Routinier fürs Tor, Talent für den Rückraum

Handball-Drittligist HC Oppenweiler/Backnang vermeldet mit Jürgen Müller und Isaiah Klein zwei weitere Zugänge

Der HC Oppenweiler/Backnang kommt mit der Kaderplanung für die neue Saison zügig voran. Jürgen Müller (33) zieht es vom Zweitligisten SG BBM Bietigheim zum Handball-Drittligisten, der Routinier bildet mit Stefan Koppmeier das neue Duo zwischen den Pfosten. Isaiah Klein (19), der bislang im Rückraum der A-Jugend von Frisch Auf Göppingen auf Torejagd ging, wird mit einem Zweifachspielrecht für die Murrtaler und den Bundesligisten vom Hohenstaufen ausgestattet.

Routinier fürs Tor, Talent für den Rückraum

Hütet in der neuen Saison den Kasten der HCOB-Handballer: Jürgen Müller, der vom Zweitligisten aus Bietigheim kommt.Foto: Baumann

Von Alexander Hornauer

Im Tor bestand Handlungsbedarf, weil der erst 2019 aus Kornwestheim geholte Felix Beutel den Verein wegen des Berufs schon wieder Richtung Plochingen verlässt. Laut HCOB-Teammanager Jonas Frank war es „eigentlich nicht geplant, dass wir binnen zwei Jahren zweimal einen Torwart wechseln. Gut war nun allerdings, dass wir uns genug Zeit bei der Suche gelassen haben, denn jetzt haben wir eine super Lösung und ein sehr gutes Torhütergespann“.

Der neue Keeper bringt gute Referenzen mit. Nach den Anfängen beim TV Sulgen und bei der HSG Schramberg/Sulgen zog es ihn in der B-Jugend zur JSG Balingen-Weilstetten. Mit Deutschlands Jugend-Nationalteam wurde er Europameister, mit den Junioren Vize-Weltmeister. Mit HBW Balingen-Weilstetten schaffte Müller den Erstliga-Aufstieg, dann spielte er ein Jahr für den HSV Hamburg sowie zwei Runden für Magdeburg. Auslandserfahrung sammelte der Keeper beim schwedischen Klub Ystads, ehe er 2012 in Deutschlands Süden zurückkehrte und zwei weitere Male zum Sprung ins Oberhaus beitrug: Zunächst in den drei Spielzeiten beim TVB 1898 Stuttgart, dann 2018 bei Bietigheim. Diese Saison könnte Müller seinen vierten Erstliga- Aufstieg bejubeln, liegen die Enztaler als Dritter doch nur zwei Zähler hinter einem sicheren Aufstiegsplatz zurück. Jedoch ist fraglich, ob, wann und wie es weitergeht. Auch der Torhüter muss den Ball derzeit flach halten. „Ich versuche, mich fitzuhalten, weil man ja nicht weiß, was passiert“, sagt der gebürtige Nürnberger. Der einzige positive Aspekt: Für seine zwei Kinder hat der Familienvater gerade eine Menge Zeit.

Nach vielen Jahren in den Bundesligen will Jürgen Müller den Fokus nun auf den Abschluss des Studiums und den Berufseinstieg richten, „aber trotzdem noch auf hohem Niveau Handball spielen“. Da passte es gut, dass er sich seit seinen Bittenfelder Jahren ab und an mit Matthias Heineke austauschte. Der HCOB-Coach arbeitet als Physiotherapeut im Trainingszentrum, in dem die Erstliga-Handballer behandelt werden. So lernte man sich kennen, „jetzt hat er sich wieder gemeldet und sich nach meinen Plänen erkundigt“, verrät Müller. Weil sein derzeitiger Teamkamerad Nikola Vlahovic mit einem Zweitspielrecht beim HCOB ausgestattet ist, sah der Torwart die eine oder andere Partie der Murrtaler und gewann einen guten Eindruck: „Nachdem die Mannschaft in den letzten Jahren um Platz zwölf herum gespielt hat, erkennt man jetzt eine gute Entwicklung und die ist auch noch lange nicht abgeschlossen.“ Derzeit läuft es zielstrebig auf Rang sechs hinaus. „In diese Richtung soll es auch in der Zukunft gehen“, sagt Jürgen Müller.

Ausgelegt ist diese Zusammenarbeit auf drei Jahre, worin Teammanager Frank erkennt, „dass er Vertrauen hat, dass wir in den nächsten Runden erfolgreich sein werden.“ Auch der Sportliche Leiter Jochen Bartels ist von der Zusage des Routiniers angetan: „Wir hatten in diesem Jahr schon ein gutes Duo, jetzt können wir die Qualität weiter steigern.“ Er setzt auch darauf, dass der mit 25 Jahren für einen Torwart noch recht junge Stefan Koppmeier profitiert: „Er hat schon in diesem Jahr einen Leistungsschub gemacht, und jetzt hoffen wir auf den nächsten.“ Dass sich ein Akteur wie Jürgen Müller für einen Wechsel ins Murrtal entschieden hat, macht Jochen Bartels stolz: „Es zeigt uns, dass sich die Marke HCOB zu etwas entwickelt hat.“

Was Jürgen Müller bereits geschafft hat, ist das Ziel von Isaiah Klein. Der 19-jährige Akteur für den linken Rückraum peilt in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren den Sprung in die Bundesliga an. Aktuell spielt der Handballer aus Holzmaden in Göppingens Bundesliga-A-Jugend, aber im Sommer steht der Sprung zu den Aktiven an. Klein einigte sich mit Frisch-Auf-Trainer Hartmut Mayerhoffer sowie dem Sportlichen Leiter Christian Schöne darauf, die ersten Schritte bei den Erwachsenen mit einem Zweifachspielrecht zu gehen. Der Vorteil dieses Modells: Talentierte Handballer spielen für zwei Teams gleichzeitig. Im Bundesligateam können sie ein wenig hineinschnuppern, beim Drittligisten sammeln sie umfangreiche Spielzeiten.

Klein absolvierte auf der Suche nach einem passenden Partnerverein ein Probetraining beim HC Oppenweiler/Backnang. „Das war eine gute Einheit. Mir hat es gefallen, das Team hat einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht“, sagt der Spieler, der bei der SG Teck begann und über die JSG Deizisau/Denkendorf als B-Jugendlicher bei Göppingen landete. Auch die Gespräche mit den HCOB-Machern verliefen vielversprechend, somit war klar: Künftig spielt Klein sowohl für den HCOB, der als der Erstverein fungiert, als auch für Frisch Auf. Sein Ziele: „Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln, an den Erwachsenenhandball gewöhnen, mir neue Fähigkeiten aneignen und mit der Mannschaft so viele Spiele wie möglich gewinnen.“

Jochen Bartels nahm bei seinen Beobachtungen einen guten Eindruck von Isaiah Klein mit: „Er ist gut ausgebildet und körperlich für sein Alter schon recht weit. Er hat ein gutes Eins-gegen-Eins und einen sehr variablen Wurf.“ Bei den Frisch-Auf-Talenten ist er ein Leistungsträger, also glaubt Bartels auch, „dass er gut in unser Team passt. Wir haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sich junge Spieler bei uns zu tragenden Akteuren in der Dritten Liga entwickeln können.“ Teammanager Frank lobt die „sehr gute und zielführende Kooperation“ mit dem Erstligisten und ist guter Dinge, „dass der Weg, jungen Spielern aus Bundesliga-Vereinen der näheren Umgebung eine Plattform zu bieten und ihnen die nächsten Schritte zu ermöglichen auch im Falle von Isaiah Klein für alle Seiten von Vorteil sein wird.“

Routinier fürs Tor, Talent für den Rückraum

Ist in der neuen Saison sowohl für den HCOB als auch für Frisch Auf Göppingen im linken Rückraum am Ball: Isaiah Klein.Foto: E. Immer

Hintergrund

Die zwei weiteren Zugänge sind nicht alles, beim HC Oppenweiler/Backnang wurde zudem die letzte offene Personalie aus dem aktuellen Kader geklärt. Rückraumspieler Timm Buck, vor dieser Saison von der Handballregion Bottwar JSG gekommen, verlängerte bis 2022. Das freut Jonas Frank, denn der 18-Jährige habe „sein Talent und Können im Lauf der Saison immer öfter gezeigt“. Das sei in diesem Alter auf der spielprägenden Position im zentralen Rückraum nicht selbstverständlich, weiß der Teammanager ganz genau, weil er einst selbst dieselbe Position bekleidete. Jonas Frank ist überzeugt, „dass sich Timm Buck bei uns Stück für Stück zu einem Leistungsträger entwickeln kann, und er bekommt auch die Zeit dafür“.

Im HCOB-Kader für die Saison 2020/2021 sind damit schon 15 von 16 Plätzen besetzt.

Der Überblick – Tor: Jürgen Müller kommt von der SG BBM Bietigheim und nimmt anstelle von Felix Beutel, der sich zum TV Plochingen verabschiedet, den Platz an der Seite von Stefan Koppmeier ein.

Rechtsaußen Philipp Maurer bleibt dabei, für Lukas Köder (unbekanntes Ziel) wird ein Nachfolger momentan noch gesucht.

Rückraum rechts: Felix Raff und Ruben Sigle sind auch weiterhin an Bord.

Rückraum Mitte: Kevin Wolf und Timm Buck haben verlängert. Tobias Gehrke (TSB Horkheim) kommt neu hinzu, dagegen wechselt Tom Kuhnle zur SG Weinstadt.

Rückraum links: Evgeni Prasolov ist die Konstante. Isaiah Klein kommt mit einem Zweifachspielrecht von Frisch Auf Göppingen und ersetzt Nikola Vlahovic, bei dem dieses Modell mit Erfolg praktiziert wurde und der künftig komplett für Bietigheim spielt.

Linksaußen: Alles wie gehabt, diesen Job teilen sich Marcel Lenz und Johannes Csauth.

Kreis: Auch hier nichts Neues, das bewährte Trio besteht aus Philipp Schöbinger, Tim Düren und Jakub Strýc. Sie sind allesamt auch wesentliche Akteure für die Defensive.

Wann und wie geht es weiter? Diese Frage stellt sich auch im Handball. Bei den Frauen wurde der Bundesliga-Spielbetrieb für diese Saison beendet, bei den Männern wird auf Zeit gespielt. Für die Dritte Liga ist der Deutsche Handball-Bund zuständig, dessen Beschluss soll auf Verbands- und Bezirksebene übernommen werden. Derzeit gibt es noch keine Infos, der HCOB-Vorsitzende Gerold Hug hat Verständnis: „Es gibt zu viele Unwägbarkeiten. Die Verbandsfunktionäre haben keine einfache Aufgabe.“ Markus Mandlik hat als Geschäftsführer der HCOB Handball GmbH lobende Worte für den DHB übrig: „Das Drittliga-Gremium trifft nicht einfach eine Entscheidung, sondern bindet die Vereine ein.“ Rainer Siegler, auch Geschäftsführer, sieht einen weiteren positiven Aspekt: „Derzeit zeigt sich die wirklich große Identifikation und das gute Miteinander im Verein und in unserem Umfeld. Jeder geht solidarisch miteinander um, alle kommen sich entgegen. Man spürt großen Zusammenhalt.“