Hoeneß stachelt seine Bayern an - Flicks großer Eignungstest

Von Von Klaus Bergmann und Martin Moravec, dpa

dpa London. Diesmal soll der FC Chelsea nicht wieder die Träume der Bayern beenden. Geburtstagskind Flick erhält vor seinem internationalen Eignungstest viel Lob von Boss Rummenigge. „London liegt uns“, sagt Kapitän Neuer vor dem Achtelfinale. Zündet ein Edel-Joker?

Hoeneß stachelt seine Bayern an - Flicks großer Eignungstest

Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, erwartet gegen den FC Chelsea das Weiterkommen. Foto: Roland Weihrauch/dpa

Ein besonders schönes Geburtstagsgeschenk würde Hansi Flick am liebsten erst mit einem Tag Verspätung erhalten - und zwar von seiner Mannschaft.

„Ein Wunschergebnis gibt es nicht“, sagte der Trainer des FC Bayern, der am 24. Februar 55 Jahre alt wurde, zwar. Aber Flick möchte am folgenden Tag (21.00 Uhr/Sky) in London gerne „ein Zeichen setzen“, nämlich das eines Anwärters auf Europas Fußball-Krone. Auch für Flick persönlich steht viel auf dem Spiel, denn das Auftreten in der Champions League entscheidet mit über seine Weiterbeschäftigung als Trainer über diese Saison hinaus.

Sogar Uli Hoeneß ist beim Achtelfinal-Hinspiel als Edelfan dabei. Allein das dokumentiert die immense Bedeutung, die das historisch aufgeladene Duell mit dem FC Chelsea für den FC Bayern besitzt. 100 Tage nach dem Rückzug aus dem Präsidentenamt begleitet Hoeneß seine Bayern erstmals wieder auswärts. „Wir haben ja etwas gut zu machen“, bemerkte der Ehrenpräsident in Erinnerung an das auf so bittere Weise verlorene „Finale dahoam“ gegen Chelsea 2012.

An der Stamford Bridge wird Hoeneß auf der Tribüne mitfiebern. „Es wird ein schwieriges Spiel“, prophezeite der 68-Jährige, der sich seit seinem Rückzug im November 2019 öffentlich zurückhält. Hoeneß setzt großes Vertrauen in Flick und das Team um Erfolgsgarant Robert Lewandowski. Die Zielsetzung formulierte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge - und sie reicht über die erste K.o.-Runde hinaus.

„Klar haben wir große Ansprüche international“, sagte Rummenigge. Gerade nach dem Achtelfinal-K.o. gegen den FC Liverpool im letzten Jahr werden man alles geben, „dass die Reise weitergeht“. Vor voreiligen Titel-Träumereien warnte der Vorstandsboss allerdings.

Trotz der bitteren Münchner Chelsea-Vergangenheit wird das Wiedersehen mit den Blues vor allem zum Wegweiser in die Zukunft. Wo steht der FC Bayern in Europa? Wie groß muss die Transferoffensive im Sommer ausfallen? Und liefert Flick auch in der Königsklasse? Für den Trainer werden die K.o.-Spiele zum internationalen Eignungstest.

„Mit der Arbeit, die Hansi geleistet hat, kann man bis dato total zufrieden sein“, lobte Rummenigge. Beim Abschlusstraining, das Flick noch in München abhielt, sangen die Spieler ein Ständchen für ihn. 14 Siege in 17 Pflichtspielen kann er vorweisen. Die Spielweise sei wieder Bayern-like, urteilte Rummenigge. Sein Vertrauen in Flick ist groß: „Der Trainer wird sich taktisch etwas einfallen lassen. Er hat immer ein gutes Rezept gefunden.“

Rummenigge plädiert für eine mutige Herangehensweise: „Ein Tor zu machen, ist immer hilfreich. Vor einem Jahr gegen Liverpool haben wir mit dem 0:0 kein optimales Ergebnis erzielt.“ Gegen Chelsea haben die Bayern diesmal die Favoritenrolle inne. Mit sechs Siegen und 24:5 Toren legten sie eine Rekord-Gruppenphase hin. „Chelsea hat auch gesehen, wie wir durch die Gruppe gekommen sind. Wir haben auch Tottenham als englische Mannschaft zweimal geschlagen. London liegt uns. Wir wollen auch auswärts gewinnen“, sagte Kapitän Manuel Neuer.

An der Stamford Bridge siegte aber noch keine deutsche Mannschaft. „Ich habe da gespielt. Es herrscht eine heiße Atmosphäre“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Er war 2005 beim 2:4 der Bayern dabei, das den Münchner Viertelfinal-K.o. einleitete. „Wir wollen hier mutig auftreten“, kündigte Nationalspieler Joshua Kimmich an.

Anders als beim mühseligen 3:2 gegen den SC Paderborn kann Flick wieder seine aktuelle Topformation aufbieten, also mit Jérôme Boateng und Benjamin Pavard in der Abwehr. Zudem ist Mittelfeldspieler Leon Goretzka nach muskulären Problemen wieder einsatzfähig. „Leon hat keine Probleme mehr“, berichtete Flick.

Als Offensiv-Trumpf stechen soll Lewandowski. „Robert ist in der Form seines Lebens, er hat einen Lauf, er ist vorne ein Leader“, rühmte Flick seinen Mittelstürmer. 38 Tore stehen für Lewandowski nach 33 Saisonspielen zu Buche, davon zehn in der Königsklasse. In den K.o.-Runden der Champions League hat er aber seit fast 600 Minuten nicht getroffen. „Über Robert zu diskutieren wäre unangebracht“, konterte Rummenigge diese Statistik: „Er ist absolute Weltklasse. Robert hat uns auch gegen Paderborn mit seinen zwei Toren gerettet.“

Rummenigge hofft zudem, dass Philippe Coutinho auf großer Bühne als Joker zündet: „Er vermittelt den Eindruck, als wenn er gehemmt ist. Ich weiß nicht, woran das liegt. Wir müssen halt hoffen, dass er jetzt in den entscheidenden Spielen ein wichtiger Faktor wird, der dazu beiträgt, dass wir am Ende auch Titel gewinnen.“

Chelsea wiederum verfügt nicht mehr über ein Schreckgespenst wie Didier Drogba, Bayerns Alptraum von 2012. Die Blues glauben aber nach ihrer Generalprobe mit dem 2:1 gegen Tottenham an sich. „Dieses Spiel war vielleicht ein Wendepunkt für uns“, sagte Frankreichs Weltmeister Olivier Giroud, der sich als Torschütze fürs Bayern-Spiel empfahl.

Voraussichtliche Aufstellungen:

FC Chelsea: Caballero - Azpilicueta, Christensen, Rüdiger - James, Jorginho, Kovacic, Alonso - Willian, Mount - Giroud

Bayern München: Neuer - Pavard, Boateng, Alaba, Davies - Kimmich, Thiago - Coman, Müller, Gnabry - Lewandowski

Schiedsrichter: Turpin (Frankreich)

Hoeneß stachelt seine Bayern an - Flicks großer Eignungstest

Uli Hoeneß (r), Ehrenpräsident des FC Bayern, im Flieger vor dem Abflug nach London. Foto: Klaus Bergmann/dpa

Hoeneß stachelt seine Bayern an - Flicks großer Eignungstest

Bayern-Trainer Hansi Flick sitzt an seinem Geburtstag bei der Pressekonferenz zum Chelsea-Spiel auf dem Podium. Foto: Sven Hoppe/dpa