Problemfall in den Playoffs: Washingtons Football-Märchen

Von Von Tom Bachmann, dpa

dpa Washington. Als der Streit um den alten Namen eskalierte, galt Washington als Problemfall der NFL. Nun erreicht die von mehreren Schicksalsschlägen geprägte Mannschaft die Playoffs.

Problemfall in den Playoffs: Washingtons Football-Märchen

Alex Smith vom Washington Football Team in Aktion. Sein Team siegte 20:14 bei Ex-Champion Philadelphia. Foto: Derik Hamilton/FR170553 AP/dpa

Die Geschichte des Washington Football Teams bietet im Grunde genommen Stoff für gleich mehrere packende Hollywood-Streifen.

Vor der Saison eskalierte der seit Jahren schwelende Streit um den alten Namen Redskins, im August machte Coach Ron Rivera sein Krebsleiden öffentlich, im Oktober feierte der zwischenzeitlich von einer Bein-Amputation bedrohte Quarterback Alex Smith das Comeback der Saison. Und in der Nacht zum 4. Januar machte Washington sein Wunder schließlich perfekt und qualifizierte sich erstmals seit 2015 für die NFL-Playoffs.

„Das ist schon deshalb so besonders, weil es so eine schwere Zeit war“, sagte Rivera nach dem 20:14 bei Ex-Champion Philadelphia. „Wie hart das alles war für die Jungs und den Verein. Wir haben eine großartige Mannschaft und versuchen, die Dinge richtig zu machen. Dass wir die Division gewonnen haben, ist schon sehr cool.“

Dabei passt auch der Sieg in der NFC East, der automatisch zur Teilnahme an den Playoffs berechtigt, vollends ins Bild dieser so unwirklichen Saison. Die Staffel gilt als Lachnummer der Liga, weil Washington zum Sieg eine Bilanz von 7:9-Siegen genügte. Riveras Team ist erst das dritte in der NFL-Geschichte, das mit einer negativen Bilanz die Playoffs erreicht. Dort geht es dann gegen Tampa Bay mit Quarterback-Superstar Tom Brady.

Es dürfte das Ende einer letztlich märchenhaften Saison werden, die im Chaos begann. Im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung distanzierten sich mehrere große Sponsoren von dem Club und zwangen ihn, nach jahrelanger Kritik den mit Rassismus in Verbindung gebrachten Namen Redskins abzulegen. Weil so schnell kein neuer Name parat war, entschied man sich, vorerst als Washington Football Team aufzulaufen.

Unter dem neuen Trainer Rivera vermasselte man den Start, hatte nach neun Spielen nur zwei Siege auf dem Konto. Zudem bekam Rivera eine Hautkrebs-Diagnose. „Ich war so wütend, denn ich fühlte mich so gesund wie noch nie“, sagte der 58-Jährige. Rivera unterzog sich einer Therapie des als gut behandelbar geltenden Krebs' und arbeitete weiter.

Mitten in der sportlichen Misere verletzte sich auch noch Quarterback Kyle Allen. Und so kam es nach 693 Tagen zum Comeback von Smith. Dieser hatte sich im November 2018 eine offene Fraktur des Schien- und Wadenbeins zugezogen. „Das Bein war verdreht, wie es nicht sein sollte“, erinnerte sich Smith. Nach einer ersten OP bedrohten Bakterien und eine Blutvergiftung Smiths Leben. In einer Not-Operation retteten die Ärzte sowohl dies als auch sein Bein.

Nach insgesamt 17 Operationen und fast zwei Jahren ohne Football gelang Smith ein erstaunliches Comeback. Nach der Kurz-Rückkehr am fünften Spieltag übernahm Smith vier Wochen später endgültig die Rolle des Stamm-Quarterbacks. Und so übertrug der 36-Jährige ein wenig von der Magie seines persönlichen Wunders auf das Team und führte es in die Playoffs.

© dpa-infocom, dpa:210104-99-891403/4