenten daher zuruft: „Ihr könnt euch melden, wenn ihr etwas braucht.“

Nicht nur Profis geben ein gutes Bild ab

Das Bildchen von Oberliga-Torjäger Mario Marinic gehört sicherlich zu den begehrtesten.

269 Sticker auf 50 Seiten

Das Sammelalbum, das die TSG mit der Firma Stickerstars entwickelt hat und das nur bei Edeka Schmidt in Backnang zu kaufen ist, umfasst 50 Seiten. Darauf finden sich Markierungen für 269 Sticker, auf denen vor allem Spieler, Trainer und Betreuer des Frauen- und Männerteams sowie die Talente von der U 8 bis zur U 19 abgebildet sind. Hinzu kommen etwa das Wappen sowie eine Doppelseite mit wichtigen Meilensteinen der Vereinsgeschichte.

Weil von den anfangs 220 Heften nur noch rund 30 vorhanden sind, müssen sich Interessenten mittlerweile sputen. Das leere Album kostet vier Euro, zwei gehen an den Verein. Nichts hat die TSG von den 90 Cent, die jedes der 11000 im Umlauf befindlichen Päckchen mit jeweils fünf Klebebildchen kostet. Eine goldene Nase verdienen sich die Roten also nicht, es gehe in Zeiten der Coronapandemie „mehr ums Ideelle, um die Gemeinschaft“, betont Geschäftsstellenleiter Janos Kovac: „Man trifft sich selten, hat die Mannschaft über das Sammelalbum aber trotzdem bei sich.“